Mittelalter Wiki
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Die Altgermanische Epische Dichtung ist eine Gattung der altgermanischen Dichtkunst und erscheint in Form von epischen Liedern, wie z.B. Heldenliedern und Götterliedern.

Beschreibung[]

Inhaltlich behandelt die altgermanische Epik oft Themen wie Göttersagen, Mythen und Heldenlieder, die das Leben und die Taten von berühmten Helden und Kriegern schildern. Diese Helden waren oft Mitglieder von Adelsfamilien und wurden als Vorbilder für Tugendhaftigkeit und Tapferkeit verehrt. Der Stoff dieser Dichtung wurde meist mündlich überliefert und in langen, epischen Erzählungen dargestellt.

Ein weiteres Merkmal der altgermanischen Epik ist ihre Funktion als Teil der mündlichen Tradition. Die Dichtung war oft dazu bestimmt, vor Publikum vorgetragen zu werden, und war somit ein wichtiges Instrument zur Aufrechterhaltung der kulturellen Identität und Tradition der germanischen Völker.

Die Epische Dichtung war die folgenreichste Schöpfung der altgermanischen Poesie. So sind besonders Heldenlieder sowohl im süd- als auch nordgermanischen Raum gleichermaßen bewahrt. Die nordische Heldendichtung hat sich dabei in viele Kunstformen verästelt. Der älteste, gemeingermanische Typus ist dabei ein Gedicht von ca. 80-300 Langzeilen, das in seinem unmittelbaren Verlauf eine 'Heldensage' als gegenwartentrückte heroische Fabe führt.

Alliterative Verskunst[]

Das Merkmal der altgermanischen Epik ist die Verwendung einer kennzeichnenden Metrik, bekannt als "Alliterative Verskunst", sowie die Darstellung von heldenhaften Taten und Abenteuern in epischem Ausmaß. Die Alliterative Verskunst ist eine Form des Verses, bei der der Klang von Anfangsbuchstaben betonter Wörter im Vers wiederholt wird. Es ist eine markante Form, die in der altgermanischen Dichtung weit verbreitet ist. Die Verszeilen sind in der Regel lang und oft mit Epitheta und Metaphern ausgeschmückt, was dazu beiträgt, die poetische Wirkung zu verstärken.

Arten[]

Heldenlieder[]

Die Erzähl- und Redeverse sind bei Heldenliedern annähernd gleich stark vertreten ('doppelseitiges Ereignislied'), die Handlung wird einheitlich, bis zum Schluss der Fabel geführt. Bisweilen setzt sie jedoch mitten in der Verwicklung ein, mit raschem Szenenwechsel, und ohne Zustandsmalerei oder beschauliche Reden. Die Zahl der Auftritte schwankt zwischen einem und etwa 12, die der handelnden Personen bewegt sich zwischen 2 und etwa 10. Die Haltung dieser Art von Dichtung ist im Ganzen episch-dramatisch und lyrische Ausbrüche ordnen sich unter (s. Finnsburgh, Atlakvidha).

Das Heldenlied ist jedoch keine Dichtung zum Lob der Ahnen und des Stammes, denn dem Preis- oder Zeitgedicht gegenüber ist es der kunstvollere, reichere, bewegtere und gegliedertere Organismus. Eine Stegreifdichtung war hier immer nur zu gelegentlicher Lückenbüßung möglich; die Wandlung der Texte war weniger ein mechanisches Zersingen als ein bewußtes Umdichten. Die Ausdrücke 'Ballade' und 'Rhapsodie' für Heldenlieder sind dabei eher irreführend. Das "Heldenlied" ist der gegebene term. techn., für das gesungene wie das unsangbare Werk. Der westnordische Name war kviða; ein südgermanischer Sondername ist nicht bekannt... Weiterlesen.

Götterlieder[]

Epische Götterlieder, von sehr ähnlicher Struktur wie die Heldenlieder, haben wir nur in der Lieder-Edda: das Thrymskvidha und das Hymiskvida, , andere erschließen sich aus der Snorra Edda. Man muß annehmen, dass diese hochorganisierte Art in Nachahmung des Heldenliedes entstand, nachdem bisher kunstlosere Merkverse, Hymnen, auch kleine märchenähnliche Prosen die Göttermythen beherbergt hatten. Demnach hat es Götterlieder à la Thrymskvidha nur bei den Germanenstämmen geben können, die noch als Heiden die Kunstform des Heldenliedes bei sich aufnahmen. Die epischen Götterlieder der Edda sind Unterhaltungspoesie, nicht mehr Bestandteile des Gottesdienstes wie ihre schlichteren Vorstufen; sonst hätten sie sich kaum in die christliche Zeit gerettet.

Dialogische Ereignislieder[]

Im Gegensatz zum doppelseitigen Ereignislied kennt der Norden epische Götter- und Heldengedichte, die den Hergang mit Redeversen bewältigen bis auf ein paar Reste, die in kurzen Prosasätzchen, 'Bühnenanweisungen', erledigt werden. Diese einseitigen oder rein dialogischen Ereignislieder (typische Vertreter: Skirnismal, Helgakvidha, Hundingsbana II) sind nicht etwa alte indogermanische Erbstücke. Sie sind nicht einmal gemeingermanisch, höchstens gemeinnordisch (die wahrscheinlich dänischen Biarkamál gehören dazu).

Dem doppelseitigen Lied gegenüber ist die einseitige Darstellungsform die kunstreichere. Nicht damit zu verwechseln ist die Einstreuung einzelner Redestrophen - Lausavisur, 'Lose Strophen' - in den Prosabericht einer Saga. Hier wäre der Ausdruck 'gemischte Gattung' berechtigt, den man unzutreffend auf jene reinen Redegedichte anwandte. Aber liedhafte Komposition fehlt hier durchaus. [1]

Situationslieder[]

Noch jünger, anscheinend nur isländisch, sind die heroischen Situationslieder. Es sind meist Rückblicke, selten Prophezeiungen, teils Frauen-, teils Männerelegien. Beispiele hierfür sind das Gudhrunarhvöt, Oddrúnargrátr, Helreidh, das Gudhrunarkvidha I und II, das Traumlied und die Eddica Minora (Nr. V-IX). Mit oder ohne Erzählverse gestalten sie einen Heldenstoff mittelbar, durch die beschaulichen Reden der in einer Situation festgehaltenen Sagenfigur(en). Es ist immer noch epische Dichtung, von den altenglisch Elegien wesensverschieden, wenn auch in den meisten Vertretern mit stark vorbrechender Lyrik oder Lehrhaftigkeit.

Drei lange Gedichte mit der Struktur des doppelseitigen Ereignisliedes, aber ausgesponnenen handlunghemmenden Reden bezeichnen Zwischenstufen: Altlamal, Sigurdarkvidha (skamma und meiri). Der Endpunkt ist die monologische Selbstbiographie ohne einführende Handlung und ohne Assistenz: Gudhrunarkvidha II. Die Entwicklung, die vermutlich im 11. Jhd. einsetzt, dürfte intern sein; ein fremder Anstoß war die allgemeine Auflockerung des Seelenlebens durch die christliche Lehre, die der Bewunderung für das alte Heldenideal einen Sentimentalischen und grüblerischen Zug verlieh und auch einzelne Töne von Weltschmerz hervorlockte.

Ein monologisches Visionslied wie die Völuspa verbindet die Kunst des epischen Götterliedes mit der sanglichen Lyrik ritualer Hymnen und der Lehrhaftigkeit der Merkstrophen zu einem neuen Ganzen. Ob für den weitspannenden Grundriß eine christliche Summa theologiae als Muster vorschwebte, ist unsicher; auch ob die Völuspa eine Gattung vertritt (die 'Kurze Völuspa.' ist eine direkte Nachahmung; das Valkyrenlied steht weit ab), und in welchem Umkreis diese Gattung gepflegt wurde.

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Heusler in Zeitschrift für deutsches Altertum. Berlin 1841 ff. Band 46 (1915); S. 198 ff. Digitalisat Mediaevum