Als Anderthalbhänder, Schwert zu anderthalb Hand oder auch Bastardschwert bezeichnet man mehrere Varianten von Schwertern des Spätmittelalters und der Renaissance. Es bildet die Zwischenstufe zwischen dem einhändigen und dem zweihändigen Schwert, wobei sich der Name explizit auf die Länge des Griffes bezieht.
Beschreibung[]
Als Anderthalbhänder, auch „Schwert zu anderthalb Hand“ bezeichnete man ursprünglich ein Reiterschwert mit langer Stoßklinge (gegen Fußkämpfer), daher waren eine Griffverlängerung und gewichtiger Knauf erforderlich (für eine bessere Gleichgewichtslage).
Für den Fußkampf nutzte man diese Schwerter mit Klingen zu Hieb und Stoß oder Hiebklingen, wobei die Linke hilfsweise das obere Griffende oder den Knauf erfasste (Anderthalbhand). [1]
Die einhändig geführten Schwerter mit extra verlängertem Griff „zu anderthalb Hand“ existierten vor allem zwischen dem 12. und 14. Jh. Sie entstanden durch Verlängerung des Griffholzes aus dem Ritterschwert, um die Führung der wuchtigen Schlachtschwerter auch durch Zuhilfenahme der zweiten Hand zu erleichtern. [2]
Hochmittelalter[]
Am Ende des 12 Jhds. verlängerte sich an Ritterschwertern das Griffholz allmählich (Bild). Die Schwierigkeit, eine längere Klinge von 80 bis 90 cm mit einer Hand zu regieren, führte zu der Notwendigkeit, auch zuweilen die zweite zu Hilfe zu nehmen; damit entstanden die Griffe „zu anderthalb Hand".
Im 13. Jh. tritt die Form der Griffe zu anderthalb Hand noch lediglich vereinzelt auf.
Spätmittelalter[]
Im 14. wird der Anderthalbhänder unter den Adligen allgemeiner und zur charakteristischen Form des ritterlichen Schwertes. An diesem Kürißschwert mit seinem langen Griff zu anderthalb Hand ohne Bügel und seiner langen, mäßig breiten Klinge, die sich in der Spätgotik (ca. 1350–1530) herausstilisiert hatte, hielt die deutsche Ritterschaft bis zum Beginn des 15. Jhs. noch zäh fest.
Auch wenn der Anderthalbhänder bzw. das Bastardschwert häufig mit dem langen Schwert gleichgesetzt wird, fand ab Mitte des 15. Jhs. eine Trennung dieser Begrifflichkeiten statt, um den Unterschied zu noch längeren Fechtwaffen deutlich zu machen. Heute werden die Begriffe so benutzt, dass der „Anderthalbhänder“ und „Langschwert“ eine strikte Trennung erfahren, wobei das „Bastardschwert“ als Unterform des langen Schwertes betrachtet wird. [3]
Eine besondere Eigentümlichkeit an den anderthalbhändigen Reiterschwertern sind die sogenannten "Taschen", zweilappig geschnittene, in der Mitte durchlöcherte Lederstücke, welche auf den Griff bis zur Parierstange herab derart gesteckt wurden, dass die Lappen beiderseitig über den Klingenansatz reichten. Die äußeren Lappen wurden häufig mit Messingnägeln geziert und wohl auch mit solchem Blech beschlagen. Der Zweck dieser Taschen war, die Angel der Klinge vor Nässe und damit vor Rost besser zu schützen. Diese Lappen treten schon um 1350 auf, und man findet sie noch an Schwertern des 16. Jhds.
Renaissance[]
Da das Griffholz an den Reiterschwertern zu anderthalb Hand zu leicht der gepanzerten Hand entglitt, die noch von einem ungefingerten Eisenhandschuh (Hentze) bedeckt war, verjüngte und gliederte man den Griff gegen Ende des 15. Jhs., um ihn in der ungelenken Hand besser zu fühlen (Bild). Außerdem verbreiterte man die Deckung und bildete die Faustschutzbügel; anfänglich an der Außenseite, später auch nach beiden Seiten hin.
Galerie[]
Quellen[]
- Handbuch der Waffenkunde: Das Waffenwesen in seiner historischen Entwicklung (Internet Archive). Wendelin Boeheim. Leipzig, E.A. Seemann : 1890. Fourier Verlag, Wiesbaden 1985, ISBN 978-3-201-00257-8. S. 244 ff.
Einzelnachweise[]
- ↑ Seifert, Gerhard: Fachwörter aus der Blankwaffenkunde (PDF). Haiger, 1981 (Überarbeitung 2007). Hrsg. Rolf Selzer, Arbeitskreis Blankwaffen. Homepage: https://www.seitengewehr.de/ (Teil 6)
- ↑ Meyers Großes Konversations-Lexikon (auf Zeno.Org). 6. Auflage. Leipzig, 1905–1909. Bd. 18, S. 207-208 (Schwert).
- ↑ Wikipedia: Anderthalbhänder