Mittelalter Wiki
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Anselm von Canterbury (lat. Anselmus Cantuariensis; * um 1033; † 21. April 1109) war einer der bedeutendsten Philosophen und Theologen zur Zeit der Frühscholastik. Als Nachfolger von Lanfrank von Bec wurde er im Jahre 1093 Erzbischof von Canterbury.

Beschreibung[]

Anselm war Sohn eines piemontesischen Edelmanns, Schüler und Nachfolger des Abt Lanfrank von Bec, dem philosophischen Gegner des Berengar von Tours. 16 Jahre lang war er Erzbischof von Canterbury und geriet als solcher durch seine hartnäckige Verfechtung gregorianischer Prinzipien mehrfach mit dem englischen Königtum in Streit. Auch in Glaubenssachen trat Anselm unbedingt für die kirchliche Autorität ein und war insofern streng genommen der erste eigentliche Scholastiker.

Ansichten[]

Im Universalienstreit vertrat Anselm von Canterbury die Anschauung des Realismus, was ihn zum philosophischen Gegner des Roscelin von Compiègne machte, der wiederum den extremen Nominalismus lehrte.

Anselms philosophische Ansichten besagten, dass der Glaube der Erkenntnis vorausgehen muß, um dann zu letzterer aufstreben. In diesem Sinne war auch sein - übrigens Augustin entnommenes - Credo ut intelligam - gemeint. Für jene, die der wahren Einsicht unfähig sind, reiche die bloße demütige Verehrung (veneratio) jedoch aus. Die Sinne, so lehrte seine Schrift "De veritate" im Sinne des Realismus, erkennen das Einzelne, der Geist das Allgemeine. Jedes Wesen sei nur dadurch wahr oder gut, daß es an der höchsten Wahrheit oder Güte (Gott) teilnimmt. Seine wichtigsten Lehrstücke waren:

  • 1. der ontologische Beweis für das Dasein Gottes,
  • 2. seine Lehre von der stellvertretenden Genugtuung Christi.

Den ontologische Beweis für das Dasein Gottes entwickeln, in klarer Zusammenfassung und selbständiger Wiedergabe augustinischer Gedanken, die beiden Schriften Monologium und Proslogium ("Anrede", d. i. an die Gottheit). Das allgemeinste Wesen muß auch das allerrealste (ens realissimum) und allervollkommenste (ens perfectissimum) sein; aus diesem Sein (esse) aber folgt notwendig seine Existenz. Während die erstgenannte Schrift diesen Gedanken mehr auf kosmologischem Grunde darlegt, leitet das Proslogium die Existenz Gottes (esse in re) rein aus seinem Begriffe (esse in intellectu) ab.

Die Schrift "Cur deus homo?" d.h. "Warum ward Gott Mensch?" sucht die logische Notwendigkeit von Christi Opfertod zum Entgelt für die Sündenschuld der Menschheit zu beweisen. Voraussetzungen und Beweisgang sind weit mehr juristisch als ethisch. Der Mensch wird gar nicht als sittliches Subjekt gewürdigt, sondern der Sündenfall stellt eine unendliche Beleidigung Gottes dar, die nur durch das stellvertretende Opfer des Gottmenschen gesühnt werden kann. Im übrigen haben wir auf diese noch heute in orthodoxen Kreisen angenommene Rechtfertigungstheorie, als spezifisch theologisch, nicht weiter einzugehen.

Auch die übrigen Schriften des einflußreichen Kirchenlehrers behandeln meist theologische Themata (Trinität, Willensfreiheit und Prädestination, Erbsünde u. dergl.). Sein ontologischer Gottesbeweis fand einen scharfsinnigen Bestreiter in dem französischen Mönch Gaunilo, später in Thomas von Aquin.

Quellen[]