Über die Verhältnisse der Einwohner der englischen Städte stammen zuverlässige Nachrichten erst aus dem 11. Jhd.; in den angelsächsischen Gesetzen und in der Sachsenchronik, sowie im Domesdaybuch, finden sich nur gelegentliche Anspielungen auf die Städte und Bürger. Obgleich der Ausdruck mlat. burgensis, ags. burhwara seiner Ableitung nach eigentlich für alle Einwohnern einer Stadt gelten sollte, zeigt das Domesdaybuch, dass die Städte auch Einwohner enthielten, die keine Bürger waren.
Beschreibung[]
Laut den historischen Quellen gab es in Norwich 665 steuerzahlende Bürger und 480 Mietlinge (bordarii), die aus Armut keine Steuern zahlten. Der Unterschied zwischen dem Bürger, der scot bezahlte, und dem armen, nichtzahlenden Nichtbürger wird alleredings nicht immer beachtet. Doch gibt es Zeugnisse, die beweisen, dass die Bürgerrechte durch Nichtentrichtung der Steuer (geld) verwirkt wurden.
In der späteren Munizipalgeschichte verlieh der Besitz eines Bürgerhauses auch Bürgerrechte; es ist allerdings zweifelhaft, ob das schon im 11. Jhd. der Fall war. An einigen Orten bewohnten zwei oder mehr Bürger dasselbe Haus, und an anderen gab es Häuser, die keine Bürgerrechte verliehen. Die Ortsinsassen von Dover hatten in ganz England das Recht auf Zollfreiheit, aber in Barnstaple, Lidford und Totnes wird von nicht ortseingesessenen Bürgern berichtet. Auch weibliche Bürger sind bezeugt, und es wird ausdrücklich gesagt, dass ein Bürger von Ipswich ein Sklave war.
Abgaben und Dienste[]
Es gab einige Bürger, die auf dem Landgut, wo sie ihre Pacht zahlten, landwirtschaftliche Dienste verrichteten, aber in den meisten Fällen wird von Bürgern nicht berichtet, dass sie landwirtschaftliche Dienste tun mußten. Einige zahlten ihre Pachten in natura, wie z.B. vier Bürger von Hereford, die an das Gut Markley 14 Pflugscharen lieferten. Außer der Entrichtung ihrer Pacht (mlat. gablum, ags. gafol) und Steuer (geld) hatten die Bürger noch andere Verpflichtungen. Im Allgemeinen stellten die Städte für je 5 Hufen, auf die sie eingeschätzt wurden, einen Soldaten für das Heer, konnten aber diese Verpflichtung gegen eine Zahlung von 1 Pfund pro Mann ablösen. Die Bürger anderer Städte leisteten Transportdienste: die von Dover lieferten dem König jährlich an 15 Tagen 20 Schiffe; und zu Hereford machte jeder Schmied 120 Pferdehufeisen für ihn.
Rechte[]
Es gibt Anzeichen dafür, dass einige Bürger einen höheren Rang als andere hatten: Edward der Bekenner richtete verschiedene Erlasse an die burhthegnas von London; die Lagemen (lat. judices) von Stamford hatten Gerichtsbarkeit in ihren eignen Häusern und über ihre eignen Leute; auch in Warwick waren 19 Bürger, denen die Gerichtsbarkeit in ihren eignen Häusern zustand, und zu Wallingford gab es 13, die die Bußen für Blutvergießen, Diebstahl und Ehebruch in ihren Häusern erhielten. Aber gewöhnlich standen die Bürger unter der Gerichtsbarkeit des Königs oder eines Herrn.
Berufe[]
Über die Berufe der Bürger gibt es wenig Nachrichten. In Nottingham wird zwischen den Häusern der Ritter und denen der Kaufleute unterschieden. Zu Totbury lebten nur 42 Einwohner von ihren eignen Waren; und in Abingdon wohnten 10 Kaufleute gegenüber der Kirche; aber dieser Ort war keine Stadt. Anderseits zeigt eine Prüfung des den Städten gehörenden Grundbesitzes, dass die Mehrzahl der Bürger keinen Grund und Boden oder nur wenige Acres besaßen; die meisten waren also Handwerker oder Händler, und von den Handwerkern war der häufigste der Schmied. In Canterbury gab es auch Tuchhändler und Schuhmacher (s. Gilden).
Mauerwohnungen[]
In gewissen Städten heißt es von vielen Bürgern, sie gehörten zur Domäne, sie zahlten dem König oder dem Herren der Stadt ihre Pacht; andere hingegen, und das war öfters die Mehrheit, wurden von Landgütern in der Nachbarschaft der Stadt, in der sie wohnten, "beigesteuert", d.h. sie zahlten ihre Pachten an diese Landgüter, und ihre Häuser wurden als Teile derselben angesehen. In Oxford wurden die so "beigesteuerten" Häuser Mauerwohnungen genannt, "weil ihre Bewohner in der Not auf Befehl des Königs die Stadtmauer ausbesserten". Im 13. Jhd. wurden die Mauern von Malmesbury von Leuten ausgebessert, die nachweislich die Besitzer von Landgütern waren, die im 11. Jhd. Häuser oder Bürger zu Malmesbury „beisteuerten".
Aufgrund des Oxforder Berichtes vermuten die Anhänger der „Garnisons"-Theorie, dass diese „beigesteuerten" Bürger auf städtischen Grundstücken wohnten, die ursprünglich den Besitzern der Landgüter, die burhbót zu leisten hatten, angewiesen waren, damit sie immer jemand zum Ausbessern der Mauer für den Notfall zur Verfügung hätten; zur Zeit des Domesdaybuchs war diese Mauerarbeit vielleicht in einen Geldzins verwandelt worden. [1] Allerdings wurde diese Auffassung von Miss Bateson [2] scharf angegriffen worden und wird nicht allgemein anerkannt.
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Quellen[]
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Johannes Hoops, 1918-1919. Bd. 1. 354 ff.
Einzelnachweise[]
- ↑ Domesday Book and Beyond (Internet Archive): Three Essays in the Early History of England. Frederic William Maitland. University Press, 1907. S. 200
- ↑ The English historical review (Internet Archive). London Longmans [etc.], 1905. Ausgabe 20, S. 143