Das Wort Bauer bedeutet „Nachbar“. Es bezeichnet sowohl den Eigentümer als auch einen auf fremdem Grund und Boden sitzenden Landwirt. Der Begriff umfasste also die Mitglieder der ländlichen Dorfgemeinden und die Beitreiber der Einzelhöfe gleichermaßen.
Allgemeines[]
Im Mittelalter machte die ländliche Bevölkerung ca. 75-80% der Gesamtbevölkerung aus. Sie waren die wichtigsten Güterproduzenten, Lebensmittelhersteller und Lieferant für Bekleidungsmaterialien, erbrachten Dienstleistungen und Bauarbeiten. Die Masse von ihnen bestand aus Unfreien, die in einer Grundherrschaft lebten. Ihre wirtschaftliche und gesellschaftliche Bedeutung verhielt sich umgekehrt zu ihrem Ansehen und ihrer Möglichkeit an gesellschaftlicher Teilhabe. Auf Entscheidungen, die ihr eigenes Leben betrafen, hatten sie kaum Einfluss.
Begrifflichkeiten[]
Häufig findet man im Mittelalter für Bauer auch die Ausdrücke "armer Mann" und "Hausmann" (s.a. Ständewesen u. Unfreie). [1]
- Hörige - Unfreie im allgemeinen Sinn. Dinglich unfreie Person.
- Leibeigene - persönlich unfreie Person.
- Kötter (Hausler, Büdner, Seidner) - jene Gemeinde-Mitglieder, die am Ackerland im Gemenge (dem eigentlichen Ackerland) keinen Anteil hatten. Im weiteren Sprachgebrauch werden sie allerdings trotzdem oft zu den Bauern gerechnet.
- Voll-, Halb-, Viertelhufner - Bezeichnung zur Differenzierung innerhalb des Bauernkreises (siehe: Hufe).
Nordeuropäische Begriffe[]
- bōjarmenn - altnordisch Bezeichnung für die Städter.
- bōnde, būandi, bōndi, bzw. bōndæ - altnordische Bezeichnung für einen Bauern. Dieses Wort bezeichnete jeden Gemeinfreien, der auf dem Lande grundansaß. Besonders in schwedischen Rechten wird als bōnde nur der bäuerliche Eigentümer gegenüber den sonstigen bōkarlar (landbōe, bryti) oder bōande man oder bōlfasti man bezeichnet.
- būmaðr, būþegn - altnordisch Bezeichnung für einen Gemeinfreien.
- einleypismenn, lausir menn - altnordisch Bezeichnung für nicht-ansässige Leute wie z.B. Dienstboten, Tagelöhner und Vagabunden.
- leiglendingr, landbōe - altnordisch Bezeichnung für einen Pächter.
- ōþolbōnde - altnordische Bezeichnung für einen bäuerlichen Eigentümer - der bōnde (Bauer) im eigentlichen Sinne. [2]
Lebensweise[]
Das Leben der Bauern war gekennzeichnet durch harte Arbeit und ständige Existenzangst. Zu den wenigen Freizeitbeschäftigungen dieser Gruppe zählte vor allem Musik und Glücksspiel in Form von Kartenspielen.
Rechte und Pflichten[]
Bauern waren in der Gemeinde nicht stimmberechtigt. Der überwiegende Teil der Bevölkerung wurde von den adligen Grundbesitzern vertreten. Freie bäuerliche Stellen waren in den meisten Regionen die Ausnahme. Die Höfe standen in der Regel unter der Gutsherrschaft eines Grundherrn: eines Adligen, eines Klosters oder auch des Landesherrn.
Diesen mussten sie teils erhebliche Abgaben in Form eines Anteils ihrer erwirtschaften Erträge leisten und waren zum Frondienst verpflichtet. Die Frondienste für die Grundherren mussten unabhängig vom Erfolg der Ernte geleistet werden. So konnte eine schlechte Ernte, z.B. aufgrund eines Naturereignisses, die Einkünfte einer Bauernfamilie unter das Existenzminimum sinken lassen. Die leibeigenen Bauern waren dazu noch in ihrer persönlichen Bewegungsfreiheit eingeschränkt.
Auseinandersetzungen mit dem Grundherrn wurden nicht vor Gericht ausgetragen, sondern vom Grundherrn in eigener Sache entschieden, da dieser auch die Gerichtsbarkeit über seine Untertanen innehatte. Dieser Umstand lässt wenig Raum für Spekulationen bezüglich des Ausgangs solcher Verfahren. Im Gegenzug hatte der Gutsherr den Bauern Schirm und Schutz zu bieten. Es war seine Pflicht, sie vor kriegerischen Überfällen zu schützen und ihnen in unverschuldeten Notlagen wie im Krankheitsfall zu helfen.
Zeitlinie[]
Vor dem Mittelalter bestand der Kern der Germanen in Mitteleuropa aus selbst wirtschaftenden freien Bauern. Die Zahl der adligen Familien war indess gering. In ihrem Dienst, vielleicht auch in dem von manchen freien Bauern standen die Unfreien.
Frühmittelalter[]
Im Frühmittelalter war die Anzahl der freien Bauern noch relativ hoch. Als sich jedoch zum Ende dieser Epoche hin hin, die Besitzverhältnisse neu gestalteten und sich vermehrt große und kleine Grundherrschaften bildeten, sank die Anzahl der bäuerlichen Eigentümer als Gemeinfreie im ursprünglichen Sinn beträchtlich.
10. Jahrhundert[]
Nach dem Ende der Karolingerzeit gab es zwar noch so genannte Freibauern, doch waren der Grad und die rechtliche Bestimmung ihrer Freiheit sehr unterschiedlich. Die Zahl der nichtadligen Freien verringerte sich stetig, allerdings konnten sich Bauern persönlich freikaufen.
Hochmittelalter[]
Im Hochmittelalter bildete sich das politische, soziale und wirtschaftliche System des Feudalismus mit seiner Erscheinungsform der Grundherrschaft aus, die die Bauern unmittelbar betraf. Besonders im Umfeld kirchlicher Institutionen bildeten sich um Haupthöfe gruppierte Großgrundherrschaften (Villikationen) aus.
Damit sank gleichzeitig die Zahl der gemeinfreien Bauern. Nach der Jahrtausendwende gerieten die ehemals freien Bauern („Liberi“) in Abhängigkeit und waren nun entweder Halbfreie bzw. Hörige („liti“) der Grundherren oder Leibeigene und somit Unfreie („servi“ oder „mancipia“). Der Großteil der Bauern waren Halbfreie. Generell muss jedoch zwischen persönlicher Freiheit (Fehlen eines Leibherrn, Freizügigkeit) und Freiheit des Besitzes unterschieden werden.
Ihre Pflichten überstiegen ihre Rechte um ein Vielfaches, was für die Grundherren in genau umgekehrter Folge galt. Sie bestellten das herrschaftliche Land gegen eine Naturalabgabe und leisteten Transportdienste, konnten fallweise aber auch Naturalrenten liefern oder gewerblich wirtschaften. Grundlage für eine vollwertige bäuerliche Existenz war die dem Hof („curia“) zugeordnete Hufe („mansus“).
In Nordeuropa war es für den Begriff "Bauer" egal, ob der Grundbesitzer Eigentümer oder Pächter, ob er Besitzer eines Stammgutes (ōðal) oder eines Kaufgutes (kauplendingr) war. Wirtschaftlich und zum Teil auch rechtlich stufen sich freilich die verschiedenen Klassen von bäuerlichen Eigentümern und Pächtern ab, wie ebenso die Größe des Besitztums eine Rolle spielen konnte.
11. Jahrhundert[]
Erst ab dem 11. Jh. kann man von einem eigenen Bauernstand sprechen, da erst die Herausbildung eines Bürgertums die Abgrenzung eines Bauernstandes ermöglichte. Dennoch ist es schwer, die Bauern als gesellschaftliche Gruppe einheitlich zu charakterisieren. Zu groß waren die Unterschiede der Lebensbedingungen auf Grund der geographischen und klimatischen Gegebenheiten. [3]
12. Jahrhundert[]
Seit dem 12. Jhd. wurden die bäuerlichen Naturalabgaben mehr und mehr durch Geldzahlungen abgelöst und immer häufiger kirchliche Ländereien gegen Nutzungsentgelte (Pacht, Lehen) an den niederen Adel vergeben. Viele Höfe gingen in den Besitz gehobener Bediensteter (Ministeriale) über und wurden zur Grundlage für spätere ritterschaftliche Güter.
Es entstanden angelegte Siedlungen mit Hägerrecht in Form von Hufendörfern. Hier konnten die Bauern ihre Gemeindeangelegenheiten selbständig regeln, ihr Land teilen oder veräußern und die niedere Gerichtsbarkeit ausüben. Wirtschaftliche Basis der genossenschaftlichen Gemeindebildungen war die Nutzung der landwirtschaftlichen Ergänzungsflächen und gemeinschaftliche Areale wie Wälder, Heiden, Wiesen und Weiden, in der Neuzeit oft „Gemeinheiten“ genannt. Fragen der gemeinsamen Nutzung dieser Flächen wurden von den Markgenossenschaften geregelt, auf deren Markgerichten zumeist die älteren Berechtigten mit überwiegend größeren Höfen oder auch die Grundherren mit ihrem höheren Nutzungsanteil dominierten.
13. Jahrhundert[]
Im 13. Jhd. überlagerten sich im Streusiedlungsgebiet verschiedene Besitz-, Rechts- und Herrschaftsformen oft auf engstem Raum, so dass ein Bauer häufig das Land verschiedener Herren bewirtschaftete. Einen Sonderfall stellte die voll ausgebildete Freiheit der Großbauern in der friesischen Marsch dar (vgl. Ostfriesland). Sie war primär Freiheit nach außen, und zwar einer Minderheit von Großbauern, die ihrerseits Kleinstellenbesitzer, Lohnarbeiter und Gesinde abhängig hielten.
Spätmittelalter[]
Besonders ab dem Spätmittelalter - die ersten Anfänge fallen jedoch bereits ins Früh- und beginnende Hochmittelalter - treten den Bauern die Kötter (Hausler, Büdner, Seidner) gegenüber, d. h. solche Gemeinde-Mitglieder, die am Ackerland im Gemenge (dem eigentlichen Ackerland) keinen Anteil hatten.
Die Bauern selbst saßen zu Meierrecht, einem erblichen Pachtrecht, auf ihren Höfen. Die meisten waren persönlich frei; nur vereinzelt hielt sich eine nominelle Leibeigenschaft bis in die frühe Neuzeit. [4] Grundherren der Bauern waren Klöster, selten Städte und Bürger, oft der jeweilige Landesherr, häufig der so genannte niedere Adel.
14. Jahrhundert[]
Während im 12. und 13. Jhd. an vielen Stellen noch unerschlossene Waldgebiete - gerodet und durch die Anlage von Hagenhufendörfern besiedelt wurden, erlitt der Landesausbau nun im 14. Jhd. einen Rückschlag. Viele Dörfer wurden wüst, wobei die Pest auch eine Rolle spielte, ebenso aber eine durch Agrarkrisen ausgelöste Landflucht. Entsprechend stieg die Einwohnerzahl der meisten Städte an.
Zu dieser Zeit befand sich der größte Teil des Grund und Bodens in der Hand von Grundherren, die an die Stelle der freien Bauern getreten waren. Auf dem Land führten Seuchenverluste und Abwanderungen in Verbindung mit der Agrardepression häufig zur Aufgabe von Feldern und ganzen Dörfern (Flur- und Ortswüstungen). Der Rückgang der Agrareinkommen zwang die Grundherren zur Sicherung der Eigenversorgung. Schenkungen, Rentenverschreibungen, Verkäufe und Verpachtungen von Land oder von Einnahmen aus Land mehrten sich.
Gebiete mit ausgeprägter Viehwirtschaft, vorrangig die Fluss- und Seemarschen, konnten sogar profitieren, ebenso wie unterbäuerliche Gruppen, für die Hofstellen frei wurden. In der Folge entwickelte sich das "Meierrecht" als vorherrschendes Besitzrecht, nach dem den Bauern von den Grundherren Ackerland, Wiesen und Hofstätte verliehen wurde, während die Hofgebäude in der Regel zum Eigentum (Allod) gehörten. Zusätzlich wurden die Bauern von der Umlage der Beden (Steuern) zur Finanzierung der entstehenden Territorialherrschaften belastet.
Im Verbreitungsgebiet bäuerlicher Unfreiheit wurden verstärkt Zeitpachtverhältnisse mit Bauern abgeschlossen.
15. Jahrhundert[]
Am Ende des Mittelalters war die Zahl der gemeinfreien, eigenständigen Bauern sehr gering: die Mehrzahl der Bauern, die sich der persönlichen Freiheit erfreuten, saßen auf fremdem Grund und Boden.
Renaissance[]
16. Jahrhundert[]
Die Reformation Martin Luthers setzte sich in den gerade in den ländlichen Gebieten rasch durch, und die bäuerliche Bevölkerung nahm den neuen Glauben willig an.
- 1525 - Der große Bauernkrieg erfasst weite Teile des Heiligen Römischen Reiches.
Verwandte Themen[]
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Quellen[]
- Leben im Mittelalter: Die Ständeordnung im Mittelalter
- Lehnswesen.de: Die unterschiedlichen Gruppen in der mittelalterlichen Gesellschaft
- Brosius, Dieter: Niedersachsen – Geschichte im Überblick (Land Niedersachsen). Hrsg. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung Hannover. Unveränderter Nachdruck der 6., erweiterten Auflage, Hannover 1993.
- Hauptmeyer, Carl-Hans: Niedersachsen - Landesgeschichte und historische Regionalentwicklung im Überblick (Land Niedersachsen). . Portal Niedersachsen. Isensee Verlag Oldenburg. Hrsg. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung. Hannover, 2004. ISBN 3-89995-064-X. S. 29 ff.
- Hoops, Johannes: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. I, S. 179 f.