Der Bau von Brücken, um größere Flussläufe zu überbrücken, war in Europa zur Zeit ihrer ersten Bekanntschaft mit den Römern den Germanen ebensowenig wie den Kelten vertraut. Durchaus merkwürdig ist es außerdem, dass sie den Brückenbau von den Römern auch nicht übernahmen.
Beschreibung[]
Statt die Kunst des Brückenbaus den Römern abzuschauen, blieben Germanen und Kelten bei der Benutzung von Fähren und Furten, wo ihre Fähigkeit, Bäche und Sümpfe zu überführen, nicht ausreichte. Wenn auch kaum in Deutschland, so blieben doch in Italien, England und Frankreich mehrere römische Brücken bis in die Neuzeit wenigstens in ihrer Grundanlage bewahrt.
Ortsnamen[]
Im Gegensatz zu England, wo die Ortsnamen auf -brycg, -bridge sehr häufig sind, kommen sie in Deutschland nur spärlich vor: ca. 40 Namen auf -brucca, -brück(e) -brück dem gegenüber stehen ca. 600 Namen auf -furd [1]; an den größeren Flüssen fehlen sie ganz, während hier Furtnamen selbst am Unterlauf nicht selten sind (am Main z.B.: Haßfurt, Schweinfurt, Ochsenfurt, Frankenfurt).
Die Brückennamen begegnen uns nur an Bächen oder am Oberlauf mittlerer Flüsse: Hersbruck (Pegnitz), Thamsbrück (Unstrut), Waltersbrück (Schwalm), Kissenbrück (Oker), Coppenbrügge (Aue), Delbrück (Haustenbach), Osnabrück und Quakenbrück (Hase). [Innsbruck = Oenipontum liegt im römischen Raetien].
Furten und Brücken wurden unter den Schutz der Götter gestellt, weil sie von Dämonen bedroht waren. Darum fanden im Mittelalter auch vielfach die Gerichte 'vor der Brücke’ und 'auf der Brücke' statt. Die Brückenheiligen und Brückenkapellen des spätem Mittelalter stehen mit diesem alten Volksglauben in Zusammenhang.
Etymologie[]
Während die Etymologie und älteste Bedeutung von 'brücke' Schwierigkeiten macht, liegt beides für zwei andere, nur auf deutschem Boden übliche Benennungen der künstlichen Flussübergänge klar zutage.
Steg[]
Der gemeindeutsche 'Steg' heißt so nach den beiden ansteigenden Zugängen, weshalb auch gern (ähnlich wie lat. pontes) für Holzbrücken der Plur. stega verwendet wird. Niederlassungen an solchen Stegen sind Mürzsteg, Kandersteg oder Stegham a. d. Rot (Stegaheim); vgl. andererseits z.B. Brüggen = Bruggiheim an der Leine und anderswo.
Specke[]
Die 'Specke' ist landschaftlich beschränkt auf die Unterweser [2], Südhannover (Schambach), Kurhessen (Vilmar) und die Wetterau (Crecelius); in Bayern, Schwaben und der Schweiz kommt sie fast nur in Orts- und Flurnamen vor. In Schwaben scheint die Bedeutung verschoben: specke, speckin - 'ein mit Steinen gepflasterter Fahrweg' [3]. Das Wort gehört zu ags. spæc, ahd. spah, spahho und bezeichnet einen Knüppeldamm durch Sumpfgelände und über Gräben, aus Rutengeflecht und Erde, auch aus Reiswellen und Pfählen, weiterhin auch eine einfache Uferbrücke, die mit Strauch und Rasen beschüttet wird.
Die ältesten Belege sind einmal 819 Specbrucca in der östlichen Schweiz und dann drei Ortsnamen auf -spekkia f. an Bächen des Leinegebiets in der ältesten Grenzbeschreibung des Bistums Hildesheim vom Anfang des 11. Jhds., die sämtlich nach den Erbauern bzw. Siedlern (Widukindesspekkia usw.) benannt sind [4].
Brücke[]
Die 'Brücke' (fem., ahd. brucca, asächs. -bruggia, ags. brycg, anord. bryggja) ist in historischer Zeit der allgemeinste Ausdruck, der 'specke' und 'steg' mit umfassen kann (vgl. Specbrucca); in Nordeuropa allerdings ist bryggja f. speziell die Landungsbrücke und der Hafendamm, während die Bedeutung 'Brücke' dem Worte brú f. zukommt. Die wahrscheinlichste Etymologie der 'Brücke' ist 'Prügel' (mhd. brügel) und mhd., schweiz., brüge - 'Brettergerüst' (aus Knüppelholz).
Wahrscheinlich haben landschaftlich nicht nur die Übergänge, die zwei Ufer eines Flusslaufes verbanden, sondern auch die künstlichen Zugänge zu Brücken (und Furten), welche nicht selten durch morastigen Boden führten (vgl. Ortsnamen wie Horgenbrücken a. d. Salzach, Bruchenbrücken a. d. Wetter, Siggenbrucca a. d. Schwalm) den Namen 'brücke' erhalten, vielleicht auch die echten 'specken'. Darauf weist wohl auch die ausschließliche Verwendung des Wortes pons in den lateinischen Schriftquellen für alle Anstalten zur Überführung von Flüssen und Morästen hin, wie z.B. Holzbrücken, Schiffbrücken, Knüppeldämme usw.
Entwicklung[]
In Deutschland wurden viele große Römerbrücken, wie z.B. bei Mainz und Großkrotzenburg, so gründlich zerstört, dass sie dem Mittelalter völlig unbekannt blieben. Lediglich in Trier und wenigen anderen Orten liegt der Fall der Erhaltung einer solchen Brücke vor.
Frühmittelalter[]
Die Brücken des Frühmittelalters und davor waren im Wesentlichen Holzbrücken, vorwiegend aus Knüppelholz, mit horizontaler Balkenlage, nicht gewölbt und nicht hochgespannt. Ein großes Ereignis war der zehn Jahre erfordernde Bau der großen hölzernen Rheinbrücke bei Mainz durch Karl den Großen, doch bereits ein Jahr nach ihrer Vollendung, 813, wurde sie durch Brand wieder zerstört [5].
In unzähligen Fällen bildete gegenüber dem Fluss das sumpfige Gelände das größere Hindernis des Verkehrs. Eigentümlich ist es, dass in einer Urkunde Karls des Großen für Lorsch vom Jahr 777, wo die Anlage eines Weges über das morastige Gelände der Weschnitz gestattet wird, das Wort pons bzw. pontem zweimal von Handschriften des 16. Jhds. auf einer Rasur steht; hier ist vermutlich ein charakteristisches deutsches Wort verloren gegangen [6].
Dagegen verstand man sich in fränkischer und sächsischer Zeit auf den Bau von Schiffbrücken auch über größere Flüsse, wie die Donau. Auch die beiden von Karl dem Großen im Jahre 789 hergestellten Brücken über die Elbe waren wohl Schiffbrücken.
Bemerkenswert ist weiterhin, dass in einer Altenschlirfer Markbeschreibung von 885 [7] der Ausdruck ad stenten brukken vorkommt und durch das lat. ad pontem stantem gesichert wird; diese 'stehende Brücke' ist wohl aber kein Gegensatz zu einer improvisierten Brücke, sondern zu einer 'liegenden Brücke': also der Brückenhochbau im Gegensatz zum Brückendamm? Man kann auch an den Gegensatz zur 'Zugbrücke’ denken, die, als slegebrücke seit 1200 bezeugt, sicher weit höher hinaufreicht.
Auch schon für die Karolingerzeit lässt sich vielleicht der Bau von steinernen Brücken über kleinere Flussläufe und Bäche annehmen, aber nicht jeder Ortsname 'Steinbrück' u.ä. weist auf eine solche hin: es gab genug Flüsse des Namens Stein(ah)a, und so gut wie steinige (und allerdings auch 'gesteinte') Furten haben wir auch eine Steinigabrucca (Steinbrüggen in Appenzell). Zuverlässiger ist ein Zeugnis wie der pons lapideus in der Schlitzer Gemarkung.
Hochmittelalter[]
Die Überwölbung und der Brückenübergang im Buckel, den die Römer kannten, kam in Deutschland wahrscheinlich erst mit der romanischen Bauperiode (950-1250) auf: wenn also in den eddischen Grimnismal (V. 44, 43) der Regenbogen aller Brücken beste heißt, so ist das eine recht junge Vorstellung.
Quellen[]
- Förstemann, Ernst Wilhelm. Die deutschen Ortsnamen (Google Books). Nordhausen : Förstemann, 1863. Neuauflage Fachbuchverlag-Dresden (24. Juli 2015). ISBN 3956924959.
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. I, S. 332 ff.
Einzelnachweise[]
- ↑ Förstemann, aaO. Bd. II (2. Auflage), S. 331
- ↑ Bremisch-Niedersächsisches Wörterbuch. 5 Teile. Bremen 1767-71; 6. Teil 1869.
- ↑ Schmid, Schwäbisches Wörterbuch. S. 500
- ↑ Urkundenbuch des Bistums Hildesheim I, 30 Nr. 40, vgl. S. 41 Nr. 51; MG. Dipl. Heinr. II 299
- ↑ Gesammelte Nachrichten von J. von Schlosser, Schriftquellen zur Geschichte der karolingischen Kunst. Nrn. 188 bis 192 und Nachtr. 10
- ↑ Urkunden der Karolinger. I, 161. 237
- ↑ Dronke, Trad. Fuld. S. 62, Überlieferung des 12. Jhds.