Bragi, Brage bzw. Braga (anord. Bragr) ist in der Nordischen Mythologie einer der Asen, Sohn von Odin und Frigga. Er ist der Gott der Weisheit, Beredsamkeit, der Dichtkunst und des Gesanges und Gemahl der Idun.
Beschreibung[]
Nach der älteren Lieder-Edda ist Bragi weise, beredt und erfindungsreich und der Urheber der nordischen Dichtkunst, die nach ihm Bragur ('Sprache') heißt. Alle Heldendichtungen, alle Gesänge zum Lobe der Asen, dankten seinem begeisternden Einfluss ihren Ursprung. Eine interpolierte Strophe der Grimnismál (v. 44) nennt ihn den besten aller Dichter und vordersten der edlen Skalden (Bragurmenn).
Im Jahre 935 begegnet Bragi im Lobgedicht auf König Eirik als Ratgeber Odins in Walhalla; wo er vereint mit Hermod den gefallenen norwegischen König Hákon I. empfängt. [1] Dort grüßt er die Einherjer mit dem Gruß des Friedens und freundlicher Einladung zur Teilnahme an der Seligkeit der Götter: „Tretet ein in Walhalla, geniesst Einherjarfrieden und trinket geheiligten Met mit den Asen.“
Als den Vater der Poesie riefen ihn die Skalden und Barden an, und baten um seinen Beistand; er ist der Apoll der skandinavischen Mythologie, nur noch würdiger und erhabener gedacht. Den Königen gewährt er Weisheit und Tatendrang.
Merkmale[]
Snorri Sturluson stellt Bragi als altersgrau, mit langem Bart, doch heiter gerunzelter Stirn dar. Eine Leier oder Harfe (Telyn) gaben ihm erst neuere Dichter. Bragis Rede ist Wohllaut, nach den Sigrdrifumál (v. 16) sind Runen der Weissagung in seine Zunge geritzt, die seine Weisheit erklären. So wird er zum Erfinder der Sprache. Seine Lieder sind jünglingskräftig, und sie erheitern die Asen bei ihren festlichen Mahlen. Seine Gattin ist Idun, die ewig jugendliche Göttin, welche die goldnen Äpfel der Unsterblichkeit spendet. Wem daher ihr Gatte den Dichtermet gibt, dem schenkt sie ewiges Leben im Andenken des Volkes.
Odin übergab jedem der Asen eine Eigenschaft, welche dieser wieder an seine Lieblinge verleihen konnte: so dem Thor die Stärke, Freya die Liebe, Baldur die Schönheit, und so auch Bragi den begeisternden Dichtermet. Bewahrt Bragi diesen, spendet ihn nur an wenige Erlesene, macht aber selbst häufig Gebrauch davon, so dass seinem Munde kein geistloses Wort entflieht und Alles, was er sagt, Weisheit im Gewande der Schönheit ist.
Bragarfull[]
Bragi war als Gott so hoch geehrt, dass Gelübde, bei seinem Becher Bragarfull abgelegt, für unverbrüchlich gehalten wurden. Besonders am Julabend wurden bei Bragis Becher solche unverbrüchlichen Gelübde abgelegt. Auch bei dem Regierungsantritt eines Fürsten spielte der Becher Bragafull eine wichtige Rolle. Da Bragi den Königen Weisheit und Tatendrang gewährte, wurde ihnen, wenn sie den Thron bestiegen, ein volles Trinkhorn als symbolischer Bragarfull dargereicht, das sie zu einer Großtat begeistern sollte.
Wenn die Leichenfeierlichkeiten für einen verstorbenen Herrscher gehalten wurden, saß der neue König nicht auf dem Thron, sondern auf einem Stuhle vor demselben, bis vom Priesterchor der Bragafull gebracht wurde; nun erhob er sich, ging demselben entgegen, ergriff ihn zur Preisung des Gottes, legte ein wichtiges, auf seine Regierung Bezug habendes Gelübde ab, und leerte ihn mit einem Zuge. Musste er absetzen, so war dies ein sehr übles Vorzeichen. Nun erst bestieg er den Thron.
Andere Thesen sagen, das der Bragarfull, der nach dem Tode nordischer Fürsten bei der Leichenfeier kreiste und bei dem von den Trinkenden häufig feierliche Gelübde geleistet wurden, nichts mit dem Namen Bragis zu tun hat, sondern einfach "Becher des Fürsten" bedeutet (der dem Andenken des Fürsten geweihte Becher).
Herkunft[]
Nach Ludwig Uhland (1787-1862) und Eugen Mogk (1854-1939) ist Bragi identisch mit dem ältesten historisch bezeugten altnorwegischen Dichter und Skalden Bragi Boddason, der im 9. Jh. lebte und dichtete. Erst später wurde dieser unter die Asen versetzt und als Gott verehrt.
Sagas[]
Die jüngere Prosa-Edda enthält die sog. Bragarödur, d. h. mythische Geschichten, die Bragi bei einem Trinkgelage in der Halle der Götter dem Aegir erzählt. Beim Gelage der Götter in Aegirs Halle verweigert Bragi dem Eindringling Loki den Zutritt, der ihm daraufhin Feigheit vorwirft und Bänkelungerer nennt [2]. Merkwürdig ist, dass dem Bragi bei Aegirs Gastmahl aller Mut und alle kriegerische Tapferkeit durch den tückischen Loke abgesprochen wird, ohne dass dies seinem Ruhm Abbruch tut.
Quellen[]
- Damen Conversations Lexikon (Zeno.org). [o.O.] 1837. Band 2, S. 157-158 (Braga (Mythologie))
- Herders Conversations-Lexikon (auf Zeno.Org). 1. Auflage. Freiburg im Breisgau 1854–1857. B. I, S. 642 (Bragi).
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. I, S. 306 f.
- Meyers Großes Konversations-Lexikon (auf Zeno.Org). 6. Auflage. Leipzig, 1905–1909. Bd. 3, S. 303 (Bragi).
- Pierer's Universal-Lexikon (auf Zeno.Org). 4. Auflage 1857-1865. Altenburg, 1860. Bd. 3, S. 169 (Bragi).
- Wörterbuch der Mythologie (auf Zeno.Org). Wilhelm Vollmer. Stuttgart, 1874. S. 110 (Braga).