Als Buckelgefäße bezeichnet man verschieden geformte Tongefäße, die an der Stelle der weitesten Ausladung oder etwas höher auf der Schulter drei, vier oder mehr Buckelverzierungen aufweisen. Die Buckel sind entweder hohl, d.h. von innen herausgedrückt oder massiv, in diesem Fall von außen als plastisches Beiwerk besonders aufgesetzt.
Allgemeines[]
Buckelgefäße tauchen während der älteren Nordischen Bronzezeit (1500-1100 v.Chr.) als neuer Formenkreis in weiten Gebieten Europas auf. Da diese Tongefäße die typischen Leitformen verschiedener keramischen Gruppen sind, spricht man auch von „Buckelkeramik“ im Sinne eines Oberbegriffes.
Die Ursprünge der stilistischen Einflüsse der Buckelkeramik liegen vermutlich in den unteren Donauländern, besonders in Ungarn. Die Erscheinungsformen der Buckelkeramik verbreiten sich in verschiedenen Richtungen in verschiedenen Etappen und zu verschiedenen Zeiten nach Nordwesten über Ostdeutschland bis an den Rhein, durch die Donauzone bis nach Frankreich, südwestlich bis nach Italien, südöstlich bis in den Kaukasus und über die Balkanländer bis nach Kleinasien (Troja).
Es ist klar, dass sie bei dieser Ausdehnung eine verschiedene Deutung im historischen und ethnographischen Sinne zulassen, je nach der Rolle, die sie in den verschiedenen Gegenden gespielt haben. Typische Stilformen kamen in beschränkten Gebieten zur Ausbildung und gewannen für sich einen besonderen Einfluss. Das gilt in erster Reihe vom mittleren Odergebiet, wo die Buckelkeramik in der Lausitzer Kulturgruppe eine reiche Entfaltung zeigt. Sie liegt hier in weit ausgedehnten Urnenfeldern in einer seltenen Fülle von keramischen Beigaben vor.
Was die ornamentale Ausgestaltung der Gefäßformen anlangt, so wetteifern miteinander Buckel, Kannelierungen, Rillen, Furchen und Tupfen. Nach ihrer verschiedenen Ausgestaltung und Verwendung auf der Gefäßfläche lassen sich in Verbindung mit den Fundumständen und sonstigen Beigaben lokal und zeitlich verschiedene Gruppen auseinanderhalten; die jüngeren von ihnen zeigen deutlich den Einfluss der Hallstattkultur (ca. 1200-450 v. Chr.).
Ursprünge[]
Die früher häufige Meinung, dass Buckelgefäße in Ton unter dem Einfluss von Metallgefäßen entstanden seien, ist zweifelhaft. Denn Metallgefäße, die sich in Form und Dekoration an die Seite der tönernen Buckelgefäße, wie ihre Vorbilder, stellen ließen, gibt es nicht. Auch treten an den Metallgefäßen die großen, getriebenen Buckel erst in einer Zeit auf, als die Buckelgefäße aus Ton ihr frühstes Stadium der Entwicklung bereits überschritten haben:
Diese beginnen schon in der älteren Nordischen Bronzezeit (1500-1100 v.Chr.), jene sind Erzeugnisse aus der altitalischen Villanovakultur (ca. 9.- 5. Jh. v. Chr.) oder dem mitteleuropäischen Hallstattkulturkreis (ca. 1200-450 v. Chr.) und werden erst in der Jüngeren Nordischen Bronzezeit (1100-920 v.Chr. ) in die Gegenden eingeführt, wo die tönernen Buckelgefäße Bedeutung erlangen.
Vielmehr sind die Buckel bei den Tongefäßen ebenso als Ornamente aufzufassen, wie andere plastische oder auch eingetiefte Ornamente. Deswegen suchte man ihre Vorstufen in den einfachen warzenförmigen Verzierungen der steinzeitlichen Keramik. Die Buckel an den ältesten bronzezeitlichen Tongefäßen erscheinen auch in einer so entwickelten Stilform, dass Vorstufen dazu vorauszusetzen sind.
Unterscheidungen[]
Buckelkeramik findet sich zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Kulturgruppen. Zwei Hauptgruppen lassen sich unterscheiden:
- 1.) die Buckelkeramik der Bronzezeit
- 2.) die Buckelkeramik der Hallstattzeit
Beide unterscheiden sich durch die Buckelformen selbst:
- Die bronzezeitlichen Buckel sind im allgemeinen rundlich, der weiblichen Brust ähnlich, daher manchmal hängend, aber auch in anderer Weise variiert.
- Die hallstattzeitlichen Buckel, neben denen die älteren Varianten weiter bestehen bleiben, sind aufwärts gerichtet, hörnerartig zugespitzt und sitzen in der Regel auf der Schulter des Gefäßes.
Beide Arten können auf verschiedene Ursprünge zurückzuführen sein und haben auch ein verschiedenes Verbreitungsgebiet, berühren sich aber in den jüngeren Gruppen. Die rundlichen bronzezeitlichen Buckel sind u.a. ein charakteristisches Merkmal des sog. Lausitzer Typus, die Hörnerformen verbreiten sich zugleich mit der Keramik der Hallstattkultur von Ungarn aus einerseits über Niederösterreich, Böhmen bis nach Schlesien, Posen, Brandenburg, andererseits bis nach Kleinasien (Troja), wo sie einer Gruppe der nach-mykenischen Keramik angehören.
Trojanische Buckelkeramik[]
Die in Troja gefundene Buckelkeramik steht nach Technik, Formen und Ornamenten im unvereinbaren Gegensatz zu der gesamten vorausgehenden Entwicklung der troischen Keramik während der griechischen Bronzezeit (ab ca. 2800 v. Chr.) und wurde deshalb auf Grund der Überlieferung über die geschichtlichen Ereignisse in der Troas (Anatolien) während der Zeit zwischen 800 und 600 v. Chr. dem antiken Reitervolk der Kimmeriern, also thrakischen Eindringlingen zugeordnet.
Die Beziehung auf die Thraker läßt noch bestimmte Gruppen von Buckelgefäßen in den unteren Donau- und Balkanländern zu. Ihrem Wesen nach sind aber die Buckel an den Tongefäßen kein ethnographisches Kriterium, sondern haben nur stilistische Bedeutung und die Verbreitung von Buckelkeramik ist Mode und Geschmacksache. Sonst müßten Thraker von ihrer Heimat in den Karpathen aus nicht nur bis nach Troja, sondern quer durch Europa mit Abzweigungen nach dem Kaukasus, nach Oberitalien, nach dem Oder- und Weichselgebiete mitten durch Deutschland bis an den Rhein und durch das Donautal bis nach Frankreich gelangt sein und eine Jahrhunderte dauernde Herrschaft ausgeübt haben.
Lausitzer Typus[]
- Siehe Hauptartikel: Lausitzer Typus
Zudem hat das Buckelmotiv nur eine geringe Bedeutung für die ganze Stilgebung des Lausitzer Typus in seinen verschiedenen Entwicklungsphasen und machen nicht allein die Eigenart dieses Stils aus. Manch ein Forscher versuchte auch, die Buckelverzierung der Völkerwanderungszeit (375-568) in der Altmark und in Altsachsen in einen Zusammenhang mit den Buckelgefäßen des Lausitzer Typus, bzw. überhaupt mit der formellen und dekorativen Eigenart dieser Keramik zu bringen.
Der deutsche Prähistoriker Carl Schuchhardt (1859-1943) sah z.B. in der Formgebung ein Wiederaufleben der alten, durch den Korbflechtstil bedingten Zierweisen neolithischer und bronzezeitlicher Keramik. So entstand zeitweise die Ansicht vom unentwegten Festhalten an uralten künstlerischen Eigentümlichkeiten der Germanen (siehe auch Buckelverzierung). [1]
Quellen[]
- A. Voss, Keramische Stilarten der Provinz Brandenburg und benachbarter Gebiete in Zeitschrift für Ethnologie. Organ der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte. Berlin : Behrend & Co, 1869 ff. Homepage. 35. Jahrgang, 1903. Heft 2/3. S. 161 ff.
- Nach Heinrich Schliemanns Sammlung Trojanischer Altertümer (Internet Archive). Heinrich Schliemann, Hubert Schmidt; Staatliche Museen zu Berlin. Berlin : Reimer, 1902. Katalog Nr. 3566, 3585, 3611.
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. I, S. 350 ff. Bd. III, S. 30 ff.
Einzelnachweise[]
- ↑ Carl Schuchhardt, Das technische Ornament in Prähistorische Zeitschrift. Ausgabe 1 (1910), S. 351 ff.