Bei alten Häusern aus dem germanischen Bereich finden sich vor allem Giebeldächer. Das zeigen einerseits die erhaltenen, langrechteckigen Grundrisse, anderseits Hausurnen, von denen einige ein sehr hohes und steiles Dach hatten. Andere lassen aufgelegte Hölzer auf einem Strohdach erkennen, wie sie noch heute üblich sind.
Verarbeitung[]
Während der Römerzeit kommen bei den Germanen Ziegel und Schieferplatten als Verkleidungsmaterial noch nicht in Betracht. Wie Tacitus schreibt (Germ., 16): "Nicht einmal Bruchsteine oder Ziegel finden bei ihnen Verwendung: durchweg nehmen sie Holz dazu, formlos, unansehnlich und ungefällig." (Germ., 16). [1]
Auch in der Karolingerzeit finden sie sich noch nicht, sondern erst im Hochmittelalter. Für das Frühmittelalter nimmt man also vor allem mit Stroh- oder Schilf-gedeckte Dächer an. Das Dach der angelsächsischen und anderer altgermanischen Häuser war ein First-(Ans-)dach, das sich durch Steilheit auszeichnete (Plinius, NH 16, 31). [2]
Der First (fyrst, hrycg) war durch Sparren oder Balken mit den Seitenwänden verbunden. Wie beim altnordischen Haus bildete auch bei den Angelsachsen das vorspringende Dach ein Vordach. Bei ihnen diente als Material der Bedachung bei ärmeren Leuten Stroh, Rohr oder Flechtwerk, ansonsten Schindeln oder Ziegel, die auf Latten ruhten. Das Dach (þak) der altnordischen Häuser war ein Giebeldach; das Walmdach, wofür es keinen altnordischen Namen gibt, war äußerst selten und fremden Ursprungs.
Dachstuhl[]
Im Mittelalter war der Dachstuhl bei Kirchen oft freiliegend und von unten sichtbar, ebenso bei Profanbauten, insbesondere über großen Hallen oder über Wohnräumen. Die altchristlichen Basiliken zeigen jetzt noch ihre Hängewerke in sehr vielen Fällen ganz offen, nicht nur in Italien, sondern auch in Spanien bei westgotischen Kirchen, in England bei den angelsächsischen Kirchen und in Deutschland. Die skandinavischen Spätbauwerke im reinen Zimmermannstil prunken sogar mit reichen Blicken ins Dachwerk offenbar in Nachbildung älterer Vorbilder.
Altnordische Tempel wiesen ebenso wie die ältesten Königshallen als reine Holzbauten offene Dachwerken auf. Wie in Skandinavien, gab es auch bei den Angelsachsen keine Zimmerdecke, außer bei zweistöckigen Gebäuden. Dagegen konnte es vorkommen, dass das innere Dach durch rundgebogene Streben und eine Panelierung zu einer Art Wölbung umgebildet war, was auch in Skandinavien bei ansehnlichen Gebäuden und Kirchen mehrmals erwähnt wird (hvalf, hvelfing). Auch das äußere Dach tritt auf angelsächsischen Abbildungen öfters als ein Kuppeldach hervor.
In Bezug auf die Konstruktion des Dachstuhls sind in Nordeuropa zwei Arten zu unterscheiden: das sog. Ansdach und das Sparrendach. Von diesen war das erstere in der Sagazeit das gewöhnliche, wie es auch das ältere ist, während das Sparrendach vielleicht von Deutschland stammt (das Wort sperra erscheint erst nach 1300). In weniger breiten Häusern gingen Streckbalken quer über das Haus; die Säulen waren dann zweiteilig. Eine wagerecht aufliegende Zimmerdecke gab es nicht; der Dachstuhl war immer ein offener. Von der First laufen Latten, die wieder durch dünnere Querlatten oder durch eine Bretterverschalung verbunden waren.
Über dieser inneren Bekleidung lag eine äußere Bedachung, die teils aus Grassoden oder Torf, teils aus Stroh, Rohr oder Birkenrinde bestand. Um den Torf am Ausgleiten zu hindern, war unten am Traufdach befestigt; auf Island, wo kein Vordach vorkam, fehlte diese Einrichtung. An den Giebeln wurde die Dachkante mit Brettern (vindskeid) versehen, die gegen den Wind schützen sollten. Diese Bretter waren gewöhnlich ausgeschnitzt und die sich kreuzenden Verlängerungen mit phantastischen Tierköpfen versehen.
Stützen[]
Bei bajuvarischen, sächsischen und angelsächsischen Häusern, insbesondere bei großen Hallen, stützt sich das Dach auf eine mächtige Mittelsäule (firstsúl, ags. stapul). Ausgrabungen wie literarische Anhaltspunkte beweisen aber auch, dass das Dach großer Gebäude, insbesondere das von Hallen (z.B. bei Attilas Königshalle) oft auf zwei Reihen von starken Holzsäulen ruhte, so daß eine Art von drei-schiffigem Raum entstand. Die Stelle der nordischen Säulen vertrat bei den Angelsachsen eine einzige Firstsäule, die mit der Mittelsäule der altnorwegischen Kirchen und mit der althochdeutschen dachtragenden firstsúl oder magensúl zu vergleichen ist.

Beim skandinavischen Ansdach ruhte das Dachwerk entweder auf dem Firstbalken allein oder auf diesem in Verbindung mit zwei Längsbalken, was ein gebrochenes Dach (Mansardendach) ergab. Im ersteren Falle ruhte der Firstbalken auf einer Reihe von Säulen; beim Sparrendach (s. Abb. 57) wurden die Seitendachbalken von zwei Säulenreihen gestützt, während der Firstbalken durch kurze Pfeiler von den Querbalken getragen wurde, die jedes Säulenpaar verbanden. Die Konstruktion mit zwei Säulenreihen ist im westlichen Norwegen schon für die Völkerwanderungszeit, in Schweden für die Wikingerzeit nachgewiesen. [3]
In den altnordischen Holzkirchen lag über der staflægja der Seitenwand noch ein kräftiger fünfseitiger Balken (s. Abb. 58). Die Unterseite dieses Balkens und die Oberseite der staflægja hatten einander entsprechende Einschnitte, in die die Querbalken eingefügt waren. Die Dachsparren waren an der schrägen Oberseite des genannten Balkens befestigt. Über diesen Sparren lagerten die dem Firstbalken parallelen Längs balken, die mit einer zusammenhängenden Reihe von Latten oder Bohlen bedeckt waren, worüber endlich, wie die Schuppen am Fische, Holzschindeln lagen.
Von der nach innen gekehrten schrägen Oberseite des fünfkantigen Balkens stiegen, um das Dach zu binden, die Untersparren empor. Der Kreuzungspunkt der Untersparren wurde durch einen Querbalken (Hahnenbalken) mit einer unter den Untersparren angebrachten rundbogenförmigen Verbindung verstärkt. Dieser Bogen nennt man gewöhnlich den „Kielbogen", da er, wie der ganze Dachbau, der Konstruktion der Wikingerschiffe entlehnt ist, wo die „Spanten" den Sparren der Kirche entsprechen.
Die Untersparren wurden unter sich der Länge der Kirche nach durch eine Reihe von Knieverbindungen, die als umgekehrte Rundbogen geformt sind, verbunden und so eine kräftig bindende Konstruktion des Ganzen erlangt. Auch diese umgekehrten Rundbogen-Knieverbindungen finden sich in den Wikingerschiffen längs den Schiffsseiten. Einer seefahrenden Nation war es recht natürlich, einen solchen Ausgangspunkt der Konstruktion zu wählen. Wahrscheinlich war die Dachkonstruktion in den Göttertempeln der Asen-Anbeter, die der eigentlichen Wikingerzeit angehörten, von dem Schiffbau entlehnt und wurde von den Tempeln auf die Stabkirchen übertragen.
Dekoration[]
Wie die ältesten nordischen Dachstühle auch dekorativ gestaltet wurden, davon zeugen einige späte westgotische in Asturien, wo die Balken mit eingetieften Kreislinien, muschelartigen Verzierungen und tauartig gewundenen Stäben geschmückt sind. Die Literatur spricht von reich gemalten und vergoldeten Decken der Kirchen, worunter man nicht immer untergehängte Felderdecken, sondern auch reich geschmückte offene Dachstühle versteht. Theoderichs Palastkirche zu Ravenna, hieß noch im 8. Jahrhundert „in coelo aureo" (d.h. golden in den Himmel). Den Dachgiebel bei den Angelsachsen zierte öfters ein Horngeweih.
Quellen[]
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. I, S. 381 ff.
Einzelnachweise[]
- ↑ Tacitus, De origine et situ Germanorum (Germania). Übersetzung "Die Germania des Tacitus". Anton Baumstark: Freiburg 1876. Digitalisat auf Wikisource.
- ↑ Naturalis Historia. Gaius Plinius Secundus. Um 77 n. Chr. Volltext (lat.) auf Wikisource.
- ↑ Kulturgeschichte Schwedens von den ältesten Zeiten bis zum elften Jahrhundert nach Christus (Internet Archive). Oscar Montelius. Leipzig : E. A. Seemann, 1906. S. 283.