Mittelalter Wiki
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Bei der Keramik der Steinzeit ist der Formenkreis mit der noch einfachen Technik (mangelhafter Brand, grobe Oberfläche) auf zwei Typen beschränkt, soweit sich die Fragmente sicher deuten lassen:

  • 1. Töpfe mit geschweifter Wandung und spitz ablaufendem Boden (Bild).
  • 2. breite, flache Schüsseln mit aufgebogenem Rand (Bild).

Auf europäischem Boden wurden mit die ältesten Tongefäße in den Ablagerungen der steinzeitlichen Muschelhaufen in Dänemark gefunden (genannt Kjökkenmöddinger - prähistorische Abfallhaufen), dementsprechend auch die den Stationen des Campignien in Frankreich.

Jüngere Steinzeit[]

Auffallend ist der Aufschwung, den die Töpferindustrie im Jungneolithikum (4400–3500 v. Chr.) in Europa allgemein nahm. Gerade in dem Gebiet, das für die Ausbreitung der Germanen in Frage steht, auf dem Boden von Deutschland, beobachtet man eine Fülle von Erscheinungen, die auf ein recht bewegtes Leben der damaligen Europäer hinweisen. Die Tongefäße geben als Produkte der Hausindustrie Aufschluß über zahlreiche Kulturgruppen, die in engeren Beziehungen zueinander standen. Ihre Hauptmerkmale gewinnen Forscher aus den Formen und Verzierungen der Tongefäße. Unter ihnen lassen sich 2 Gruppen wegen ihrer lokalen Beständigkeit absondern:

  • A) im Norden die Keramik der Megalithgräber
  • B) im Süden die Keramik der Pfahlbauten

Megalithgräber-Keramik[]

Die Keramik der Megalithgräber dehnt sich über Norddeutschland westlich bis Holland und nördlich über Dänemark bis Südschweden aus. Sie weist einen großen Reichtum an Formen auf: Becher, Henkelnäpfe, Krüge, Flaschen, Schalen und Amphoren; charakteristisch ist ihre scharfkantige Profilierung, die die einzelnen Gefäßteile, Rand, Hals, Schulter, Bauch, deutlich voneinander absondert.

Ihre Ornamente sind in Tiefstichtechnik ausgeführt und verteilen sich in horizontaler und vertikaler Anordnung nur selten über die ganze Gefäßfläche. Meistens sind sie auf den oberen Teil, auf Rand, Hals und Schulter, beschränkt. Zwar läßt sich ihre Entstehung aus Korbflechtmotiven nicht verkennen, so daß das Gefäß gewissermaßen die Stelle des älteren Korbes zu vertreten scheint (vgl. Ornamentik, Korbstil).

Doch erkennt man ein Streben nach Ideenausdruck, ein Bedürfnis zu naturasilieren, indem menschliche Gesichtsformen als Ziermuster Verwendung finden. So enthält die streng stilisierte Korbflechtornamentik eine ideelle Bedeutung, und die Horizontal- und Vertikalornamentik wird als Hals-Brustschmuck umgebildet (Bild).

Pfahlbauten-Keramik[]

Die Keramik der Pfahlbauten läßt sich in eine östliche und westliche Gruppe trennen, ohne daß diese in einem Zusammenhang miteinander stehen.

  • a) Michelsberger Typus: Die westliche Gruppe aus den Schweizer Pfahlbauten ist älter. Ihre Technik ist recht einfach. Die Formen schlicht: Henkelkrüge, Tulpenbecher, tiefe Schalen und Näpfe, glockenförmige Misch- oder Vorratsgefäße, enghalsige Töpfe mit Spitzboden, wannen förmige Gefäße und Schöpfkellen. Die Verzierungen sind schlicht: Leisten mit Tupfen, Fingerspitzeneindrücke, Zickzacklinien. Verbreitet ist sie auch in Landansiedlungen bis gegen die obere Donau und das Rheintal abwärts bis in die Gegend von Andernach (Bild).
    • Schussenrieder Typus: Eine Sondergruppe mit reicherer, weiß inkrustierter Ornamentik am Bodensee in Württemberg lokalisiert.
  • b) Mondseegruppe: Die östliche Gruppe, genannt nach den Funden im Atter- und Mondsee, gehört in die Kupfersteinzeit und ist in Formen und Verzierungen reicher. Sie schließt sich an Erscheinungen an, die man südöstlich bis in die Balkanländer und nordwestlich bis nach Dänemark verfolgen kann (Bild).

Andere neolithische Gruppen[]

Auf dem Gebiet zwischen diesen beiden, lokal fixierten Kulturkreisen läßt sich ein Hin- und Herwogen von verschiedenen Erscheinungen beobachten, die in einer Reihe von keramischen Gruppen Mittel-, Ost- und Westdeutschlands zum Ausdruck kommen.

Ornamentik[]

In der Ornamentik der Gefäße lassen sich zwei grundverschiedene Stilarten beobachten, die auf verschiedenen Ursprung weisen. In der einen Gruppe werden meist geradlinige Muster in Tieftechnik verwendet und nach tektonischen Gesichtspunkten in horizontaler und vertikaler Anordnung so auf der Gefäßfläche verteilt, daß die Hauptgefäßteile - Rand, Hals, Schulter, Bauch - in ihrer Bedeutung durch die Verzierungen hervorgehoben und unterschieden erscheinen.

Dadurch, daß man die Gefäßfläche durch die Formen des menschlichen Gesichts oder überhaupt des menschlichen Körpers zu beleben sucht und so den Gefäßkörper selbst in eine Beziehung zur Erscheinung des Menschen bringt, bildet sich die Ornamentik der Gefäße zur Hals- u. Brustschmuck-Ornamentik aus. Im Grunde spielt sich hier unter einfachen Verhältnissen dasselbe ab, was man bei der Entwicklung der Ornamentik im Allgemeinen zu allen Zeiten und bei allen Völkern beobachtet: den Wechsel von Naturalisieren und Entnaturalisieren konventionell gebrauchter Formen.

Im Gegensatz zu diesem tektonischen Ornamentstil steht eine weit verbreitete Gruppe von Gefäßen mit Spiral- und Volutenmustern und ihren eckigen Umbildungen, den Mäandermotiven (Spiral-, Mäander-Keramik). Hier ist das Ornament nicht mehr an die Form des Gefäßes gebunden, sondern entwickelt sich frei, wie auf jeder anderen Fläche, wobei die Muster vielfach Bandform haben. Die Ornamente werden eingeritzt und aufgemalt.

Schnur- u. Bandkeramik[]

Bandkeramik Kumpf Schkeuditz 2010-03-07 2-02

Zerbrochener Topf (Kumpf), der geflickt und mit Pech und Rinde dekoriert wurde, aus einem bandkeramischen Brunnen in Schkeuditz-Altscherbitz (ca. 5000 v.Chr.)

Man versuchte diesen Gegensatz zweier Ornamentstile in wenig passenden Schlagwörtern als „Schnur-" und „Bandkeramik" auszudrücken, ohne das eigentliche Wesen ihrer Ornamentik zu treffen. M. Hoernes wollte dafür die Bezeichnungen „Rahmenstil" und „Umlaufstil" einführen. Am treffendsten bezeichnet man ihn als A) "gebundenen" und B) "freien Stil" (Hub. Schmidt). Der Prähistoriker Carl Schuchhardt (1859–1943) versuchte den Gegensatz der Ornamentikformen aus dem verschiedenen Ursprung der Gefäßformen zu erklären:

  • Die Gefäße des freien Stils (B) (bzw. Bandkeramik, Umlaufstil) gehen auf Kürbisformen zurück und sind nicht auf ein aus der Technik entlehntes Ornamentsystem angewiesen (s. Kürbisstil).

So versteht man auch die geographische Verbreitung der beiden Stilarten: der gebundene Stil (A) ist nordischen Ursprungs, der freie Stil (B) kommt aus dem Süden; beide berühren sich in Mitteleuropa, im besonderen auf dem Boden Deutschlands, wo sie z. T. in einen schroffen Gegensatz zueinander treten.

Ethnographie[]

Ethnologische Bestimmungen sind bei den so verschiedenen keramischen Gruppen der Steinzeit durchaus problematisch. Am wenigsten kann man sie der „indogermanischen Epoche" zuschreiben. Die großen Verschiedenheiten der steinzeitlichen Kulturgruppen sprechen sogar dagegen; jede von ihnen besitzt eine ausgeprägte Eigenart nicht nur in der Gefäßornamentik, sondern überhaupt in dem zugehörigen gesamten Kulturinventar.

Die beiden oben unterschiedenen Stilgruppen sprechen, wenn sie indogermanischen Stämmen zugeschrieben werden sollen, eher für eine bereits vollzogene Absonderung bestimmter Sprachgruppen. Nicht weniger schwierig ist die Antwort auf die Frage, welche der steinzeitlichen Gefäßgruppen „germanisch" sein könnte. Ein Rückschluß aus der späteren Verteilung der Sprachgruppen könnte zur Meinung führen, daß die Tongefäße aus Megalithgräbern Norddeutschlands und Skandinaviens von Germanen gefertigt seien.

Galerie[]

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