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Crystal keditbookmarks Dieser Artikel wurde am 03. November 2020 als Spotlight vorgestellt.

Als Runen oder Runenschrift bezeichnet man die alten Schriftzeichen der Germanen. Der Sammelbegriff umfasst Zeichen unterschiedlicher Alphabete in zeitlich und regional abweichender Verwendung.

Runen können einerseits als Zeichen für jeweils einen Laut geschrieben werden (Alphabetschrift), andererseits als Zeichen stehen für die jeweiligen Begriffe, deren Namen sie tragen. Daneben können sie Zahlen darstellen oder als magisches Zeichen verwendet werden.

Abgesehen von einer kurzen Phase im hochmittelalterlichen Skandinavien wurde die Runenschrift nicht zur Alltagskommunikation verwendet und die Zeichenformen entwickelten sich nicht ausgerichtet auf eine flüssige Gebrauchsschriftlichkeit. [1]

Vorwort[]

Ein sehr ausführlicher Artikel, der mit dem Prädikat "Lesenswert" ausgezeichnet wurde, findet sich in der deutschsprachigen Wikipedia zu diesem Thema unter dem Stichwort: "Runen". Der hier folgende Artikel behandelt das Thema unter einigen anderen Schwerpunkten als jener oben genannte und stützt sich auf größtenteils ältere Literatur-Quellen.

Übersicht[]

Bei den Runenalphabeten unterscheidet man gängigerweise:

Nr. Wert Älteres
Futhark
Dt.
Runen
Ags.
Futhorc
1. F
2. U
3. TH
4. A ᚩ (O)
5. R
6. K
7. G
8. W
9. H
10. N ᚾ ᛅ
11. I
12. J 𐰵 ᚼ ᛄ
13. Ë/Ï ᛇ (ȝ)
14. P W
15. Z/R ᛉ (X)
16. S 𐰩
17. T
18. B
19. E
20. M
21. L ᚳ 𐰮 (?)
22. NG ..
23. D/DH ᛟ (O)
24. O ᛞ (D/DH) ᛟ (Oe/Ø)
25. A
26. Æ
27. Y/Ü
28. Io
29. Ea
30. Q
31. ᛣ ᛤ
32. ST
33.
Wert Jüng.
Futhark
Schw.
Runen
Dän.
Runen
F
U ᚢ 𐊓
TH
Ą/O ᚭ ᚮ ᚭ ᚮ ᚯ
R
K/G
H
N
I
A/Ae/E ᛆ 𐰮
S ᛋ 𐰇
T/D
B/P
M ߙ 𐌘 ᛘ
L
ʀ/Y
Nr. Wert Punkt.
Runen
Darl.
Runen
1. A ᛆ ᛅ
2. B 𐌁 𐌁
3. C ᛌ ᛍ ᛌ ᛍ
4. D ᛐ ᛑ ᛏ ᛐ ᛑ ᛏ
5. E ᛂ ᛰ
6. F ᚠ ᚡ ᚠ ᚡ
7. G ᚵ ᚵ
8. H ᚼ (Å)
9. I i
10. K
11. L ᛚ ᛛ ᛚ ᛛ
12. M ᛘ ᛙ ᛘ ᛙ
13. N ᚾ ᛀ
14. O/Ö/ON ᚮ ᚯ ᚰ
15. P ᛔ ᛕ
16. Q/K/NG ᚴ ᚶ ᛩ ᚴ ᚶ ᛩ
17. R
18. S ᛌ ᛍ ᛋ ᖼ ᛌ ᛁ
19. T ᛐ ᛏ
20. TH/DH ᚦ D ᚧ ᚦ D ᚧ
21. U/W ᚢ ᚥ ᚢ ᚥ
22. V ᚡ ᚢ ᚡ ᚢ
23. X
24. Y/Ü ᛦ ᚤ ᚣ ᛦ ᚤ ᚣ
25. ʀ ᛦ ᛧ ᛨ
26. Z/S ᛎ 𐌋 ᛍ ᛎ 𐌋
27. Æ ᛅ ᛆ
28. Ø/OE

Einleitung[]

Die Runenschriften, die sich auf Runensteinen (Grabdenkmälern) und Einzelgegenständen in Nordeuropa finden, überliefern u.a. die Sprache der nordischen Eisenzeit. Hierbei kann man die Inschriften grob in zwei große Hauptgruppen mit einem in mehreren Beziehungen verschiedenen Alphabet unterteilen:

  • das ältere Futhark (3.-7. Jhd.) aus der älteren und mittleren nordischen Eisenzeit.
  • das jüngere Futhark (7.-11. Jhd.) aus der jüngeren nordischen Eisenzeit

Gemeinsam ist den Inschriften in diesen beiden Runengattungen, dass sie selten viele Worte enthalten, und dass ihr Inhalt selten irgendeine bemerkenswerte historische Aufklärung gibt, indem sie uns meistens nur „den Namen eines Mannes, den niemand kennt, und als seine wichtigste Tat, dass er tot ist,“ erzählen. Trotz ihres meist dürftigen Inhalts gehören Runenschriften zu unschätzbaren Denkmälern für Sprach, Geschichts- und Altertumsforscher.

Sie reden in einer Sprache zu uns, die Jahrhunderte vor den ältesten Handschriften aus diesen Regionen liegt, und sie zeigen uns diese Sprache auf verschiedenen Entwicklungsstufen, die in einem engen inneren Zusammenhang stehen. Die Runenzeichen in den ältesten Inschriften lassen ihrerseits auch auf Kulturströmungen schließen, welche auf die Bevölkerung Nordeuropas in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt eingewirkt haben.

Erstes Auftreten und Herkunft[]

Zuerst begegnet man den Runen in einigen kurzen Inschriften von einem einzigen oder wenigen Worten, die sich über das Gebiet von der Nordküste des Schwarzen Meeres bis zur Südküste der Ostsee zerstreut vorfinden. Gleichzeitig oder nur wenig jünger als diese sind Inschriften, die man in Schleswig und auf Fühnen (die dänischen Moorfunde) gefunden hat, sowie einige vereinzelte Funde in Schweden (auf Gotland) und Norwegen. Die Inschriften sind in der Regel auf losen Gegenständen, wie Waffen, Spangen usw., angebracht, ausnahmsweise auf einer Steinplatte wie die Alphabetinschrift auf dem Stein von Kylfver auf Gotland.

Diese vereinzelt auftretenden Runeninschriften lassen sich am sichersten archäologisch datieren. Entsprechende Stücke zu den Gegenständen, auf denen sie angebracht sind, finden sich in ausreichender Menge und sind teilweise unter hinlänglich sicheren Umständen ans Licht gebracht, so dass Archäologen imstande sind, deren Alter zu bestimmen, und der Hauptsache nach sind sie sich über die relative Datierung einig.

Älteste Auftreten[]

Speerblatt von Kowel - Wolhynien

Das Speerblatt von Kowel aus Wolhynien (ca. 3. Jh.)

Die Meinungen über die absolute Datierung der ältesten Runen gehen auseinander. Die frühesten nordischen Runeninschriften ergaben die Moorfunde in Dänemark und Schleswig-Holstein. Die ältesten davon (Vimose und Thorsberg) setzten Archäologen bis spätestens ca. 250 und 300 n. Ch. an. Dabei gelten der Kamm von Vimose aus der Zeit um 160 n. Chr. und die Runenfibel von Meldorf (jedoch ungesichert) von ca. 50 n. Chr. als derzeit älteste Runeninschriften [2]. Die jüngeren Funde (z. B. aus Nydam und Kragehul) sind spätestens ca. 375 und 400 n. Chr. anzusetzen.

Die osteuropäischen Runeninschriften stammen aus derselben Zeit wie die ältesten Moorfunde und werden teilweise als die ältesten überhaupt gefundenen angesehen. Neuere Funde scheinen in der Hauptsache für die Richtigkeit dieser Zeitbestimmung zu sprechen. Die Runen treten somit bereits im 3. Jhd. in dem Gebiet zwischen dem Schwarzen Meer und der Ostsee auf, das von den Ostgermanen (Goten usw.) beherrscht wurde. Die merkwürdigsten Funde sind hier der große Goldring aus dem Schatz von Pietroasa in Rumänien, nördlich von Bukarest, sowie das Speerblatt von Kowel.

Auf nordgermanischem Gebiet ist von den Inschriften der Moorfunde die auf dem Ortband von Thorsberg in Schleswig die wichtigste. Unter den ältesten Inschriften muss auch die auf dem einen der mächtigen Goldhörner von Gallehus [3] in derselben Provinz erwähnt werden (um 425 n. Chr.).

Goldhorn von Gallehus by Paulli

Eines der Goldhörner von Gallehus (Joachim Richard Paullis, um 1734).

In Norwegen haben wir auf dem Runenstein von Einang in Valdres die älteste bekannte Inschrift auf einem errichteten Stein (aus dem 4. Jhd.) und in Schweden die Alphabetinschrift auf dem Runenstein von Kylfver auf Gotland (gegen 400). (Siehe auch: Runenzeugnisse der Nordgermanen).

In den skandinavischen Ländern hielt sich die Runenschrift so lange im allgemeinen Gebrauch, dass sie im Laufe der Zeit vielfältige Veränderungen erlebte und sich an verschiedenen stellen sehr verschieden entwickeln konnte. Siehe dazu auch: → das ältere Futhark.

Herkunft der Runen[]

Wenig wissenschaftliche Probleme hat man so oft und auf so ungleichen Wegen zu lösen gesucht wie die Herkunft der Runen. Einige Forscher sahen die Runenschrift für die ursprünglichste von allen Schriften und für älter als die Sintflut an. Andere leiteten sie von den semitischen, griechischen oder lateinischen Alphabeten her. Wieder andere sahen sie, wenn nicht für uralt, so doch zum mindesten für selbständig von den Germanen erfunden an.

Theorie nach L. Wimmer[]

Rune stone

Runenstein (Dänemark)

Einen Wendepunkt in der Forschung bildet die Arbeit von Ludvig Frands Adalbert Wimmer: „Die Runenschrift“ (1887), die zuerst dänisch unter dem Titel Runeskriftens oprindelse og udvikling i Norden 1874 herauskam. Hier zeigte Wimmer, dass die Runen von einem der südeuropäischen Alphabete herstammen müssen - einem griechischen oder italischen, da sie die gleichen Zeichen für a, e und o haben wie diese: allerdings sind a, e und o sind das Ergebnis einer griechischen Umdeutung der semitischen Gutturalzeichen.

Weiter wählten die Griechen unter 3 bis 4 S-Zeichen eines aus, das sich auch im Runenalphabet wieder findet. Wenn die Zeichen der südeuropäischen Alphabete von den Runenzeichen abweichen, so herrscht doch keine Übereinstimmung zwischen diesen und dem semitischen Alphabet. Wimmer zeigte weiterhin, dass man, wenn es darauf ankommt, den Ursprung der Runen festzustellen, von dem 24-typigen gemeingermanischen Runenalphabet (Älteres Futhark) ausgehen muss, und nicht von der 16-typigen Runenreihe (Jüngeres Futhark), wie es mehrere Forscher bis ins 20. Jhd. hinein getan haben.

Sodann versuchte Wimmer den Beweis zu führen, dass die Runen von den lateinischen Kapitalbuchstaben in den jüngeren Formen, die diese in der Kaiserzeit hatten, herstammen, da Übereinstimmung zwischen einigen Runen und den lat. Zeichen besonders deutlich ist.

Rune stone in lund kyrkogård

Runenstein in Lund Kyrkogård, Schweden

Andere Runen weichen mehr von den latenischen Vorbildern ab, allerdings nicht zufällig, sondern durch absichtliche Umbildung mit Rücksicht auf das Material (Holz), auf dem die Inschriften meistens angebracht wurden, und auch auf die Zeichen, die bereits geschaffen waren: man vermied horizontale und bogenförmige Linien, welche ganz oder teilweise mit den natürlichen Furchen des Holzes zusammengefallen wären.

Man zog vertikale und diagonale Linien vor und man versuchte dabei zu verhindern, dass zwei Zeichen in ihren Formen zusammenfielen. In der Regel gab man einem der Stäbe eine vertikale Richtung und normale Höhe, selbst wenn er einem lateinischen Schrägstab entstammte. So erklärte Wimmer viele der Runen, wobei die meisten Zeichen den gleichen Lautwert wie die lat. Prototypen haben.

  • Die Rune (Thurisaz) für þ (th) entstammt lat. D, obwohl der Lautwert etwas abweichend ist, da der germanischen Sprache die stimmhaften Explosivlaute fehlten.
  • Die Rune (Ehwaz) gibt das lat. E oder möglicherweise die seltenere Form II wieder.
  • Die Rune (Mannaz) ist eine Umbildung von lat. M, um dem Zusammenfall mit der Rune (Ehwaz) zu entgehen.
  • Die Runen (Laguz) für das lat. L und (Uruz) für das lat. V wurden umgestülpt, damit man sie leichter in Holz einritzen konnte.
  • Die Rune (Naudiz) wurde aus dem lat. N umgebildet, damit es nicht mit der Rune (Hagalaz) vermischt wurde.
  • Die Rune (Othala) auf Basis des lat. O hätte als Rune eigentlich zu werden müssen, wie das lat. C zu (Kenaz); wurde, jedoch wurde das lat. O in Hinblick auf die weitgehende Gleichheit mit der ng-Rune (Ingwaz) zu verändert.
  • Die Rune (Dagaz) entstand dadurch, dass man zwei gegeneinander gewendete lat. D's zusammenstellte.
  • Die Rune (Gebo) zum lat. G wurde auf analoge Weise zu (Dagaz) geschaffen, aus zwei mit dem Rücken gegeneinander gestellten C.
  • Die Rune (Jera) zu lat. J schuf man, indem man zwei C mit den Öffnungen gegen einander stellte.
  • Die Rune (Pertho) vom lat. P wurde zunächst zu , dass dann symmetrisch zu ausgebildet wurde.
  • Die Rune (Wunjo) stammt weder von lat. P, B oder V her, sondern wahrscheinlich vom lat. Q.
  • Die Rune (Algiz) stammt vom lat. Z. Sie erhielt auf dem Alphabet der Bügelfibel von Charnay die Form .
  • Die Rune (Eiwaz) stammt vermutlich von lat. Y und trägt den Lautwert eines ï- oder ë, möglicherweise auch ei.

Wimmer hielt es für wahrscheinlich, dass die Runen aus dem Süden — von Italien — herstammen, und dass sie zuerst im südlichen Deutschland in Gebrauch gewesen sind, auch wenn wir aus diesen Gegenden nicht so alte Inschriften haben wie aus Osteuropa und dem Norden. Möglicherweise vermittelten die Gallier den Germanen die Kenntnis der lateinischen Kapitalbuchstaben.

Schwierigkeiten dieser Theorie[]

L. Wimmers Beweisführung und Ergebnisse gewannen der Hauptsache nach so gut wie allgemein den Beifall der Philologen. Noch 1901 erklärte E. Sievers, dass Wimmer endgültig das Problem der Herkunft gelöst habe, und diese Meinung galt noch lange verschiedentlich weiter. Indessen erhoben sich in den nachfolgenden Jahrzehnten mehrere Stimmen gegen eine Reihe von Wimmers Ausführungen. Untereinander waren sich die Kritiker jedoch durchaus nicht einig über die Lösung, welche die von L. Wimmer ersetzen sollte. Einige, die der Hauptsache nach sich Wimmer anschlossen, aber seine gesuchteren Erklärungen wie die der D-Rune und G-Rune ablehnten, suchten den Ursprung dieser in germanischen Urrunen (so Losch und Meyer) oder in griechischen Zeichen des gallischen Alphabets (so von Grienberger).

Andere wieder nahmen überhaupt Abstand von Wimmer und suchten die Quelle der Runenschrift in einem epichorischen griechischen Alphabet (Hempl) oder mühten sich mit einem 16-typigen Uralphabet ab (Luft). Die verwickelten Herleitungen besonders der 8 Zeichen, deren Erklärung Wimmer in seiner Darstellung bis zuletzt aufschob, weckten die Zweifel der Fachleute und konnten nur als reine Verlegenheitsauswege angesehen werden. Andere Möglichkeiten, denen Wimmer keine hinlängliche Aufmerksamkeit schenkte, mussten, bevor zu den erwähnten Auswegen gegriffen wurde, einer eingehenden Durchforschung unterzogen werden:

  • 1. Die Möglichkeit, dass das Runenalphabet das Ergebnis der Zusammenarbeitung mehrerer Alphabete ist, vgl. das gotische Alphabet, bei dem allgemein eine solche Zusammenarbeitung angenommen wird, ja sogar in größerer Ausdehnung, als sie tatsächlich stattgehabt hat.
  • 2. Die Möglichkeit, dass eine andere Schreibart als die lapidare (die Kapitalbuchstaben) den Runen zugrunde liegt, ungeachtet dessen, dass diese selbst eine epigraphische Schriftart sind. Die Schrift des täglichen Lebens, die kursive, hatte in der antiken Welt eine unvergleichlich größere Ausbreitung und Anwendung als die lapidare oder literarische, und es ist daher von vornherein wahrscheinlich, dass die Germanen mit dieser am meisten in Berührung kommen mußten.

Bernhard Salin[]

L. Wimmer konnte keine bestimmte Antwort auf die Frage geben, auf welchem Wege die Runen zu den Germanen kamen. Dies glaubte dagegen Bernhard Salin zu können, der die Kultur der Völkerwanderungszeit und besonders ihre Ornamentik zum Gegenstand eines langjährigen Studiums machte. Nach ihm bildete sich eine eigentümliche germanische Kultur im 2. Jhd. n. Chr. am nördlichen und nordwestlichen Ufer des Schwarzen Meeres aus. Diese Kultur beruhte auf klassischen Vorbildern. Bereits um 200 war sie bis zum Südufer der Ostsee vorgedrungen und zeigte sich hier sowohl in Ostpreußen wie weiter westlich bis nach Schleswig hin. Auf den diesem Kulturstrom gehörenden Gegenständen traten die Runen zuerst auf.

Nach der Mitte des 4. Jhs. hörten die Verbindungen zwischen den Gegenden des Schwarzen Meeres und der Ostsee auf, und im nordwestlichen Deutschland erhielt die Kultur, von der hier die Rede ist, eine originelle Ausbildung. Hannover und die angrenzenden Gegenden bildeten den Mittelpunkt der Kultur, und von hier ging vor der Mitte des 5. Jhs. ein Strom übers Meer nach England und ein anderer nach Süden den Rhein entlang bis zu den Alpenländern und zum oberen Donaugebiet bis hinab nach Italien. Erst dieser vom nordwestlichen Deutschland ausgehende Kulturstrom machte die Runen unter den Franken, den svebischen Stämmen und den Burgundern bekannt. [4]

Otto von Friesen[]

Eine runologische Nachprüfung der Ergebnisse, zu denen B. Salin auf archäologischem Wege gekommen ist, nahm der Schwede Otto von Friesen vor. Er richtete seine Aufmerksamkeit besonders auf die Möglichkeiten, die Wimmer außer acht gelassen hatte. Das Ergebnis der Nachprüfung schien Salins Ansicht, dass die Runen zuerst bei den Goten am Schwarzen Meer entstanden seien, zu bekräftigen. Otto von Friesen hob hervor, dass die Runenschrift um 200 in der Kulturumwelt des Schwarzen Meeres entstand (vgl. das Alter der ersten Moorfunde), in der seit ca. 100 n. Chr. weströmische und oströmische, d. h. italische und griechische Bildung miteinander kämpften. Die griechische war uralt in dieser Gegend, die italische strahlte von den Standlagern und den italischen Kolonisten der römischen Provinz Dazien aus.

Sophus Bugge[]

Schon früher sprach der norwegische Philologe Sophus Bugge in einem Vortrag auf der 5. nordischen Philologenversammlung 1898 [5] die Ansicht aus, dass die Goten im südöstlichen Europa das erste germanische Volk waren, welches die Runen anwendete. Er schloss dies unter anderem daraus, dass mehrere der ältesten Inschriften gotisch sind, und dass bestimmte Runennamen wie das angelsächsische eolh von gotischen Formen (*ilx, *ilhs) ausgehen.

Er erklärte bestimmte Runen aus dem lateinischen Alphabet und andere aus dem griechischen. Nach Bugge kamen die Runen bei den Goten bald nach ihrem Zug nach Kleinasien im Jahre 267 in Gebrauch. Bugge ging bei seiner Erklärung der Zeichen wie Wimmer vom Lapidarstil aus. Außer den angeführten archäologischen und historischen Tatsachen wiesen auch runologische zum Schwarzen Meer: die Runennamen, die offenbar durch die griechischen Buchstabennamen veranlasst wurden, ebenso wie dies unmittelbar oder mittelbar bei den altslawischen Buchstabennamen der Fall war.

Für das Stabzeichen ng gab nach Brugges Ansicht das griechische, aber nicht das lateinische Alphabet eine Erklärung für dessen Vorkommen unter den Runen. Ebenso wie durch Wimmers Auseinandersetzung feststand, dass die f- und h-Runen vom lateinischen Alphabet ausgingen, so bezweifelte Brugge nicht, dass die Runennamen und das Zeichen für ng vom griechischen ausgingen. Bereits hieraus schloss er, dass sich in der Runenreihe sowohl lateinische wie griechische Zeichen finden.

Fazit[]

Es gibt insgesamt 24 Runen, ebenso wie es 24 griechische Lautzeichen gibt. Später - aber noch vor Wulfilas Zeit (um 311-383 n. Chr.) - wurden für das Gotische überflüssige oder weniger brauchbare Zeichen durch notwendige oder bequemere Zeichen aus dem lateinischen Alphabet ersetzt. Auch diese Reform, die vielleicht kurz nach der Aufnahme des griechischen Alphabets vorgenommen wurde, und die in abschließender Weise die Runenreihe als ein selbständiges Alphabet festsetzte, geht von kursiven Schrifttypen als Ursprung aus.

Der Umstand, dass man die Runenschrift schon am Ende des 2. Jhds. n. Chr. in so abgelegenen Gegenden wie Vimose (Dänemark) und Övre Stabu (Norwegen) in ihrer eigentümlichen Mischung von griechischen und lateinischen Buchstaben findet und ihre eigentümliche Stilisierung der Schriftzeichen vollständig ausgebildet sieht, spricht für eine sehr alte, vielleicht schon bei der ersten Anwendung der Schrift für die gotische Sprache durchgeführte Vermischung von griechischen und lateinischen Zeichen. 

Die möglicherweise notwendige Stilisierung der Zeichen begründet sich darin, dass sie lokal mit der sog. "Sgraffito" (Kratzputz)-Technik ausgeführt wurden. Die Runenschrift hat ihre Entstehung auf jeden Fall der gewaltigen Kulturarbeit zu verdanken, die dem Auftreten der Goten auf der welthistorischen Bühne vorausging... → Weiterlesen.

Galerie[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Wikipedia: Runen
  2. Wikipedia: Runen - Verbreitung (Version vom 03.09.2020)
  3. Artikel unter: Wikipedia: Goldhörner von Gallehus
  4. Salin, Bernhard. Altgermanische Tierornamentik (Internet Archive). Stockholm : K.L. Beckmans Buchdruckerei, in Kommission bei A. Asher, Berlin, 1904.
  5. s. Norges Indskr. Indledn. s. 82 u. 97

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