Mittelalter Wiki
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Als Jupitersäulen bezeichnet man bestimmte archäologische Denkmäler aus der Römischen Kaiserzeit. Besonders in der Mittelrheingegend, soweit sie zum römischen Reich gehörte, findet man zahlreiche Säulen, die ein Jupiterbild tragen, und zwar entweder A) eine Statue des thronenden oder stehenden Jupiter oder aber B) einen reitenden, kriegsgerüsteten Jupiter, der mitsamt seinem Pferd von einem schlangenfüßigen, knienden oder liegenden Giganten getragen wird (Jupiter-Giganten-Säule).

Beschreibung[]

Die Darstellung einer Statue des thronenden oder stehenden Jupiters ist erweisbar seit der Zeit Neros (37-68 n.Chr.), in der die gewaltige Jupitersäule von Mainz errichtet wurde, deren Sockel, Zwischensockel und Schaft ja mit Relieffiguren geschmückt sind. Die Säulen mit Jupiter und dem Giganten (Jupiter-Giganten-Säulen) erscheinen erst gegen Ende des 2. Jhds., sind teils ohne weiteren Figurenschmuck, teils am Untersockel mit 3 oder 4 Reliefbildern, am häufigsten dem vom Juno, Merkur, Herkules und Minerva in dieser Reihenfolge, am Zwischensockel öfters mit den Wochengöttern oder auch beliebigen Gottheiten, am Kapitell mit 4 kleinen Köpfen oder Büsten geschmückt.

Jupiter-Giganten-Säulen[]

Besonders die Jupitergigantensäulen, mit einem reitenden, kriegsgerüsteten Jupiter und dem knienden oder liegenden Giganten, beschränken sich, abgesehen von verhältnismäßig wenigen, bis tief nach Frankreich hinein versprengten Stücken, auf die römischen Germanen des Mittelrheins und die Trevirer. Das veranlaßte den deutschen Archäologen Felix Hettner (1851-1902) an keltisch-germanische Religionsvorstellungen zu denken, für keltischen Boden an die Darstellung des Donnergottes Taranus, für germanischen an die des entsprechenden germanischen Gottes Donar.

Wenn man jedoch Tacitus (Germ. 28): "Die Treverer und Nervier sind in Behauptung ihres germanischen Ursprungs recht eitel, als wenn sie sich durch solchen Blutesruhm von der Ähnlichkeit der Gallier und deren Erbärmlichkeit absondern würden." [1] und Walahfrid Strabo (3, 194) Glauben schenkt, daß die Treverer ursprünglich Germanen seien, und bedenkt, daß bei den zuerst einigermaßen keltisierten, dann romanisierten Germanen gerade Religionsvorstellungen sich besonders zäh erhielten, so kann man von spezifisch südwestgermanischen Vorstellungen sprechen, wobei man diese Bezeichnung im Gegensatz zu den Nordwestgermanen des Unterrheingebietes gebraucht, bei denen sich auch sonst bemerkenswerte Unterschiede gegenüber den religiösen Darstellungen im mittelrheinischen Gebiet finden.

Bedeutung als Himmelssäule[]

Jupitersäule Saalburg Bad Homburg

Rekonstruierte Jupitersäule südlich der Saalburg bei Homburg.

Auch im Kult der Germanen des Frühmittelalters finden sich Säulen, vor allem die Irminsäule. Und von diesen ist in der Translatio S. Alexandri auctoribus Ruodolfo et Meginharto (C. 3) [2] aus der Zeit von 850 bis 865 die Beschreibung überliefert als "Weltsäule, die gleichsam das All trägt".

Jene Jupitergigantensäulen haben nun zuoberst einen recht unrömischen Jupiter, der in scharfer Gangart reitet, einmal mit Speer bewaffnet ist und wiederholt das Sonnenrad führt. Diese Darstellung entspricht eher einem germanischen Himmelsgott aus dem Fundgebiet, der von einem unrömischen, meist fratzenhaften, oft bärtigen Giganten als Erddämon getragen wird, der mit der herausgedrückten Brust eines Lastträgers dargestellt wird. Es ist also eine symbolische Darstellung des Himmels, getragen von der Erde, in romanisierten Symbolen, aber mit allerlei Besonderheiten.

Kosmologie[]

Wenn nun eine Weltsäule von römischer Steinmetzkunst dargestellt werden soll, kann sie nicht besser geschmückt werden als durch Bilder, die den ewigen Kreislauf der Zeiten versinnbildlichen. Und genau das wollen die Bilder der 7 Planetengötter oder Wochengötter zeigen, genau wie die Bilder der Tageszeitengenien, die, zwar klein am Kapitell dargestellt und oft zur Unkenntlichkeit verstümmelt, doch keinen Zweifel an ihrer Deutung lassen, wenn man eine Reihe dieser Kapitelle mustert; leicht kenntlich an ihrem Schleiertuch bleibt meist die Nox.

Eine Statistik der Bilder am Hauptsockel zeigt, daß auch hier zwar manchmal, so wie des öftern am Zwischensockel, beliebige Gottheiten dargestellt werden, daß aber die genannten 4 Gottheiten, Juno, Merkur, Herkules, Minerva, so häufig erscheinen und in so wandelloser Reihenfolge, daß an ein kosmisches Prinzip gedacht werden muß. Diese Reihenfolge bleibt selbst dann bestehen, wenn für eine der Gottheiten eine andere eintritt, wie manchmal für Merkur ein Apoll, ein Jupiter mit Sonnenrad oder ein Mars mit demselben Attribut. Man kann hier nur an eine aus germanischen Vorstellungen heraus gegebene Darstellung von Jahreszeitengöttern denken:

  • Juno, die hier manchmal schwebend, am Himmel hinfliegend, als Lichtbringerin mit Fackel dargestellt ist, und mit der nach gewissen Anzeichen die Reihe beginnt, muß eine germanische Himmelsgöttin und Vertreterin der Jahreszeit des aufsteigenden Lichts sein.
  • Apoll oder Jupiter oder Mars mit Sonnenrad ist Vertreter der Zeit der hochstehenden Sonne.
  • Herkules, der so oft als Übertragung Donars, des Gottes der Fruchtbarkeit, erscheint, Vertreter der Herbstzeit.
  • Minerva als Göttin des Spinnens und Webens - vgl. die mit Unrecht angezweifelte schneebringende Holda - ist die Vertreterin der Winterzeit.

Wenn am häufigsten Merkur die Zeit der hochstehenden Sonne repräsentiert, so ist das daraus zu erklären, daß Wodan-Merkur in diesen Gegenden im Begriff ist, eine der Stellung des Himmelsgottes angenäherte Bedeutung zu erlangen, die er am Niederrhein etwas früher schon bekommen hat. Eine Bestätigung dieser ganzen Erklärung geben die besonders rechtsrheinisch nicht seltenen Dreigöttersteine, die Herkules und Minerva meist festhalten, statt der beiden ersten Gottheiten aber nur eine geben.

Haben ja doch die freien Westgermanen nach Tacitus (Germ. 26) nur 3 Jahreszeiten (hiems, ver, aestas), wobei das letzte Wort als Bezeichnung der Erntezeit im weitesten Sinn anzusehen ist; der Herbst im römischen und zugleich modernen Sinn fehlt naturgemäß. Bei Herkules als Vertreter des zweiten Jahresdrittels einerseits, des dritten Jahresviertels andrerseits infolge der Aufnahme der römischen 4 Jahreszeiten durch die Germanen des Imperiums erfolgte genau dieselbe Verschiebung, die das deutsche Wort Herbst erfuhr, das ursprünglich die Ernte bezeichnet.

Säule von Mülfort[]

Eine dritte Art der Jupitersäulen wird durch die Säule von Mülfort bei München-Gladbach im niederrheinischen Gebiet repräsentiert. Diese hat am Säulenschaft, von oben nach unten aufgeführt, die Reliefbilder von Juno, Minerva und Herkules. Auf der Säule steht Jupiter neben einem liegenden, den Oberleib aufrichtenden Giganten (leider ist nur der untere Teil der Gruppe erhalten).

Diese Gruppe kann ergänzt werden nach dem Relief von Merkenich (Landkreis Köln)[3], so daß Jupiter dem zu ihm aufschauenden Giganten seine Hand aufs Haupt legt. Hier ist derselbe Grundgedanke in anderer Fassung - der Himmel gestützt auf die Erde - dargestellt. Die Reliefs an der Säule mit teilweise denselben Gottheiten finden sich auch an den Schäften einfacher Jupitersäulen; es sollen hier ohne bestimmte Ordnung, jedoch die Himmelsgöttin wie auf der großen Mainzer Säule zuoberst, die Hauptgötter des Dedikanten dargestellt werden.

Jupiter-Deutung[]

Der Jupiter oben auf der Säule kann in den rheinisch-germanischen Gegenden für diese Zeit nur Ziu sein, dem auch die Irminsäulen geweiht gewesen zu sein scheinen. Und wenn die Jupitersäulen mit thronendem oder stehendem Gott zuoberst eine weitere Verbreitung zu haben scheinen als die Jupiter-Giganten-Säulen, so erklärt sich das daraus, daß jene Art Säulen, wenn auch aus germanischer Vorstellung heraus geschaffen und unter den Germanen, auch den niederrheinischen, bei dem allgemein germanischen Säulenkult besonders verbreitet, der äußeren Erscheinung nach auch für den Römer oder den romanisierten, nichtgermanischen Provinzialen nichts Unrömisches an sich hatten. Wie sich der Entstehung nach die zwei Typen der Jupitergigantengruppe zueinander verhalten, kann nach den vereinzelten Funden noch nicht gesagt werden.

Galerie[]

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Tacitus, De origine et situ Germanorum (Germania). Übersetzung "Die Germania des Tacitus". Anton Baumstark: Freiburg 1876. Digitalisat auf Wikisource.
  2. Translatio S. Alexandri auctoribus Ruodolfo et Meginharto Fuldensibus (Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters). Rudolfus monachus Fuldensis. Repertorium Fontium 10, 225. Hannover, Niedersächs. Landesbibl., Mss. I 186 saec.ix.
  3. Bonner Jahrbücher (1899) (Internet Archive). Rheinisches Landesmuseum in Bonn. Verlag Butzon & BerckerAusgabe 104, S. 62 ff.
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