Mittelalter Wiki
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Die Epoche der Ottonischen Malerei (919-1024) folgte auf die Zeit der Karolingischen Malerei (8.-10. Jh.). Zu Beginn der Ottonenzeit entstand zuerst in der Schule des Klosters Reichenau ein neuer, kräftiger und weithin wirkender Stil der Malerei.

Beschreibung[]

Reichenauer Malschule[]

Die Reichenauer Malschule orientierte sich im 9. Jh. wahrscheinlich an der Tradition der Adagruppe, die die Karolingische Malerei maßgeblich prägte. Darauf lassen eine Reihe von Handschriften schließen, die dem weiteren Kreis der Adagruppe angehören und möglicherweise Reichenauer Produkte sind. Daneben aber übernahmt die Reichenauer Schule vom benachbarten Kloster St. Gallen alle wesentlichen Teile seines reichen Schatzes an dekorativen Formen und bildet sie im Verlauf des 10. Jhs. zu einer Ornamentik aus, auf der die gesamte Weiterentwicklung beruht.

Kurz nach Mitte des 10. Jhs. entstanden auf Bestellung mehrere gefertigte Prachthandschriften, deren Bilder deutlich die Traditionen der Adagruppe erkennen lassen:

  • der Gero-Codex für Erzbischof Gero von Köln (900-976)
  • der Egbert-Psalter für Bischof Egbert von Trier (um 950-993) (Cividale, Museo Archeologico Nazionale, Cod. 136).

Aber neben dieser im ganzen retrospektiven Richtung, die mit vielen Fäden an die Vergangenheit geknüpft ist, gehen innerhalb der Schule andere einher. Für denselben Egbert von Trier stellten die Mönche Kerald und Heribert im Kloster Reichenau ein Evangeliar her,

  • den Codex Egberti (Stadtbibliothek Trier, Nr. 24), der in 51 Gemälden das Leben Jesu schildert.

Diese zeigten in jeder Hinsicht einen völlig neuen Stil. Plötzlich wurde über alles hinaus, was von der Karolingischen Malerei durch Einzeldenkmäler oder Schultradition der Zeit an Formenvorrat und Anregungen übermittelt wurde, auf frühchristliche Denkmäler der Buchillustration direkt zurückgegriffen. Diese Richtung war stark genug, die gesamte Malschule in andere Bahnen zu lenken; in wenigen Jahren bildet diese durch einen Synkretismus von karolingischer Tradition und dem neuen Vorbild einen in feste Schulformen gefaßten Stil für das Figurenbild aus, der sich in bestimmten Gegensatz zur bisherigen Malerei stellt und sich erst gegen Mitte des 11. Jhs. allmählich auflöste. (Bild)

Durch die Ottonen begünstigt, die im Kloster Reichenau ihre zu Geschenken bestimmten Prachthandschriften herstellen ließen, und auch sonst vielfach auf auswärtige Bestellung arbeitend, gewann die Schule die größte Bedeutung und bestimmte bald die ganze Buchmalerei der Zeit. Sogar im weit entfernten Minden entstand unter Bischof Sigebert von Minden (1022-1036) eine Schule, die ein provinzieller Ableger der Reichenauer Hauptschule war. [1]

Regensburg[]

Die Schule von Regensburg im Kloster Sankt Emmeram ist ein gutes Beispiel für den überraschenden kulturellen Aufschwung in den östlichen Teilen des Heiligen Römischen Reiches, wo sich die Buchmalerei von der bisher üblichen dürftigen Verwendung von kleinen Initialen hin zum reichen Handschriftenschmuck entwickelte.

Uta-Codex, BSB Clm 13601, folio 1v

Uta-Codex (BSB Clm 13601), folio 1v: Die Hand Gottes

So wurde unter Abt Ramwod (975-1001) eine der karolingischen Prachthandschriften der sog. Schule von Corbie, der Codex aureus von St. Emmeram (Clm 14000), der sich im Besitz des Klosters befand, restauriert und mit einem neuen Dedikationsbild versehen. Man begnügte sich dabei nicht damit, dem Stil der alten Handschrift so nahe wie möglich zu kommen, sondern übernahm aus der reichen Ornamentik der Handschrift eine Fülle von Motiven, die man in eigenen neuen Produktionen verwendete.

Daneben aber kann man auch in anderen Erzeugnissen der Regensburger Schule den Einfluß von dekorativen und figuralen Elementen der Reichenauer Malschule verfolgen.

Fast gleichzeitig (zwischen 1002 und 1025) entstand das Evangeliar der Äbtissin Uta von Niedermünster für das Stift Niedermünster (Regensburg), der Uta-Codex (Clm 13601), der in den dekorativen Prinzipien wie im Figurenstil und dem Verhältnis der Bildform zum Illustrationsinhalt als ganz eigenes Produkt und als Vorläufer der späteren allegorischen Zyklen des 12. Jhs. erscheint. [2]

Sachsen[]

Die sächsische Buchmalerei des 10. Jhs. steht unter starkem und unmittelbarem Einfluss der franko-sächsischen Schule. In frühottonischer Zeit machen sich jedoch selbständige Bestrebungen bemerkbar. In diesem Kreis wurden zuerst die Muster von Prachtstoffen zur Belebung der purpurnen Gründe von Zierseiten verwendet, und auch die Ornamentik schlägt andere Bahnen ein. Es ist möglich, daß der Denkmälerkreis (darunter die Evangeliare in Quedlinburg, Wernigerode und Wolfenbüttel), für den ein Schulmittelpunkt nicht festgestellt ist, nicht ohne Bedeutung für die großen ottonischen Schulen der Rhein gegend gewesen ist; in Sachsen erloschen diese Ansätze zu regerer Tätigkeit jedoch bald. [3]

Hildesheim[]

Kostbares Bernwardevangeliar, Hildesheim DS18 fol

Kostbares Bernwardevangeliar, um 1050 (Hildesheim DS 18, fol. 18r)

In Hildesheim wurde unter Bischof Bernward († 1022) noch einmal ein Versuch gemacht, den westlichen Schulen ebenbürtige Erzeugnisse hervorzubringen. Aber es fehlte an einer festen Tradition, an die man hätte anknüpfen können.

Neben dem von Guntbald um 1011 vollendeten Bernwardpsalter [4], das in Typen und Stil wieder auf eine Vorlage aus dem Kreis der Adagruppe zurückgeht, stehen andere Handschriften, wie vor allem das bilderreiche sog. Kostbare Bernwardevangeliar [5], in denen sich allerlei Einflüsse mischen. [6]

Trier[]

Eine einzige Schule dieser Zeit kann sich mit der aus dem Kloster Reichenau an Bedeutung und Umfang ihrer Tätigkeit messen: die „Malschule von Trier“, deren Schöpfer vermutlich Erzbischof Egbert von Trier (977-993) ist, der den Egbert-Psalter (Cividale, Museo Archeologico Nazionale, Cod. 136) und den Codex Egberti (Stadtbibliothek Trier, Nr. 24) in Reichenau bestellte. Die Werke, die hier entstanden, zerfallen in zwei Gruppen, von denen die eine, kleinere, aus der Abtei St. Maximin hervorgegangen zu sein scheint (Meister des Registrum Gregorii).

Registrum Gregorii, Otto II. (HRR), Trier Stadtbibl., Hs

Registrum Gregorii: Die Nationen huldigen Kaiser Otto II. (HRR)

Ihre Hauptwerke sind das Registrum Gregorii (Trier, Stadtbibliothek, Hs. 171/1626), zu dem das Einzelblatt mit dem thronenden Otto in Chantilly gehört, und das sog. Evangeliar der Sainte Chapelle (Paris, Bibl. nat. lat. 8851), Werke von einer Reife und Schönheit, wie sie die Reichenauer Malschule kaum hervorgebracht hat.

Echternach[]

Die zweite Gruppe ist die die Echternacher Malschule, eine Fortsetzung der Trierer Meister. Diese Schule hatte nicht in Trier selbst, sondern in der benachbarten Abtei Echternach mit der Basilika St. Willibrord ihren Sitz. Ihr gehören Prachthandschriften an, wie z.B. der Codex aureus Epternacensis (das Evangeliar von Echternach), das Evangeliar Heinrichs III. (Codex Caesareus Upsaliensis, KA 23, UB Bremen) und das Speyerer Evangeliar des Klosters Escorial, Spanien.

Ihre zahlreichen Werke beweisen, dass sie im Laufe des 11. Jhs. die Reichenauer Malschule, der bis dahin die Gunst der Herrscher gehörte, völlig verdrängte. Einiges von ihrem stark schematischen Stil wurde von den fämischen und nordfranzösischen Schulen des 11. und 12. Jhs. übernommen. [7]

Köln[]

Hitda-Evangeliar, Schwiegermutter Petri, Darmstadt Ms.1640, f

Hitda-Evangeliar (Darmstadt, Hs. 1640), um 1020

Von der Trierer Malschule abhängig sind Handschriften, die um das Jahr 1000 in Köln entstanden, nachdem Erzbischof Gero von Köln (969-976) zu Geschenken bestimmte Werke aus der Reichenauer Malschule bezogen hatte.

In einer anderen Gruppe von Kölner Handschriften, z. B. einem Sakramentar von St. Gereon (Paris, Bibl. nat. lat. 817) und einem von der Äbtissin Hitda dem westfälischen Kloster Meschede geschenkten Hitda-Evangeliar (Darmstadt, Hs. 1640), tritt dagegen deutlich ein neues, für die Weiterentwicklung bedeutungsvolles Stilelement in starken byzantinischen Einflüssen auf, hier scheinbar isoliert und, soweit bekannt, ohne nachhaltige Wirkung.

Galerie[]

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Reichenauer Malerei und Ornamentik im Übergang von der karolingischen zur ottonischen Zeit (RI OPAC). Swarzenski, Georg. (1903) - In: Repertorium für Kunstwissenschaft Bd. 26 (1903) S. 389-428
  2. Georg Swarzenski: Die Regensburger Buchmalerei des X. und XI. Jahrhunderts. Studien zur Geschichte der deutschen Malerei des frühen Mittelalters. (Denkmäler der süddeutschen Malerei des frühen Mittelalters 1). Leipzig 1901.
  3. Die mittelalterliche Kunst von Arthur Haseloff. In: Meisterwerke der Kunst aus Sachsen und Thüringen (Open Library). Hrsg. Dr.Oscar Doering. Magdeburg (1904), S. 87.
  4. Digitalisat des Bernwardpsalters (Hildesheim, Dom-Museum, DS 19, DS 33) in der Wolfenbütteler Digitale Bibliothek (WDB)
  5. Kostbares Bernwardevangeliar (Hildesheim Dommuseum, Domschatz, Inventar-Nr. DS 18), Bischof Bernward von Hildesheim, im Bildarchiv Foto Marburg
  6. Neue Studien zur Evangelienhandschrift nr. 18 ("des Hl. Bernward Evangelienbuch") im Domschatze zu Hildesheim (Internet Archive); Beiträge zur Geschichte der Buchmalerei im frühen Mittelalter. H. H. Josten. Strassburg : J.H.E. Heitz, 1909. S. 110.
  7. E. Braun, Beiträge zur Geschichte der Trierer Buchmalerei (Westdeutsche Zeitschrift Ergh. IX 1896). Sauerland und Haseloff aaO.
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