Mittelalter Wiki
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Crystal keditbookmarks Dieser Artikel wurde am 16. Juni 2015 als Spotlight vorgestellt.

An Brettspielen bzw. Zabelspielen (nach lat. tabula) kennt man aus der Ritterzeit z.B. Damenspiel und Trictrac (wurf-zabel), sowie ein nicht näher bekannten Spiel namens míle. Diese Spiele können durchaus auch älter sein als das Mittelalter.

Beschreibung[]

Die Erfindung der Brettspiele fällt, wenn auch die jetzigen Arten mehr der neueren Zeit angehören, in die frühesten Perioden zurück; allerdings finden sich bereits bei den Römern ähnliche Spiele wie heutzutage. [1] Sprachforschung und Bodenfunde legen nahe, dass die Brettspiele sich in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten von den Römern zu den Germanen verbreiteten, noch ehe die Angelsachsen ihre kontinentale Heimat verlassen hatten. Dazu paßt die Tatsache, dass auf germanischen Boden römische Spielsteine gefunden wurden, die schon innerhalb der sog. römischen Periode (1.-3. Jhd. n. Chr.) ins Land gekommen sein müssen, meist wohl als Luxusartikel importiert.

Etymologie[]

Das geht ahd. zabal (mhd. zabel) n. auf lat. tabula - 'Spielbrett' zurück, sowie ae. tæf(e)l f. - 'Spielbrett, Brettspiel', aisl. taft n. 'Brettspiel'. Dazu gehören die Verba mhd. zabel(e)n, ae. teflan, tæfl(i)an, aisl. tefla 'zabeln'. Das 'Spielbrett' heißt außerdem spätahd. und mhd. zabel-bret n., aisl. tafl-borð n., das 'Brettspiel' mhd. zabel-spil n. Die Termini für 'Spielstein' sind spätahd. und mhd. zabel-stein, und für 'Brettspieler’ spätahd. und mdh. zabelære.

Material[]

Knochenspielstein, Björkö Kulturgeschichte00mont Abb

Wikingerzeitlicher Spielstein (Björkö, Schweden)

Das Material, aus dem die in Schweden, Dänemark, Deutschland und England nachgewiesenen Brettsteine hergestellt sind, ist meist Glas, ein- oder mehrfarbig, selten Millefioriglas, oder auch Bernstein, Knochen und Stein. Sie zeigen meist dieselbe Form: sind rund, unten flach, oben leicht gewölbt. Zu einem Spiel gehörten Steinchen zweierlei Farbe (wie bei dem Damenspiel): ein Bronzeeimer aus dem Hemmoor (Nord-Hannover) enthielt vier weiße und vier schwarze, ein anderer ebenfalls Bruchstücke von weißen und schwarzen.

Reste mehrerer hölzerner Spielbretter, die aus dem Vimoor auf Fünen gehoben wurden, zeigen, dass diese in Form und Größe den heutigen Damenspielbrettern glichen. Die Tafeln sind für verschiedene Spiele eingerichtet gewesen, denn sie haben auf der einen Seite quadratische, 2-2,5 cm große Felder, auf der anderen größere und kleinere Kreise und Halbkreise rings um den Rand, während die Mitte leer ist. Über den Charakter der Spiele dieser frühen Epoche wissen wir nichts.

Besonders aus Nordeuropa ist überliefert, dass Spielsteine zudem gern in kostbaren Lederbeuteln aufbewahrt wurden, mit Goldringen an den Zugbändern, während das eigentliche Spielbrett mit einem Ring versehen war, damit man es an die Wand hängen konnte.

Als Spiel des Adels[]

Dass im beginnenden Frühmittelalter Fürsten und Adlige ihre Mußestunden mit dem Brettspiel verkürzten, davon zeugt die sog. Fredegar Chronik (IV 27). Sie berichtet wie Protadius, der Hausmeier des Frankenkönigs Theoderichs II. (587-613) von Burgund, im Jahre 604/605 erschlagen wurde, als er im Zelte des Königs mit dem Leibarzt Petrus zabelte. [2] Auch Kaiser Otto der Große (912-973) liebte das Brettspiel als Erholung neben Jagd und Reitkunst, wie Widukind von Corvey in seiner "Res gestae Saxonicae" (II 36). [3] Aus dem selben Jahrhundert berichtet Ekkehard IV. von St. Gallen (um 980-1057) in seiner Fortsetzung der Klosterchronik Casus Sancti Galli wie die beiden aufständischen Herzöge Eberhard von Franken (um 885-939) und Giselbert von Lothringen (um 890-939) in ein Brettspiel vertieft auf dem rechten Rheinufer geblieben waren, nachdem ihre Truppen schon übergesetzt hatten. [4]

Frauen und Brettspiel[]

Auch Frauen schätzten die Unterhaltung des Brettspiels, wie bereits Gregor von Tours (538-594) in der "Historia Francorum" (X 16) überliefert. So entschuldigte sich die Äbtissin Agnes von Poitiers († 588), als sie wegen des Brettspiels angeklagt wurde, sie habe schon mit der heiligen Radegunde gespielt. [5].

Arten[]

Das "Damenziehen" und andere Brettspielformen werden in den meisten Quellen nicht ausführlicher genannt genannt. Das sehr magere Material gibt zudem keinen Aufschluß, in welchem Umfang und mit welchen Modifikationen einzelne römische Brettspiele von den Germanen übernommen wurden.

Schachspiel[]

King Defended by CGP Grey 2006-10-08

Schachspiel

Das Schachspiel dagegen kam erst zum Ende des ersten Jahrtausends nach Europa; der im 11. Jh. gedichtete lateinische Versepos Ruodlieb kennt es. Naturgemäß wurde das orientalische Spiel von den Kreuzzügen an in Europa verbreiteter, in Deutschland wohl besonders seit dem 2. Kreuzzug (1147–1149).

Es wurde das eigentliche Spiel der vornehmen Gesellschaft; für seine Beliebtheit zeugt nicht bloß die spätmittelalterliche allegorische Schachliteratur, sondern noch mehr die häufige bildliche Verwendung in der Literatur, wovon das Wort matt bis heute ein Zeuge geblieben ist.

Wurfzabel[]

Unter den verschiedenen Spielen erfreute sich der "Wurfzabel" - eine Art Backgammon, auch "Puffspiel" oder "Tricktrack" genannt, besonderer Beliebtheit (me. gamen of des and of tables). Der Terminus für "Puffspiel", ahd. wurf-zabal n., mhd. wurf-zabel, wurde von den Glossatoren überliefert. Insgesamt war es dem römischen "ludus duodecim scriptorum" (dem "Zwölf Linien-Spiel") sehr ähnlich.

Auf große Beliebtheit deuten auch die Worte des Spruchdichters im Exeter-Buch hin, der sicherlich nicht nur an ein einfaches Glücksspiel dachte, als er schrieb: "Sie beide (die Brüder) sollen um das Spielbrett sitzen, währenddessen ihnen ihr Kummer schwindet; (sollen) die harten Geschicke vergessen, ihre Lust haben auf dem Brett: die träge Hand des Brettspielers ist lange müßig genug, wenn er würfelt." (Denkspr., V. 182-85).

Nordeuropa[]

Dass sich auch die Menschen in Nordeuropa dem Brettspiel als Zeitvertreib widmeten, darauf deuten viele Funde von Spielsteinen und Spielbrettern hin. Ihre Geschichte und die Dichtung der Wikingerzeit, besonders aber die nachklassische Volksliteratur wimmelt von Brettspiel-Motiven: So weilen im "Hrafnsmal" (dem Spruch des Raben) über den norwegischen König Harald Schönhaar um das Jahr 872 die Helden in der Halle am Brettspieltisch, die Liebenden im Frauengemach (Folkeviser).

In der "Harðar saga ok Hólmverja" (Saga von den Inselverteidigern) beschäftigt sich das Gesinde im Stall mit Brettspielen. In der "Vápnfirðinga saga" (Saga von den Leuten des Vápnafjord) vergißt der Kranke über dem Brettspiel seine traurigen Gedanken, der Kämpe holt das goldene Spielbrett von den Riesen wieder, usw. Auf Island nahm die Gesetzgebung der freistaatlichen Zeit Veranlassung, Brettspiel und Würfeln um Einsätze (s. Würfelspiel) zu verbieten (Grg. II 169), ebenso wie auch der norwegische Verfasser des Königsspiegels streng davor warnt. Doch kann die Zahl und noch weniger die genaue Beschaffenheit der Brettspielarten der Wikingerzeit (ca. 793-1066) kaum genau angegeben werden.

Hnefatafl[]

Spielstein König, Björkö Kulturgeschichte00mont Abb

Glasspielsteine der Wikingerzeit (Björkö, Schweden)

Während der Wikingerzeit (ca. 793-1066) wird das Hnefatafl (bzw. hneftafl, hnettafl) sehr häufig als Brettspiel in Nordeuropa erwähnt. Bekannt ist es vor allem aus den Rätseln der "Hervarar saga" und dem isländischen Fund von Baldrsheima.

Es wurde auf quadratischen Feldern gespielt mit halbkugelförmigen Glas- oder Knochensteinen, 12 gegen 13, die eine Partei weiß, die andere dunkel. Das Spiel drehte sich um eine Hauptfigur (hnefi), die der dunklen Partei gehörte; die Züge wurden durch Würfeln bestimmt. Möglicherweise ist das Brettspiel des Fundes aus dem Moor von Vimose (Dänemark) hiermit identisch, obwohl dessen Brett mindestens 18 Felder auf der einzigen bewahrten Ecke trägt.

Itrekstafl[]

Das sog. Itrekstafl ist nur aus der "Hervarar saga" bekannt und wurde mit 16 (oder 32?) Steinen gespielt. Die Königssteine wurden Itrekr (ein Odinsname) und Andaðr (ein Riesenname) genannt. Möglicherweise ist handelt es sich bei diesem Spiel um eine poetische Verkleidung für das Schachspiel.

Britische Inseln[]

Die Kunst des Brettspiels war auf den Britischen Inseln hochgeschätzt: altenglische Dichter nennen sie ein Geschenk Gottes; 'Der Menschen Geschicke' V. 70 f.: "... sumum tæfle cræeft, bléobordes gebregd;..." (BdaP. 3, 150). D.h. "Manchem (verleiht der Herr) die Kunst des Brettspiels, des Buntbretts Listen." In einem anderen Vers heißt es: "Mancher ist gewandt im Brettspiel."

Neben zweifarbigen Spielsteinen aus Glas, von denen Exemplare im Anglo-Saxon Room (Room 41) des Britischen Museums zu sehen sind, fanden sich auf den britischen Inseln noch zwei weitere Typen, die ganz eigene interessante Formen zeigen (beide ebenfalls im Britischen Museum befindlich). Der eine Satz Spielsteine besteht aus 63 Stück und wurde auf dem King's Field in Faversham (Kent) gefunden. Er datiert aus dem Anfang des 7. Jhds. (Bild): es sind Pferdezähne, deren Spitzen abgeschliffen sind, zwei darunter unbearbeitet (s. Reproduktion).

Die zweite Gruppe (Bild), gleichen Alters wie die vorige, legt Zeugnis ab für eine schon recht vorgeschrittene Herstellungstechnik; die aneinander gefügten Teile aus Knochen werden durch einen Silberstift zusammengehalten (s. Reproduktion); Fundort ist der Grabhügel in Taplow in Buckinghamshire. [6] Das Spielbrett wird mit poetischer Umschreibung wegen der bunten Felder passend ags. bléo-bord n. 'tabula colorata' genannt.

Galerie[]

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Hefner-Alteneck, Trachten, Kunstwerke. aaO. Bd. II, S. 13, Tafel 98
  2. MGH. Scriptores rerum Merovingicarum II (SS rer. Merov. II) 131, 31 f.
  3. Monumenta Germaniae Scriptores (MGS). III 448, I f.
  4. Casuum S. Galli continuatio (Fortsetzung der St. Galler Klostergeschichten). Ekkehard IV. von St. Gallen, um 1000-1057. In "Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters"; BSB
  5. MGH: Scriptores rerum Merovingicarum I. (SS rer. Merov. I). 428, 5ff.
  6. Victoria History of the Counties of Engl., Buckinghamshire I 203

Videos[]

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