Mittelalter Wiki
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Die Spuren einer höheren Pflege der Musik durch Musikinstrumente lassen sich bei den Germanen, bzw. in den später von ihnen besiedelten Ländern bis in die neolithischen Zeiten hinein verfolgen. Die Ausgrabungen lieferten dafür überraschend reiches Material, weit zahlreicher, als in anderen Gegenden der Erde.

Beschreibung[]

Besonders in den Ländern an der Ostsee (Südschweden, Dänemark, Schleswig-Holstein und Mecklenburg), der Landstrich von Mecklenburg und der Eibmündung westlich und südlich herunter bis zum Rhein und der Donau und sodann die Lande an der Donau bis nach Ungarn hinein wurden zahlreiche Bodenfunde von Musikinstrumenten gehoben.

Im allgemeinen kann man an der Hand der bisherigen Ausgrabungsfunde sagen, daß in den nördlichen Gegenden des ganzen Fundgebietes, also an der Ostsee, vor allem bronzene und goldene Blasinstrumente, im mitteldeutschen Gebiet (Sachsen, Hannover, Thüringen, besonders in der mittleren Saalegegend) tönerne Schlaginstrumente und in Süddeutschland (besonders Schwarzwald) und an der Donau hölzerne Saiteninstrumente vorzugsweise im Gebrauch gewesen sind. Natürlich stammen die Funde aus sehr verschiedenen Zeiten; die an der Saale und danach die an der Ostsee gefundenen sind die frühesten.

Steinzeit[]

Die ältesten Musikinstrumente wurden in megalithischen Gräbern der Provinz Sachsen, besonders bei Halle und Merseburg, gefunden; es sind 13 Tontrommeln, von derselben Form, wie man sie auf ägyptischen und babylonischen Denkmälern findet, und wie sie noch heute bei einzelnen Völkern im Orient und Afrika im Gebrauch sind. Ihr Gebrauch reicht bis zur Hallstattperiode (800-450 v. Chr.). Zum Teil sind sie mit astronomisch-musikalischen Zeichen versehen für Sonne, Mond und Planeten, ähnlich wie sie ein Jahrtausend später in Assur vorkommen.

Bronzezeit[]

Der Bronzezeit gehören die sog. Luren an (anord. lúðr - 'Horn, Trompete'), eine Art S-förmig gewundener Posaunen aus Bronze mit 1½-2½ m Länge. Sie wurden in großer Zahl in Torfmooren an den Ostseeküsten gefunden und auch auf Felsenreliefs bildlich dargestellt. Diese Instrumente zeigen bereits eine technisch hochwertige und weitentwickelte Herstellung und der aufragende Schalltrichter ist von einer reichverzierten schildartigen runden Platte umgeben. Diese Luren wurden meist paarweise gefunden und stimmen in der Tonlage genau zusammen. Während das eine Instrument eine Krümmung nach rechts aufweist, krümmt sich das zweite nach links, was beweist, daß sie auch paarweise gebraucht worden sind.

Während der Spätbronzezeit waren auch Tonrasseln verbreitet [1].

Frühmittelalter[]

Stuttgarter Psalter Cod.bibl.fol.23, Bl.163v - Hefner Taf

Musikinstrumente (Stuttgarter Psalter, 820-830)

Einige Abbildungen von Musikinstrumenten aus dem Frühmittelalter, vom Anfang des 9. Jhs., finden sich im Stuttgarter Psalter (Cod.bibl.fol.23). So finden sich dort u.a. Saiteninstrumente bzw. Zithern, die mit einem Plektrum gespielt werden, Hörner, deren Form an jene des Alterums erinnern, Cymbeln, welche an Stäben befestigt sind und durch Schütteln zusammenschlagen.

Selbst eine Orgel ist abgebildet, und auch wenn diese Zeichnung vergleichsweise schlicht gehalten ist, so sieht man doch, dass ihre wesentlichen Bestandteile mit denen aus späterer Zeit übereinstimmen. Drei Männer treten den Blasbalg, eine Art Schlauch; einer hält ihn an einer Handhabe um ihn wieder aufzuziehen.

In der Slawenzeit (9./10. Jh.) finden sich auch wieder Tonrasseln unter den Funden verbreitet. [1]

Arten[]

Bayeux Medieval Festival

Bayeux Medieval Festival, Frankreich, 2006

Flöten[]

Vorgeschichtliche Flöten fehlen in germanischen Ländern so gut wie ganz. Sie scheinen in Mittel- u. Nordeuropa erst seit der Römerzeit in Gebrauch gekommen zu sein.

Hörner[]

In den Ostsee- wie in den Donautiefländern fand man sichelförmige stumpfwinklige und goldene Hörner von geringerer Länge und daher geringerem Umfang, die nur die 3-4 tiefsten Signaltöne ergeben. Sie waren meist mit Runeninschriften verziert. Von kurzen Hörnern aus Elfenbein, sog. Olifanten, haben sich viele Exemplare, größtenteils aus dem Mittelalter, die meisten reich geschnitzt, erhalten.

Holzblasinstrumente[]

Von Holzblasinstrumenten kannte man im Mittelalter in germanischen Landen mehrere Arten: Flöten, Pfeifen, Schwegel (managfalta swegala bei Otfrid von Weißenburg), Schalmeien usw. genannt. Ob sie schon im Altertum bzw. in der vorgeschichtlichen Zeit in den germanischen Ländern bekannt waren, ist zweifelhaft (s.o. Flöten), besonders im Hinblick auf die Namen, deren Entlehnung großenteils feststeht. Auch der Dudelsack ist nicht ursprünglisch germanisch (mglw. keltisch); sein ältester Name scheint musa. Schließlich kam zuerst zur Zeit Pipins und Karls des Großen die Orgel aus Byzanz ins Frankenreich.

Luren[]

Die bronzezeitlichen Luren ergeben - wie alle Blasinstrumente - die sog. Naturtonreihe, deren 6 erste Töne einen Dreiklang bilden, nämlich (bspw.) C' C G c e g. Darüber hinaus erhält man die Töne einer, allerdings unreinen diatonischen (hypolydischen) Tonleiter b c' d' e' f' g' a' b', doch sind diese schwerer zu blasen, als jene (je höher desto schwerer). Man war daher zunächst auf die leichtere Partie angewiesen und wird sich auf sog. Signale beschränkt d. h. in Dreiklangstönen bewegt haben. Bei paarweisem Gebrauche der Instrumente ergab sich schon für die ältesten Zeiten, und gerade für diese bei mangelnder Übung am ehesten, eine Art zweistimmiger harmonischer Musik. Hiermit stimmen literarische Zeugnisse des 12. Jh. überein, welche gerade den Germanen (bes. Dänen, Norwegern) die Erfindung der mehrstimmigen Musik (Polyphonie) zuschreiben; auch spricht dafür der musikgeschichtliche Entwicklungsgang und der noch heute gerade bei den germanischen Völkern stark ausgeprägte Sinn für Akkord und Polyphonie.

Saiteninstrumente[]

Stuttgarter Psalter Cod.bibl.fol.23, Bl.108r - Hefner Taf

Musiker mit Laute (Stuttgarter Psalter, 9. Jh.)

Saiteninstrumente (vgl. Zither) sind in germanischen Ländern durch bildliche Darstellungen auf Tongefäßen ebenfalls bereits für die vorgeschichtlichen Zeiten mehrfach bezeugt. Die ersten rohen Darstellungen können bis ins 3. Jahrtausend v. Ch. zurückgehen. Besonders beweist den Gebrauch von Kithara-ähnlichen viersaitigen Instrumenten das eingeritzte Bild auf einer Urne aus Marz bei Ödenburg [2].

Die Form der auf Münzen usw. abgebildeten, sowie in Alemannengräbern des 5.-7. Jhs. im Original gefundenen Saiteninstrumente ist dieselbe, als die der 3-4 saitigen Kitharen, die im Altertum bei Ägyptern, Babyloniern, Griechen und Etruskern im Gebrauch waren.

Sie sind das Instrument der Barden, altbritan. chrotta (Venant. Fortun.), air. crot, ahd. rotta. Auch die älteste Kithara- und die Crot-Stimmung sind dieselbe, nämlich Grundton-Quart-Quint (-Oktav) z. B. G-c-d (-g). Dadurch erscheint sie als akkordisches Begleitinstrument und weist, wie die Luren, auf vorgeschichtlichen Gebrauch polyphoner Grundlagen hin.

Stuttgarter Psalter Cod.bibl.fol.23, Bl.40r - Hefner Taf

Barde mit Zither (Stuttgarter Psalter, 9. Jh.)

Andere Saiteninstrumente sind: die dreieckige Harfe (harpa), besonders Lieblingsinstrument der Sachsen, wohl vorzugsweise diatonisch gestimmt, also mehr ein Melodieinstrument; im Norden nur zum Alleinspiel, nicht zum Begleiten gebraucht, oft bezeugt in den Heldenliedern, merkwürdigerweise auch mit den Zehen gespielt (besonders von Gunnar), im späteren Mittelalter zuweilen von ungeheurer Größe.

Außerdem das Psalterium (salterion), ein trapezförmiger Resonanzkasten mit vielen darübergespannten Saiten, Vorfahr des späteren Hackebrett und heutigen Zigeunerzymbals; das Monochord, ein kleines einsaitiges Instrumentchen für den Musikunterricht zur Nachweisung der verschiedenen Intervalle, ein Nachkömmling des pythagoräischen Kanons.

Schellen[]

Lärminstrumente, wie Klappern und Schellen (Sistern; in Schlesien) grub man öfters aus. Man mag dabei an des Tacitus Bericht von der Verehrung der Isis bei den Sueben denken (Germ. 9: „woher dieser ausländische Opferdienst seinen Grund und Ursprung habe, ist mir nicht bekannt geworden, nur daß das Sinnbild, wie eine Liburne gestaltet, schon lehrt, daß der Gottesdienst aus der Fremde stammt"). [3] Denn aus der Isis-Verehrung ist überliefert: "Hierauf folgten alle Personen beiderlei Geschlechtes, die sich zu den Geheimnissen der Isis hatten einweihen lassen, mit goldenen oder silbernen Sistern in der Hand, womit sie ein liebliches Getön machten." [4]

Streichinstrumente[]

Streichinstrumente kannte wahrscheinlich das Mittelalter vor dem 9. 10. Jh. noch nicht. Die bei Otfrid von Weißenburg (V. 23 lira ioh fidula) erwähnte fidula oder Fiedel (span. vihuela, ital. viola, frz. vielle) mag zwar der späteren Geige ähnlich gewesen sein, hatte aber wohl noch keinen Bogen. Die Lira, noch im 16. Jh. ein vielsaitiges Bogeninstrument in Italien, ist vielleicht die Leier (Dreh-, Bauern-, Bettlerleier), deren Saiten später von einem Kurbelrade angestrichen wurden, die aber sonst der Schlüsselfiedel und heutigen schwedischen Nyckelharpa gleicht.

Galerie[]

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. 1,0 1,1 Wikipedia: Rassel (Archäologie) (DE). Version vom 05.08.2021.
  2. Kunsthistorisches Museum Wien - Bilddatenbank
  3. Tacitus, De origine et situ Germanorum (Germania). Übersetzung "Die Germania des Tacitus". Anton Baumstark: Freiburg 1876. Digitalisat auf Wikisource.
  4. Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 1373-1387.
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