Mittelalter Wiki
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Die Decem libri historiarum (Zehn Bücher (fränkischer) Geschichten), auch Historiae oder Historia Francorum genannt, sind das Hauptwerk des Bischof Gregor von Tours (* 538/539; † 594). Sie stellen das bedeutendste vorkarolingische Geschichtswerk im Übergang zwischen der Spätantike und dem Frühmittelalter dar.

Beschreibung[]

Die Decem libri historiarum entstanden neben der Arbeit an den Mirakelbüchern ab ca. 575 allmählich und wurden bis 591 fortgeführt. Dann erfuhren die ersten 6 Bücher eine durchgreifende Überarbeitung. Hauptsächlich zu chronologischen Zwecken, aber auch um gleich den kirchlichen Grundton anklingen zu lassen, stellte Gregor von Tours eine kurze, biblisch-christlich gefärbte Weltgeschichtseinleitung nach Eusebius, Hieronymus und Orosius voran.

Die Stiftung der gallischen Kirchen leitet zu dem eigentlichen Thema über, der fränkischen Geschichte, für deren erste Anfänge Gregor wertvolle verlorene Historiker des 5. Jh., wie z.B. Renatus Profuturus Frigeridus und Sulpicius Alexander als Quelle nahm. Dann folgt die Darstellung von der Taten von Chlodwig I., die im Wesentlichen auf mündlicher Überlieferung beruhen und infolgedessen stark legendarische Züge tragen. Auch die Geschichte seiner Söhne ist noch reichlich mit sagenhaften Bestandteilen gemischt. Mit dem vierten Buch (Liber Quartus) erreicht Gregor die Erlebnisse seiner eigenen Jugend, und in den umfangreichen sechs letzten Büchern behandelt er ausführlich die zeitgenössische Geschichte von nur 16 Jahren.

Besprechung[]

Gregor Beschreibungen sind streng genommen mehr Geschichten als Geschichte; alle Vorgänge, die dem Verfasser erinnerungswürdig erschienen, sind in buntem Wechsel, wie ihn die Zeitfolge oder persönliche Beziehungen ergaben, aneinandergereiht. Dabei verzichtet er auf ein tieferes Eindringen in den Kern der Begebenheiten, was bei dem geringen Abstand und den wirrenreichen Zeitläuften begreiflich ist.

Trotzdem sind Gregors historische Beschreibungen eine wichtige Quelle des beginnenden Frühmittelalters. Inmitten jener Ereignisse betätigte er sich jahrzehntelang als eifriger Nachrichtensammler mit einer ruhigen Auffassung und bewahrte die Aufzeichnungen. In einigen Ansätzen machen sich die bestimmte Rechtgläubigkeit und Kircheninteressen im Urteil bemerkbar, z.B. bei der Frage nach der Entstehung des fränkischen Königtums. Ebenso fließen der damals übliche Wunder- und Aberglaube mit in seine Beschreibungen. Auch bei der Beurteilung von Personen und Dingen, die in Gregors eigenes Leben eingriffen, muss man sehr viel Subjektives mit abziehen, wenn man der objektiven Wahrheit bei einer einzigen gefärbten Darstellung nahe kommen will.

Jedoch war Objektivität für jemanden wie Gregor nur sehr schwer erreichbar, selbst wenn sein Streben nach Wahrheit und Gerechtigkeit deutlich hervortritt. Vor allem aber war er ein bedeutender Künstler der Merowingerzeit, ein Meister nicht der Komposition, sondern der Erzählung, und das gibt neben der Stoffmasse dem Werk erst den wahren Reiz.

Chilperichs Buchstabenreform[]

In der Historia Francorum (V, 44) erzählt Gregor von Tours, dass Chilperich I. das von den Franken allgemein benutzte lateinische Alphabet um vier neue Buchstaben vermehren wollte, ein Versuch, der jedoch keine größere Bedeutung erlangte, als der des Kaisers Claudius, drei neue Buchstaben einzuführen. Leider sind die von Chilperik gebildeten Zeichen in späteren Handschriften und Ausgaben von Gregors Werken sehr verändert; dagegen scheint eine alte Handschrift von Cambrai (aus der Mitte des 7. Jhds) dem ursprünglichen sehr nahe zu stehen.

Nach dieser Handschrift waren dies Zeichen für das lange o, æ, th und nui (w), wobei letztere aus der W-Rune (ᚹ) des älteren Futhark mit verkürztem Hauptstab gebildet wurde. Hierin liegt ein Beweis dafür, dass den Franken zur Zeit Chilperichs I. (um 535-584) die Runenschrift bekannt war.

Volltexte[]

Quellen[]

Einzelnachweise[]