Ekkehard bzw. Ekkehart IV. von St. Gallen (* um 980; † nach 1057) war ein Gelehrter, Historiker und Dichter. Als Schüler von Notker Labeo war er an der Klosterschule St. Gallen tätig und leitete nach 1022 bis 1031 unter Erzbischof Aribo die Mainzer Domschule, danach bis zu seinem Tode die Klosterschule von St. Gallen.
Beschreibung[]
Ekkehart IV. von St. Gallen war ein Mönch im Kloster St. Gallen und Schüler Notker Labeos († 1022). Besonders bekannt ist er als Verfasser verschiedener lateinischer Gedichte und als Fortsetzer der von Ratpert von St. Gallen (um 855-911) bis zum Jahre 883 geführten St. Gallener Klosterchronik Casus Sancti Galli, die er um den wertvollsten Teil von 891-971 ergänzte und mit dem Jahre 975 abschloss.
Den Hauptanlass dazu gab ihm der empfundene Gegensatz zwischen dem bisherigen heiteren und gelehrten, fast humanistischen Mönchtum, wie es seiner Schätzung individuellen Lebens entsprach, und dem asketischen, reglementierenden und uniformierenden Wesen, wie es zu seiner Zeit aus dem romanischen Lothringen übermächtig gegen das sich bildende Heilige Römische Reich vordrang.
Der Hintergrund dazu war, dass Konrad II. im Jahre 1034 dem Kloster St. Gallen einen Cluniazenser Abt aus Lothringen aufgezwungen hatte. Gegen dessen Reformbestrebungen eiferten die älteren Mönche und zum Beweis, welche Blüten das Kloster unter der freieren Regel hervorgebracht hatte, schrieb Ekkehart um 1034/1035 die Casus Sancti Galli, in denen er das Klosterleben St. Gallens plastisch darstellte. Daher ist die Klosterchronik auch ein Beispiel dafür, wie stark mancherorts der Widerstand gegen die Neuerer, die Schismatiker, die Welschen war, deren kirchliche Strenge unter Umständen als Heuchelei erklärte wurde. Diese an Beispielen aus der älteren, frischen, natürlichen Klosterzeit so reiche Chronik wurde abgefasst als Parteischrift gegen die Neuerungen des dem Kloster aufgedrungenen Cluniazenserabtes und um den Beweis zu geben, wie viel Schönes und Herrliches unter der älteren freieren Richtung geleistet worden sei. [1]
Aus dieser Stimmung heraus entwarf er, auf Basis mündlicher Überlieferung, ein Bild der alten Zeit. Er beschrieb die Schicksale St. Gallens zur Zeit der Ungarneinfälle und in Friedenszeiten, und das literarische Schaffen von Lehrern und Schülern in dieser zweiten ottonischen Glanzzeit des Klosters, als Ekkehard II. (St. Gallen) mit der Herzogin Hadwig von Schwaben die alten Schriften der studierte. Es ist Wahrheit und Dichtung, vorgetragen mit Erzählertalent, voll guter Laune und Freude an den Einzelheiten des individuellen Lebens, ein unübertroffenes Spiegelbild frühmittelalterlichen Klosterlebens, das Scheffel zu seinem historischen Roman Ekkehard angeregt hat.
Während er ab 1022 als Vorsteher der Klosterschule zu Mainz wirkte, überarbeitete er den Waltharius (Vita Waltharii manufortis) von Ekkehard I. (St. Gallen) (910-973) und brachte ihn in besseres Latein. Spätestens 1034 kehrte er ins Kloster St. Gallen zurück und stand der dortigen Schule vor. [2]
Werke[]
- Casus monasterii Sancti Galli - Weiterführung der Klosterchronik des Ratpert von St. Gallen (um 855-911) bis zum Jahr 972
- Casuum S. Galli continuatio (Fortsetzung der St. Galler Klostergeschichten). Ekkehard IV. von St. Gallen, um 1000-1057. In Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters; BSB
- Liber benedictionum (Cod. Sang. 393) - Eine Sammlung von Gesängen zur Verherrlichung der Kirchenfeste und St. Galler Kirchenangehörigen.
- Ausgaben:
- Liber benedictionum (e-codices). St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. Sang. 393. St. Gallen, um 1010-1060. Sammelhandschrift - Dichtungen des St. Galler Mönchs Ekkehart IV. (Autograph).
- Liber benedictionum (Segenssprüche). Ekkehard IV. (St. Gallen), um 1000-1057. In Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters; BSB
- Enthält u.a.:
- Benedictiones super lectores per circulum anni - Dichtungen über die einzelnen Festtage des Jahres.
- Benedictiones ad mensas - Segnungen über verschiedene Speisen und Getränke.
- Benedictiones ad mensas (Google Books). Ekkehard IV. von St. Gallen (um 980-1057). Hrsg. Ferdinand Keller. Zürich : Meyer u. Zeller, 1847.
- Versus ad picturas domus domini Mogontinae - Verse über das geplante Bildprogramm im Dom von Mainz.
- Versus ad picturas claustri sancti Galli - Verse zum (geplanten) Bildprogramm im Kreuzgang (?) des Klosters St. Gallen
- Ausgaben:
- Vita Waltharii manufortis - Überarbeitung des Werkes von Ekkehard I. (St. Gallen) (910-973).
Quellen[]
- Dümmler, Ekkehart IV. von St. Gallen (in Zeitschrift für deutsches Altertum, neue Folge, Bd. 2).
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. I, S. 549 f.
- Wattenbach, Wilhelm. Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter bis zur Mitte des XIII. Jahrhunderts (Internet Archive). Band I, 7. Ausgabe. Stuttgart, Berlin 1885.
Einzelnachweise[]
- ↑ Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer (Zeno.Org). Leipzig, 1885. S. 112-114.
- ↑ Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 5. Leipzig 1906, S. 583-584.