Mittelalter Wiki
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Dieser Artikel wurde am 22. Mai 2013 als Spotlight vorgestellt.

„Es geht ihm wie den Erbsen am Wege“

Deutsches Sprichwort [1]

Die Erbse (Pisum sativum L., ertr) ist im europäischen Raum seit dem Neolithikum (5500-2200 v.Chr.) u.a. in Ungarn (Aggtelek) und in der Schweiz belegt. In den Schweizer Pfahlbauten kommen ihre kugeligen Samen häufig vor (z.B. in Steckborn, Wangen, Robenhausen, Baldeaegersee, Moosseedorf, St. Blaise, Lüscherz).

Auch in der Bronzezeit (2200-800 v.Chr.) ist sie noch auf Österreich (Mistelbach in Niederösterreich) und die Schweiz (Petersinsel und Mörigen im Bieler See, Concise am Neuenburgersee) beschränkt.

Geschichte[]

In Deutschland tritt die Erbse als Gemüse erst während des Übergangs der Bronze- zur Eisenzeit auf. Dr. Georg Buschan (1863-1942) führte in seinem Buch über "Vorgeschichtliche Botanik" (1895) zwei Funde aus der Zeit des Lausitzer Typus (1300–500 v. Chr.) an: von Schlieben im Kreis Schweinitz (Prov. Sachsen) und von Freiwalde, Kreis Luckau (Niederlausitz). Auch in anderen prähistorischen deutschen Niederlassungen aus der frühen Eisenzeit (800–450 v. Chr.) wurde die Erbse gefunden, so in der Lutzmannsteinhöhle in der Pfalz und in der Karhofhöhle im Hönnetal in Westfalen [2]. Aus der Römerzeit ist die Erbse in Deutschland in einem Pfahlbau zu Fulda nachgewiesen [3].

Um 500 n. Chr. schrieb der griechische Arzt Anthimus in seinem Werk De observatione ciborum: „Erbsen sind gut, wenn sie gründlich gekocht sind, so dass sie völlig weich werden; man würzt sie mit Öl und Salz. Sie sind auch den Nieren zuträglich. Wenn sie aber roh sind, rate ich sogar Gesunden eindringlich davon ab, sie zu essen, weil sie schwere Blähungen hervorrufen, schlecht verdaut werden und Verderbnis im Unterleib erzeugen.“ [4]

Für das Frühmittelalter wird der Erbsenanbau durch die Lex Salica [5], sowie durch das Breviarium und das Capitulare de villis Karls des Großen bezeugt. Auch aus den frühmittelalterlichen slawischen Niederlassungen von Oberpoppschütz, Ragow, Tornow in Schlesien und Treuenbrietzen in Brandenburg liegen Erbsenfunde vor. [6]

Nordeuropa[]

Aus Nordeuropa fehlt es an archäologischen Belegen für den Anbau der Erbse in vorgeschichtlicher oder frühmittelalterlicher Zeit, was bei der verhältnismäßigen Häufigkeit uralter Getreidefunde und dem Vorkommen dänischer Bohnenfunde aus der Völkerwanderungszeit immerhin auffallend ist. Bei Beginn der literarischen Überlieferung jedoch ist die Erbse anscheinend in allen drei nordischen Reichen gut eingebürgert. Die Einführung der Erbse Nach Nordeuropa erfolgte vermutlich zur Wikingerzeit. Hier liegen die Verhältnisse bei der Erbse also etwas anders als bei der Bohne, die den Angelsachsen bereits vor ihrer Auswanderung aus Schleswig-Holstein bekannt war, und die nach Ausweis archäologischer Funde in Dänemark schon zur Völkerwanderungszeit gebaut wurde.

In Norwegen erscheint sie in der Übereinkunft zwischen König Magnus VI. von Norwegen (1238-1280) und Erzbischof Jon Raudes von Nidaros († 1282) über die Zehnten, sowie in Erzbischof Jons Neuerem Christenrecht unter den Früchten, wovon dem Herkommen gemäß Zehnten an die Geistlichkeit zu entrichten sind [7]. Auch in König Magnus' Neuerem Landrecht von 1274 (VII 10 Anm. 16; IX 9) und seinem Neueren Stadtrecht von 1276 (VI 16; VIII 14) werden Erbsen und Bohnen, aertr oc baunir, erwähnt. Und in einer Verordnung König Hakon Magnussons (1270-1319) aus Bergen vom 14. November 1316 über die Ausschiffung und den Verkauf ausländischer Waren zu Bergen, Tunsberg und Oslo treten Erbsen und Bohnen zusammen mit Roggen, Weizen, Gerste u.a. als Importartikel auf [8].

Auf Island war der Anbau von Erbsen und Bohnen im 13. Jhd. augenscheinlich unbekannt; denn in der isländischen Jonsbok, welche die oben erwähnte Stelle von König Magnus' Neuerem Stadtrecht VIII 14 im übrigen ziemlich wörtlich übernimmt, werden die Worte aertra eda bauna bezeichnenderweise weggelassen.

Dagegen wird der Anbau von Erbsen und Bohnen in Schweden für das 13. und 14. Jhd. durch ihr Vorkommen in den Gesetzen von Södermanland, Westmanland und Upland, sowie in den Landrechten der Könige Magnus Eriksson von Schweden (1316-1374) und Christoffer von Dänemark (1219-1259) bewiesen, wo die beiden Hülsenfrüchte, ganz wie im norwegischen Recht, unter den Zehntenpflichtigen Feldfrüchten aufgeführt und die Erbsen- und Bohnenäcker unter gesetzlichen Schutz gestellt werden.

Beschreibung[]

Größenverhältnisse[]

Die prähistorischen Erbsenkerne zeigen in ihren Größenverhältnissen starke Schwankungen, sind aber durchweg kleiner als die der heutigen Kulturerbse. Die steinzeitlichen Erbsen von Robenhausen und Steckborn schwanken nach Neuweiler in ihrem Durchmesser zwischen 3,4 und 4,8 mm, die bronzezeitlichen von Mörigen und Concise zwischen 4,8 und 5,3 mm. Aus der römischen Niederlassung Grädistia in Ungarn liegen Samen von bis zu 6,1 mm Durchmesser vor, die somit der Größe der heutigen Erbsen gleichkommen.

Konservierung[]

Zur Konservierung wurden die Erbsen getrocknet, mitunter auch eingesalzen.

Etymologie[]

Das Deutsche hat mit dem Friesischen und Nordischen einen alten Namen für die Erbse gemeinsam, der im Angelsächsischen allerdings fehlt: ahd. araweiz, areweiz, arweiz, mhd. areweiz, arweiz, arewiz, eriwiz (11.-12. Jhd.), erwiz (12. Jhd.), erwez (13. Jhd.), arewez, ariwez, arwez (12.-14. Jhd.), mnd. erwete, erte f., nnd. arwten, arwken, anord. ertr, f. Das Wort war ein alter konsonantischer Stamm, wie der endungslose nom. Singular und nom. acc. Plural im Hoch- und Niederdeutschen, sowie der niederdeutsche gen. Pural erito beweisen. Das urgermanische *arawaits, *arawits f. ist verwandt mit dem lat. ervum = 'eine Hülsenfrucht'. Die Konsonanten w, v, th des german, latein. und griech. Namens lassen sich zwar lautgesetzlich nicht unter einen Hut bringen; trotzdem ist an der Zusammengehörigkeit der Formen kaum zu zweifeln.

Auffallend ist das Fehlen des Namens im Englischen, wo sich statt dessen das lat. Lehnwort ae. pise, me. pise, plur. peas oder kollektiv pease, findet. Das spärlich belegte altenglische earfe ist wahrscheinlich aus lat. ervum entlehnt. Da prähistorische Erbsenfunde aus Schleswig-Holstein und Nordeuropa recht spärlich sind, so ist es wahrscheinlich, dass die Erbse, wie ihr alter, einheimischer Name, den Angelsachsen in ihrer schleswig-holsteinschen Heimat noch unbekannt war, und dass sie sie erst auf ihren Raubfahrten und Niederlassungen an den gallischen Küsten kennen lernten, wo sie mit der Frucht zugleich die spezifisch gallo-romanische Benennung pisum übernahmen.

Ist dies richtig, so würde die Erbse erst nach der Auswanderung der Angelsachsen, also nach dem 5. Jh., unter dem niederdeutschen Namen erit nach Nordeuropa gelangt sein, während sie den deutschen Stämmen vielleicht schon Jahrhunderte vor Christus von Süden her bekannt war. Bei Annahme der Entlehnung des nord. Namens ertr aus dem and. erit erklärt sich auch die sonst sehr ungewöhnliche Bildungsweise und Flexion von ertr. Man darf annehmen, dass dem Namen bei seiner Übernahme ins Dänische ein Plural-r angehängt wurde, das bei der Weitergabe an die anderen nord. Dialekte als stammhaftes r aufgefaßt und auf die übrigen Kasus übertragen wurde; daher gen. plur. ertra, dat. ertrum statt *erta, *ertum. [9] [10]

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 1. Leipzig 1867. Wurzbach II, 238.
  2. Carthaus, Nachrichten über deutsche Altertumsfunde 1894, S. 71
  3. Pfahlbauten im Fuldathale. Joseph Vonderau. 1899, S. 31.
  4. Epistula Anthimi ad Theodoricum regem (Fol. 72r-74v) im Lorscher Arzneibuch (Msc.Med.1). Digitalisat der Staatsbibliothek Bamberg (Kaiser-Heinrich-Bibliothek). Medicus Anthimus. Lorsch, Anfang 9. Jahrhundert. Transkription und deutsche Übersetzung von Ulrich Stoll. Stuttgart : Steiner 1992
  5. Lex Salica zum akademischen Gebrauche. ed. Heinrich Geffcken. Veit, 1898. Kp. 27, 7, S. 25: pissaria 'Erbsenfelder'
  6. Altdeutsche Gartenflora; Untersuchungen über die Nutzpflanzen des deutschen Mittelalters, ihre Wanderung und ihre Vorgeschichte im klassischen Altertum (1894). Rudolf von Fischer-Benzon. Kiel und Leipzig 1894. S. 95 ff.
  7. Norges Gamle Love II 474 = II 355, Kap. 19; zitiert bei Waldbäume und Kulturpflanzen im germanischen Altertum. Johannes Hoops. Straßburg 1905. S. 639.
  8. Weitere Belege in den Verordnungen Norges Gamle Love indtil 1387, Band III. Hrsg. R. Keyser, 1849. S. 16; 166; 177.
  9. Althochdeutscher Sprachschatz. Teil 1. Eberhard Gottlieb Graff. Berlin, 1834-42. S. 465
  10. Björkman in Zeitschrift für deutsche Wortforschung. Ausgabe 2, S. 231
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