Als Fahrnis, Fahrnisgut oder auch Fahrnissache bezeichnet man im mittelalterlichen Rechtswesen (Sachenrecht) die tragbare Habe. Bei Diebstahl solcher erfolgte eine strafrechtliche Klage um das Gut, die sog. Fahrnisverfolgung.
Beschreibung[]
Die Gewere (Besitzrecht) an einer einzelnen Fahrnissache ist der Gewahrsam; demgemäß ist zur Besitzübertragung eine Übergabe erforderlich. Es genügt jedoch auch eine Handlung, die die Herrschaft des Erwerbers tatsächlich begründete und äußerlich bekundete, wie z.B. die Übergabe der Schlüssel, das Zeichnen mit der Marke etc.. Der Fahrnis gegenüber steht in den Besitzrechten die Liegenschaft (liegendes Gut).
Moventien und Mobilien[]
Unter der Fahrnis werden wieder die „Moventien“ von den „Mobilien“ unterschieden (fries. drívanda and dreganda; mhd. daʒ man getriben unde getragen mag). Das ist von besonderer Bedeutung für das Pfandrecht; daher das essende gegenüber dem Kisten- oder Schreinpfand. Im Angelsächsischen besagt der Gegensatz von libbende und liegende auf Sachen angewandt, den Unterschied zwischen Vieh und leblosen Sachen, nicht zwischen Fahrnis und Liegenschaft. [1]
Fahrnisgemeinschaft[]
Im Ehegüterrecht wurde die Gütergemeinschaft zur „Fahrnisgemeinschaft“, wo sie neben der Errungenschaft auch die gesamte Fahrnis ergriff. Diese und auch die allgemeine Gütergemeinschaft waren in der germanischen Welt weit verbreitet. Gerade bei den Stämmen, die durch eine regelrechte Landverteilung angesiedelt wurden, finden sich durchweg zunächst die Regelungen, dass der in die Ehe gebrachte oder ererbte Grund und Boden nicht in die Gemeinschaft fiel, also eine Fahrnisgemeinschaft herrschte.
Dagegen gingen Kolonistenvölker wie Norweger und Isländer, oder Völker, die sich als Herrscher in einer fremden Bevölkerung niedergelassen hatten, wie Langobarden und die salischen Franken Italiens und z.T. Frankreichs, häufig zur allgemeinen Gütergemeinschaft über. Deshalb verwandelte sich auch die französisch-normannische Fahrnisgemeinschaft, als die Normannen sie nach Sizilien brachten, meist in eine allgemeine Gütergemeinschaft.
Bei den Westgermanen stellte die der Frau gebührende Quote des Fahrnisvermögens oder Gesamtvermögens häufig einen Ersatz der Morgengabe oder des Wittums dar. Am besten lässt sich diese Entwicklung bei den Langobarden verfolgen, bei denen es infolge der Gesetzgebung König Liutprands [2] (712-744) üblich wurde, den vierten Teil des Gesamtvermögens als Morgengabe und Wittum zu bestellen; im Herzogtum Benevent wurde diese Quarta sogar gesetzliches Recht der Frau. [3]
Quellen[]
- Amira, Karl von. Grundriß des germanischen Rechts (= Grundriß der Germanischen Philologie; Band 5). Band II, 2. Auflage. Strassburg 1913. § 66. (Digitalisat Internet Archive)
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. I, S. 262 f.
- Meyer, Herbert.Entwerung und Eigentum im deutschen Fahrnisrecht (Internet Archive). G. Fischer, 1902.
Einzelnachweise[]
- ↑ Hoops, RdgA. aaO. Bd. IV, S. 59 (Artikel: Sachen, § 4.)
- ↑ Liutprandi Leges. c. 7, 89, 103
- ↑ Schröder, Richard. Geschichte des ehelichen Güterrechts in Deutschland (MDZ Reader). Stettin [u.a.] : Saunier. Bd. I (1863).