Das Flechten (anord. flétta, ahd. flehtan) bei der Herstellung von Kleiderstoffen steht in nächster Verwandtschaft zum Weben. Auch wenn das Flechten mitunter als "Vorstufe der Weberei" gilt (s. Weben, Webstuhl), so war doch der rein begriffliche Unterschied bereits in der indogermanischen Ursprache (um 3500 v. Chr.) deutlich ausgebildet.
Beschreibung[]
Flechtwerk spielt seit den ältesten Zeiten im Haushalt des Menschen eine sehr große Rolle, und viele Wörter deuten in ihrer Bildung die Technik des Flechtens an:
- got. haúrds (Tür), anord. hurð, mhd. hurt (Tür, Flechtwerk) - Wand zu winden = 'flechten', ags. wág, windan
- got. snórjó (Korb) zu idg. W. snó-, sé (flechten)
- ahd. krippa, krippha, as. cribbia, cribba (Krippe, Flechtwerk für einen Zaun und Futtertrog für Pferde etc.)
- ags. wilige (Korb) von Verb, wilwan (drehen, zusammenfügen); windel (Korb) vom Verb. windan (winden, flechten) usw.
Wenn nun der Begriff "Gewand" (lat. vestimentum - 'Kleidung') auf 'winden, flechten' hindeutet, so vermuten Forscher, daß folglich die Kleidung einst durch Flechten hergestellt wurde. Und in der Tat haben sich bereits in den neolithischen Pfahlbauten der Schweiz geflochtene Stoffe von solcher Exaktheit in der Ausführung gefunden, daß nur Fachleute sie von gewebten unterscheiden konnten. Genau wie das Weben, blieb das Flechten lange Zeit Haushandwerk. Erst im späteren Mittelalter finden sich die Zeinler (got. tainjó, anord. teina, ahd. zeinna, mhd. zeine) und Korber, Korbmacher als selbständige Handwerker.
Werkzeuge[]
Man verwendete sicherlich damals (zur Zeit der Funde aus den neolithischen Pfahlbauten) schon bestimmte, funktionelle Flechtrahmen, eine Art "Flecht-Webeapparat", aus dem der aufrechte Webstuhl hervorging, denn ohne solche Hilfsmittel ist die Herstellung dieser qualitativ sehr hochwertigen Stoffflechtereien, wie sie in den steinzeitlichen Bodenfunden auftauchen, nicht denkbar. A. Goetze hat 1908 im Rahmen einer Abhandlung über Brettchenweberei einen solchen Apparat rekonstruiert, von dem sich einzelne Teile: ein ovales Brett mit 2 Löchern und eine Häkelnadel, in den Pfahlbauten fanden. [1]
Flechttechnik von Borum Eshøj[]
Ebenso fand man im Grabhügel von Borum Eshøj (bei Aarhus, Dänemark) ein Haarnetz aus der nordischen Bronzezeit (1800-530 v.Chr.), dessen Herstellung (es war nach fachmännischer Untersuchung weder geknüpft, gehäkelt, genetzt, noch überhaupt in einer heute bekannten Weise verfertigt) sehr große technische Geschicklichkeit verrät. Zwischen zwei parallel ausgespannten Schnüren sind nebeneinander Fäden gezogen, und die verschiedenen Muster sind durch einfaches Flechten der Fäden ohne ein anderes Hilfsmittel als einige Stäbchen ausgeführt. Dieses Verfahren steht dem Flechten und Weben im Rahmen, das als Beginn jeder Weberei gilt, sehr nahe. [2].
Galerie[]
Verwandte Themen[]
- Siehe auch: Flechtornament, Flechtwerk, Nalbinding.
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Quellen[]
- Zeitschrift für Ethnologie - Band 40 (Internet Archive). Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte, 1908. S. 485 (A. Götze: Brettchenweberei im Altertum)
- Das Altdeutsche Handwerk (Internet Archive). Moriz Heyne. Straßburg : K. J. Trübner, 1908. S. 23ff.
- Die Pfahlbauten des Bodenseegebietes (Internet Archive). Freiherr Eugen von Tröltsch. Stuttgart : F. Enke, 1902. S. 113 ff.
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. II, S. 64.
Einzelnachweise[]
- ↑ ZfEthn. 40 (1908). aaO. S. 485
- ↑ Nordische Altertumskunde (Internet Archive). Sophus Müller. Übersetzung. V. Jiriczek. 2 Bände. K.J. Trübner Verlag, Straßburg 1897-98. Bd. I, S. 270 f.