Mittelalter Wiki
Advertisement
Mittelalter Wiki

Als Freiteil (veraltet auch älteres Warterecht) bezeichnet man im frühmittelalterlichen Rechtswesen einen aus der Erbanwartschaft ausgenommen Erbteil.

Beschreibung[]

In der großen Mehrzahl der germanischen Rechte finden wir den Satz, dass man beim Vorhandensein von Söhnen (z. T. auch beim Vorhandensein von Töchtern) nur über einen Teil seines Vermögens unentgeltlich unter Lebenden oder von Todeswegen verfügen durfte, während der Rest den Kindern vorbehalten war.

Dieser Freiteil betrug z. T. eine feste Quote des Vermögens, so bei den Norwegern (vielleicht auch ursprünglich bei den Sachsen und Angelsachsen) ein Zehntel, bei den Westgoten ein Fünftel, nach fränkischem, normannischem und späterem englischem Recht ein Drittel, nach burgundischem Recht die Hälfte, z. T. einen nach der Zahl der Kinder wechselnden Kopfteil, so z.B. bei den Bayern, Langobarden, Dänen, Götar und Gotländern. Auch wenn früher vielfach die übliche Bezeichnung auch „älteres Warterecht“ war, so ist dieses Warterecht des nächsten Erben nur auf Grundstücke beschränkt und unterscheidet sich völlig vom Freiteil.

Freiheitsrecht[]

Das Freiheitsrecht war eine teilweise Befreiung des Vaters von den Schranken, die ihm das Anwartschaftsrecht der Kinder in Bezug auf Vergaben aus dem Hausvermögen setzte. Das Zehntelfreiheitsrecht entstand unter dem Einfluss der Kirche, die neben dem Ertragszehnt auch einen Kapitalzehnt (Hauptzehnt) als ihr Recht beanspruchte und für ihn die Vergabefreiheit durchsetzte. Dagegen finden sich die übrigen Freiheitsrechte (Kopfteilrecht, Drittelrecht usw.) meist dort, wo Gütergemeinschaftsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern bestehen; der Freiteil ist dann der väterliche Anteil an der Gemeinschaft.

Totengabe[]

Der österreichische Rechtshistoriker Heinrich Brunner (1840-1915) [1] nahm an, dass der Freiteil aus der alten „Totengabe“ hervorgegangen sei, die nach der Einführung des Christentums nicht mehr dem Toten ins Grab mitgegeben, sondern als Seelengabe für ihn verwendet wurde. Gräberfunde und Quellennachrichten sprechen allerdings entschieden dagegen, dass die Totengabe jemals eine Quote des Vermögens oder einen Kindesteil betrug; sie umfaßte vielmehr im wesentlichen das Heergewäte.

Die einzige historische Quelle, nach der dem Toten ein Drittel seines Vermögens ins Grab mitgegeben wurde, ist eine Nachricht eines arabischen Schriftstellers über die Rus, und diese bezieht sich nicht auf germanische Verhältnisse. Die Bezeichnung „Totenteil“ (dead's part), die der Freiteil im englischen Recht führt, bedeutet einfach den zu seinem Nachlass gehörigen Anteil des verstorbenen Familienoberhauptes an der in Liquidation befindlichen Familiengütergemeinschaft.

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Heinrich Brunner. Der Totenteil in germanischen Rechten in Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung. (ZSavStRg XIX 1898, Germ. Abt., S. 107 ff.)
Advertisement