Mittelalter Wiki
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Eine Fylgja (anord. fylgjur), Pl. Fylgjen, ist ein weiblicher Schutzgeist im nordischen Volksglauben.

Beschreibung[]

Fylgjen sind seelische Wesen, die nach dem Glauben der Nordgermanen in Frauen oder Tiergestalt den Menschen begleiten. Anord. fylgja heißt 'Folgerin'. Diese Begleiterin des Menschen, die man nur bei Männern findet, ist entweder seine eigene Seele oder sein Schutzgeist.

Als Seele erscheint sie fast stets in Tiergestalt und meist anderen Menschen, als Schutzgeist dagegen immer als Frau. Fast stets aber erscheint in beiden Fällen die Fylgja im Traum. Und wenn sie einem Menschen etwas mitzuteilen hat, vermag sie ihn zu jeder Zeit einzuschläfern. Bald ist die Fylgja die dem Menschen erscheint, seine eigene, bald die eines anderen Mannes.

Als Seelentier[]

Die Tierfylgja, eine Doppelgängerin, läßt den Menschen zukünftige oder ferne Ereignisse sehen: so sieht z.B. in der Njalssaga Njals Hausgenosse Thordr seinen nahen Tod in einem blutigen Bock. In der Ljósvetninga Saga träumt Einar, wie ein mächtiger Ochse vor dem Hochsitz seines Bruders Gudmund niederfällt, und kurz darauf trifft diesen das Geschick des Tieres. Im Atlamál träumt Kostbera, wie ein Adler, Atlis Fylgje, Blut über ihren Gemahl Gunnar und dessen Leute gießt. Die Sagas kennen diese Tierfylgjen insgesamt als Bär, Wolf, Bock, Pferd, Ochse, Schneehuhn, Adler und Drache; als mannahugir - 'Menschenseelen' werden sie von den Träumenden gedeutet.

Als weiblicher Geist[]

Ungleich umfassender ist die Tätigkeit der fylgjukona - der 'Fylgje in Frauengestalt'. Diese ist der Schutzgeist einzelner Menschen oder ganzer Geschlechter und lebt noch heute im skandinavischen Volksglauben fort, auf Island als fylgja, in Norwegen als vardoger, in Schweden als vård oder vålnad. Diese Fylgje begleitet den Menschen, schirmt ihn, warnt, tröstet, muntert ihn auf.

Als seelisches Wesen gehört sie zu dem allgemeinen Begriff der dísir (s. Disen, Weise Frauen), unter welchem Namen sie auch zuweilen begegnet, besonders als spádís. Dadurch berührt sie sich mehrfach mit den Völven, Nornen und Valkyrjen, ganz besonders aber mit den hamingjur, die vielfach ebenso fylgjur genannt werden. Wie diese Wesen erscheint sie auch mal allein, mal zu dritt, mal neun toder in ganzen Scharen.

Charakter[]

Obgleich sie übernatürlich sind, denkt man sich die weiblichen Fylgjen doch ganz persönlich; daher kommt es vor, dass einer über seine eigne Fylgje stolpert, wie z.B. in der Fornmanna-Sögur. Zu Hedin kommt die Fylgje seines Bruders Helgi, reitend auf einem Wolfe, und zwingt ihn zu einem Unglückseid, als er ihre Begleitung verschmäht. In der Vatnsdæla saga warnt seine Fylgje Thorstein Ingimundsson vor der Zauberin Gróa; in der Njalssaga künden die Fylgjen der Feinde Gunnars dem edlen Njál dessen Tod. In der Ljósvetninga saga stehen die Fylgjen den Menschen auch wie die Walküren bei und bringen den Gegner zu Fall, weshalb man Gegnern, denen starke Fylgjen zur Seite stehen (rammar fylgjur) durch List zu entrinnen versuchte.

Diese Schutzgeister gingen mit dem Leben des Menschen nicht zugrunde, sondern gingen auf seine Verwandten über. So wurde die Fylgja zur ættar- oder kynfylgja - 'Geschlechtsfylgje'. In der Hallfreðar saga z.B. nahte die übermenschliche Fylgje des Skalden Hallfred ihm vor seinem Tode auf dem Meere und wurde dann die fylgjukona seines gleichnamigen Sohnes; Glum Eyjólfsson erschien in der Todesstunde seines Großvaters dessen Fylgje als Riesenweib und wurde nun seine Begleiterin. In verschiedenen Geschlechtern, wie bei den Völsungen, im Geschlecht von König Ketill Flatnef (9. Jh.) oder auch bei Thórd Hreda trifft man solche Geschlechtsfyigjen, die vom Vater auf den Sohn übergehen.

Als Hamingja[]

Griff die Fylgje in das Geschick des Menschen so ein, so dass sie ihm nur Glück brachte, so wurde sie zu seiner hamingja. Das Wort gehört zu hamr - 'Eihaut des Embryo', mit der manche Kinder geboren werden und die nach allgemein verbreitetem Volksglauben Glück bringt; dieses Häutchen wird auf Island jetzt vielfach auch fylgja genannt. Dabei ist fylgja ist der allgemeinere, hamingja der engere Begriff, der schon früh die abstrakte Bedeutung 'Glück' annahm, wodurch das an und für sich abstrakte gipt ebenfalls den glückbringenden Schutzgeist bezeichnen kann. Diese hamingja konnte sogar anderen geliehen werden, denn laut der Hallfreðar saga stand die Hamingja von König Olaf auch dem Skalden Hallfred oder in der Fornmanna-Sögur dem Thorstein Boejarmagn bei.

Im Christentum[]

Zur Zeit des Übergangs vom Heidentum zum Christentum entstand dann der Glaube an schwarze und weiße Fylgjen, von denen jene schwarzen als Begleiterinnen der Heiden und böse, die weißen aber als Schutzgeister der Christen aufgefasst wurden [1]. Aus letzteren entwickelten sich dann die Schutzengel.

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Gisla saga Surssonar, Kap. 19; 22; 24; Fornmanna-Sögur II, 192
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