Als Gerade (rade) bezeichnet man mittelalterlichen Ehegüterrecht den Erbteil an weibliche Familienmitglieder. Sie ist Teil des Hausrates und entspricht zumeist dem der Aussteuer als Heiratsgut. [1]
Beschreibung[]
In dem meisten germanischen Stammesrechten fiel das Fahrnisvermögen, welches die Frau in die Ehe einbrachte, dem Manne zu. Aber auch wenn der Mann starb, gehörte dieses Vermögen zunächst den Verwandten des Mannes, in deren Munt sie stand, und nur, wenn diese Munt abgelöst wurde oder anderweitig endete, konnte sie ihre Aussteuer, die sie in die Ehe eingebracht hatte, ihr Vatergut (faderfio), herausziehen.
Wie weit die übrigen Volksrechte einen ähnlichen Standpunkt einnahmen, lässt sich bei der Dürftigkeit der Zeugnisse nicht mit Sicherheit sagen. Von den späteren Rechtsaufzeichnungen halten noch daran fest z. B. der Züricher Richtebrief, vor allem aber das ostfälische Recht des Sachsenspiegels [2] und für den Fall der unbeerbten Ehe auch das westfälische Recht: alles Fahrnisvermögen, was die Frau einbrachte oder später erwarb, fiel in das Mannesvermögen und verblieb darin.
Allerdings kannte der Sachsenspiegel eine Ausnahme in Form eines Sondervermögens der Ehefrau und Erbteil weiblicher Familienmitglieder: die dem persönlichen Gebrauch der Frau dienende Ausstattung, ihre Kleider, Schmucksachen usw. Diese fiel sowohl beim Tod des Mannes wie beim Tod der Frau an die weibliche Familienseite. Das Gleiche war auch der Fall bei der rhedo der Lex Thuringorum, bei der mala-hereda der Lex Burgundionum und beim redum (arredo, corredo) des lombardischen Rechts, zumal dort diese Gegenstände schon während der Dauer der Ehe der Verfügung der Frau unterstanden [3].
Der entscheidende Grund für die Zuweisung der Gerade an die Frau war aber die Bestimmung der Gegenstände, nicht ihre Provenienz; nicht weil das, was der Frau mit in die Ehe gegeben worden war, also ihre Aussteuer, größtenteils aus Geradesachen bestand, sondern weil die Gerade ihren Bedürfnissen diente, behielt sie diese. Deshalb gebührte ihr auch nicht, was sie von Geradesachen einbrachte, sondern was bei Auflösung der Ehe an Sachen dieser Art vorhanden war [4] (s.a. Aussteuer).
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Quellen[]
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. I, S. 503 (Ehegüterrecht, § 4.)
- Weinhold, Karl. Die deutschen Frauen in dem Mittelalter (Internet Archive). Ein Beitrag zu den Hausalterthümern der Germanen. 2 Bände. Wien 1851. Bd. II, S. 31 ff.
Einzelnachweise[]
- ↑ Wikipedia: Gerade (Erbe) (Version vom 19.08.2020)
- ↑ Sachsenspiegel I 31 § 1, III 76 § 2
- ↑ Lex Burgundionum. 51, 4
- ↑ Sachsenspiegel I 24 § 3