Die Gerste gehört mit dem Weizen zu den allerältesten menschlichen Kulturpflanzen. Sie übertrifft selbst den Weizen durch die führende Stellung, die sie im Kultus und Wirtschaftsleben einnahm.
Geschichte in Europa[]
Die Gerste hatte eine bedeutsame Rolle im Kulturleben der Inder, dann der Griechen und später auch der Germanen.
Steinzeit[]
Schon in prähistorischer Zeit war die Gerste über den größten Teil der alten Kulturwelt verbreitet. In Europa reicht ihr Anbau in frühe neolithische Zeiten, ja, in Frankreich vielleicht sogar bis in die Übergangszeit zwischen dem Paläolithikum und Neolithikum zurück.
In Mitteleuropa war sie im Zeitalter der ältesten Schweizer Pfahlbauten völlig eingebürgert. In Nordeuropa tritt sie zuerst in den Muschelhaufen aus dem Beginn der jüngeren nordischen Steinzeit zusammen mit dem Weizen auf. Auch während der Bronze-und Eisenzeit ist in ganz Mittel- und Nordeuropa Gerste gebaut worden.
In der neolithischen Zeit wurde die Gerste nicht unbedingt zur Brotbereitung verwendet, sondern geröstet oder gekocht. Geröstet wurde sie deswegen, weil die Früchte so leichter von den anhaftenden Spelzen befreit wurden. Aus dem gleichen Grunde wurde auch der Spelz ursprünglich geröstet. Es ist bemerkenswert, dass in den Schweizer Pfahlbauten wohl Weizen- und Hirsebrot, aber kein Gerstenbrot gefunden wurde.
Antike[]
In Griechenland wurde die Gerste noch zur Blütezeit des Landes in der altertümlichen Form der Alphita genossen, wobei die Körner schwach geröstet, nach Zusatz von Salz und Gewürz grob zerkleinert und mit Wasser, Most, Wein oder Öl zu einem polentaartigen Brei angerührt wurden. Später wurde die Gerste in Griechenland auch zur Herstellung von Backwerk benützt.
Es ist eine interessante Tatsache ist, dass das Gerstenkorn bei zahlreichen Völkern in älterer Zeit als das kleinste Gewicht-und Längenmaß benutzt wurde. Und es ist auch gewiss kein Zufall, dass die bekannte Geschwulst am Augenlid von den meisten europäischen Völkern: den Griechen, den späteren Römern und den romanischen Nationen, von den Deutschen und Slawen als 'Gerstenkorn' bezeichnet wird.
Völkerwanderungszeit[]
Um 500 n. Chr. schrieb der griechische Arzt Anthimus in seinem Werk De observatione ciborum: „Die Natur der Gerste ist feucht und kalt, und der Absud der Spreu ist ein Reinigungsmittel. Um das zu erkennen, koche ungeröstete Gerste in Wasser: du wirst sehr reichlich Flüssigkeit abfließen sehen.“
Er schreibt weiter: „Die Ptisanen (Gerstenwässer) aber, die aus Gerste hergestellt werden, sind gut für Gesunde und Fiebernde, wenn man sie zu bereiten weiß. Ebenfalls aus Gerste wird ein gutes Gericht bereitet, das wir auf griechisch alfita nennen, lateinisch heißt es polenta, die Goten nennen es in ihrer für uns fremdartigen Sprache fenea. Mit warmem Wein gemischt ist es ein bemerkenswertes Heilmittel.“ [1]
Quellen[]
- Johannes Hoops. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 2. 1918—1919. S. 190f.
Einzelnachweise[]
- ↑ Epistula Anthimi ad Theodoricum regem (Fol. 72r-74v) im Lorscher Arzneibuch (Msc.Med.1). Digitalisat der Staatsbibliothek Bamberg (Kaiser-Heinrich-Bibliothek). Medicus Anthimus. Lorsch, Anfang 9. Jahrhundert. Transkription und deutsche Übersetzung von Ulrich Stoll. Stuttgart : Steiner 1992