Mittelalter Wiki
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Crystal keditbookmarks Dieser Artikel wurde am 02. Augfust 2014 als Spotlight vorgestellt.

Der Gesang war bereits bei den Germanen, besonders in Mittel- und Nordeuropa, sehr mannigfaltig ausgebildet. Die Nordgermanen hatten in Odin sogar einen besonderen Gesangesgott [1]. Er sang den Totenzauber, um die Völva aus dem Grab herauszubringen, sang den Liebeszauber um Frauen ihren Männern abspenstig zu machen, war der Herr der Zauberlieder (ljóð, galdr) wie des erzählenden Liedes (kviða) und entsprach auch sonst in vieler Hinsicht dem römischen Merkur, der ja als Erfinder der Lyra nebenamtlich ein musikalischer Gott war.

Mythischer Hintergrund[]

Odin als Gesangesgott ist keine spätere Fiktion, denn auch bei den Angelsachsen stand Wodan zu wóð - 'Stimme, Gesang' wie Óðin zu anord. óðr - 'Poesie, Gesang', urverwandt mit lat. vátes - 'Sänger und Seher' und vielleicht auch mit den keltischen Priesterärzten. Als Gott des Windes machte er oft eine wunderbare Musik, und die Runen, die er erlernte, waren ursprünglich nichts anderes als geheime Lieder (rún = 'Geheimnis, geheimes Lied, geheimes Zeichen'; vgl. finnisch runo - 'Gesang, Gedicht', runoilija - 'Dichter'), durch die man die Zukunft zu bestimmen vermochte. Diese Runen waren nicht die späteren Schriftzeichen, sondern ähnlich den astronomischen Zeichen auf den Handpauken der Steinzeit, wie man sie in Pergamon und Lappland zu Wahrsagezwecken benutzte.

Neben Wodan standen als musikliebende Wesen Frau Holle (Perchta), deren Lied man in den Bergen zuweilen hörte, die Nixen und Elfen, die durch ihren Gesang bezaubern, während die Hexen und Zwerge sich besonders an Tanz und Tanzmusik ergötzen. Immer haftete dem Gesang etwas Geheimnisvolles an, meistens fand er sich mit dem Begriff von Nacht und Tod verbunden. Letzteres nicht erst unter dem Zwang des Christentums, das den heidnischen Gesang in Nacht und Abgeschiedenheit verbannte; sondern weil Wodan, der Gott des Gesangs, der Erfinder der Zauberlieder und Runen, zugleich Totengott war.

Zauberlieder[]

Gesungen wurde bei den Opfermahlzeiten zu Ehren der Götter und Toten, ebenso wie bei den Gastmählern zu Ehren der Helden. Ursprüngliches ein rein germanisches Wort für "singen", das sonst in keiner Sprache vertreten war, ist das ahd. galan, kalan, ags. galan - 'Zaubergesang singen'; Carmen magicum pronuntiare (noch im westgerm. Nachtigall, wo das Wort ebenfalls mit Nacht verbunden ist); ahd. und as. gala (cala) ist die 'Sängerin, Zaubersängerin', ahd. galstar (calstar) der 'Zaubergesang', incanlatio, sacrificium, ahd. calari, galstrari, incantator, ags. galdor und an. galðr - 'Zaubergesang'.

Daß diese Zaubergesänge schon in vorgeschichtlicher Zeit eine bestimmte dichterische Form besaßen, ist angesichts der überlieferten Zauberformeln so gut wie sicher. Den Gesang des Blutsegens fand man im Altindischen wieder [2], woraus man den Schluß ziehen kann, daß eine bestimmte Gesangsform schon dem indogermanischen Kulturkreis zugesprochen werden muß... Weiterlesen.

Schlachtengesänge[]

Zu den Zauberliedern muß man auch diejenigen rechnen, durch deren Vortrag (bardit) die Germanen nach Tacitus "den Ausgang der bevorstehenden Schlacht zu erkennen suchten, denn sie erschrecken andere oder zittern selbst, je nachdem der Gesang der Schlachtreihe erklang". Inhalt dieser wihlieft oder Schlachtengesänge waren die Taten der Helden wie Tuisto, Mannus, Hercules (d. h. Wodan), Arminius; Eterpamara, Amalas, Fridigern, Vidigoia u. a. bei den Goten (laut Jordanes); Alboin bei den Langobarden, Sachsen und Bayern (Paul. Diac.), und noch Ende 10. Jh. Dietrich von Bern ("Thideric de berne de quo cantabant rustici olim"; Quedlinburger Annalen).

Zwei Berufssänger rezitieren am Hof des Hunnenkönigs Gesänge auf Attila (Hist. Goth.). Poeta Saxo (9. Jh.) spricht von carmina vulgaria (Lieder der Massen) auf die Ahnen von Karl dem Großen. Solche Lieder bildeten in altgermanischen Zeiten die einzige Art von geschichtlicher Überlieferung (Tac). Der Hauptschlachtengesang war der auf Wodan, der nur gesungen wurde, wenn die Germanen in die Schlacht ziehen wollten (Tac). Ein Kampf- und Beschwörungslied war noch im späteren Mittelalter das "Media vita in morte sumus" (d.h. 'in der Mitte des Lebens sind wir im Tod') des Notker Balbulus (um 840-912), mit dessen Absingen man Tod und Not über den Feind heraufbeschwor, so daß der Gesang dieser Sequenz "contra aliquas personas" ('gegen irgendwelche Personen)' später sogar hart bestraft wurde (Konzil von Köln 1316).

Bemerkenswert ist, daß die Römer solche Schlachtgesänge und Heldenlieder nicht hatten, sondern sich z. B. der Kohorte der Sugambrer gegen die Thraker bedienen mußten, weil jene ebensogut wie diese trotzige Lieder und Kriegsgeschrei konnten (nee minus cantuum et armorum tumultu trucem).

Klagegesänge[]

Neben den Zauberliedern wurden von der christlichen Kirche die germanischen Klagegesänge um die Toten einem ganz besonderen Verbot unterworfen. Diese Totengesänge hießen sisu, ahd. auch sisesang und entsprechen dem lat. Carmen lugubre ('Klagen'), nenia, ags. sisâs in dâdsisâs und in sesspilo, d. h. 'Spiel und Gesang bei Leichenbegräbnissen'. Der bei Chalons gefallene Westgotenkönig Theoderich I. ebenso wie Attila wurden bei ihrer Bestattung durch solche Gesänge geehrt (Jordanes).

Hierher gehören auch Beschwörungslieder zum Anrufen der Toten, wie die hellirúna oder dohotrúna, und bei den Nordländern die varðlokkur (Geisterlocklieder), sowie jene carmina diabolica ('Lieder des Teufels'), die das Volk auf den Totenhügeln mit ausgelassenem, lustigem Lachen sang (Synode unter Papst Leo IV., 9. Jh.). Tagelange Tänze und Spiele waren bei einem Todesfall nicht selten, so daß der sisomo (Sänger des Klageliedes) geradezu der musicus ('Musiker') war.

In den Althochdeutschen Glossen von Steinmeyer und Sievers [3] heißt es: Nenias, vanitates vel mendacia seu mortiferos cantus lotirspracha (i.e. Franciae lotirspracha). Da lotar - 'locker, leichtfertig' heißt, so müssen diese heidnischen Grabgesänge eher fröhlich als traurig gewesen sein, wozu auch die Angabe einer alten Beichtformel stimmt: ik gihórda hélhinussja endi unhrénja sespilon, mit der Glosse sisuva: spanisciu posi (Possen) iberas nenias. Später z. B. bei Notker Labeo wird "Nenia" mit charasang - 'Klagegesang' übertragen.

Volkslieder[]

Noch fröhlicher waren die Volkslieder, die scofleod, scophsang oder psalmi plebei. Scoph, schof heißt im Althochdeutschen "die Dichtkunst, die Poesie", d.h. die einheimische, germanische, weltliche, amhd. scopphen - 'dichten'. Im lateinischen wird der scoph übersetzt als "poeta, vates, psalta" ('Dichter, Barde, Psalmist'), daz scoph aber ist 'poesis, commentum, ludibrium' ('Poesie, Spott'). Man spricht von salmscoph (Psalmengesang), und die Wurzel des Wortes weist auf 'Schaffen, Schöpfer, Bildner' hin.

Aber daneben heißt scoffón - 'verlachen', und daher versteht man unter scoph gern die Spottlieder (an. scop, altfries. schof - 'der Spott, Hohn', engl. scoff - 'spotten, höhnen'), wie sie nach dem Bericht griechischer und römischer Schriftsteller auch die Barden neben ihren Lob- und Preisliedern auf die Helden sangen. Nach alter Überlieferung soll sie ein König Laber eingeführt haben, um Scham über schlechte Taten zu wecken (Aventinus). Diese Cantica in blasphemiam ('Lied der Lästerung') verbot ein Capitulare von ca. 744 besonders nachdrücklich. Bei den Westgermanen hieß scop - 'der epische Sänger'.

Winileod[]

Das althochdeutsche Winileod war ebenfalls carmen ('Lied') oder cantilena saecularis ('weltliche Musik'), psalmus vulgaris, canticum rusticum - ein volkstümliches Lied. Es waren gesellige und Liebeslieder (wini - 'der Freund, der Gesell, der Geliebte'), die besonders den Nonnen aufzuschreiben 789 von Karl dem Großen sehr eindringlich untersagt wurde.

Das Winileod ist am ehesten als umfassender Name für die ganze Kleinlyrik (s. Gesellschaftslyrik) zu betrachten. Ob der sprachliche Sinn 'Gesellenlied' ist oder aber 'Buhlenlied, Liebeslied', streitet man. In dem zweiten Fall müßte das Wort einen sehr erweiterten Begriff erlangt haben. Dass bei Nonnen das 'Schreiben oder Verschicken' der winileod vorkam (Kapit. von 789), wiese eigentlich auf Liebesverse hin, die man als briefliche Grüße aussandte; denn die gewöhnliche Unterhaltungslyrik aufzuzeichnen, bestand kein Bedürfnis.

Reigen und Rhythmus[]

Daneben gab es auch einen Reigen, den man im Chor unter Tanz oder Marschbewegungen ausführte, den gartsang. Hier trat der Rhythmus besonders deutlich hervor, und dieser war, wie die metrischen Forschungen, ebenso wie die ältesten Volkslieder und schriftliche Traditionen beweisen, ein gerad-taktiger. Die Periodisierung führte vorwiegend zum vier-taktigen Halbvers (4 Schritte vorwärts, 4 Schritte zurück, 4 zur Seite nach rechts und 4 nach links). Die acht-taktige Periode, die in der deutschen Volksmusik (Lied und Tanz) ganz überwiegend vorherrscht, beruht darauf.

Gesang Noten RdgA Bd.II, S. 202

Ihr begegnet man immer wieder, besonders in der Form des rhythmischen Schemas mit und ohne Auftakt, mit den entsprechenden Auflösungen der Notenwerte, viermal hintereinander. So auch in den Merseburger Zaubersprüchen, in den griechischen, syrischen und lateinischen Hymnen des frühen Mittelalters; sowie im heutigen Kinder- und Volkslied zumeist, im Knüttelvers usw.

Man kann dieses Schema (auf dem auch die klassischen Verse zum Teil aufbauen) als allgemeine Grundlage der indogermanischen Dichtung betrachten. Auch bei dem althochdeutschen Dichter Otfrid von Weißenburg (ca. 800-870), der seine Krist-Evangelienharmonie ausdrücklich zur Verdrängung der saeculares voces ('weltlichen Stimmen') dichtete, findet sich keine Spur von dreiteiligen (triolischen) Takten.

Zudem berichten Walter Odington u. a. Musikschriftsteller des 12. und 13. Jhds. daß der Takt nur in zwei Überlieferungen in drei Perioden (als Dreier-Takt) auftrat, in der Gestalt der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, als perfekte Summe. Also hatte vor dem 13. Jh. die ganze Taktnote (Longa) immer oder meist nur 2 Halbe; später wurde sie fast ausschließlich drei-teilig gemessen. Die Umwandlung des geraden in den ungeraden Takt muß sich im 12. Jh. vollzogen haben.

Begleitinstrumente[]

Maciejowski-Bibel M638 39r - Musikinstrumente

Musikinstrumente (Maciejowski-Bibel M638, Fol. 39r, um ca. 1250)

Gesungen wurde meist mit Begleitung von Musikinstrumenten, größtenteils zu Lyra-artigen Saiteninstrumenten (berichtet von Diod. Sic, Cassiodor, Jordanes, Procop., Venant. Fort und a.). Insbesondere scheint das Lied (ahd. liod, lioth, leod, fränk. leudus, anord. ljóð) immer zum Saitenspiel gesungen worden zu sein. So ist leodslago, -slaho der "Liedschläger", der "sich auf dem Saiteninstrument begleitende Liedsänger".

Im Jahre 533 bat der Vandalenkönig Gelimer im Gefängnis um eine Cithara, um sich ein selbstgedichtetes Lied von seiner Not zu begleiten (Procop). Chlodwig I. bat Theoderich 497 um einen Citharoeden (Kithara-Spieler), der ihn mit Spiel und Stimme beim Mahle ergötze. Der angelsächsische Heerführer Alfred der Große ging im 9. Jh. mit seiner Harfe ins Feindeslager, um dort zu spielen und zu spionieren. Gleiches wird aus dem Jahre 938 von dem dänischen Anlaf berichet. Auch der friesische Sänger Bernlef sang und spielte zugleich.

Es bildete sich überall ein Stamm von besonders beliebten Liedersängern heraus, die großen Ansehens genossen. Es müssen sogar bestimmte Sängerfamilien bestanden haben, wie die Namensähnlichkeit der deutschen Sänger Hôrant in der Gudrunsage, Herant, Heorrenda und des nordischen Hjarrandi vermuten läßt. Die Nordgermanen benutzten ebenfalls in alter Zeit die harpa, seit den christlichen Zeiten dann weniger. "Oft spielte die brummende Harfe die barbarischen Lieder allein" (Ven. Fort.). Doch gab es natürlich auch bei sämtlichen germanischen Völkern Gesang ohne Instrumente (Beowulf 867 ff.).

Überlieferungen[]

Die alten Lieder konnten künstlerisch so reizlos nicht sein, das beweisen die vielen, immer erneuten Verbote der Kirche, sie zu singen und aufzuschreiben. Der großen Liebe des Volkes zum Lied verdanken wir auch dem ungeheuren Schatz an überlieferten Liedern. Karl der Große ließ sie sammeln (Einhard), die Sammlung war im 9. Jh. bekannt. Von einer Liedersammlung Karlmanns ist jetzt noch eine Spur vorhanden. Von einigen noch heute lebenden Volksweisen konnte durch vergleichende Liedforschung nachgewiesen werden, daß sie aus der germanischen Vorzeit stammen, so z. B. "Fuchs, du hast die Gans gestohlen", dessen Melodie auch bei der Echternacher Springprozession (Luxemburg) und bei dem Reigentanz der Salzsieder von Schwäbisch-Hall (Baden-Württemberg) im Mittelpunkt steht, und die wahrscheinlich ein alter germanischer Springtanz war. [4]

Diese Melodie findet sich in fast allen germanischen Ländern mit überraschender Übereinstimmung und Häufigkeit wieder, in England, Niederlanden, Dänemark, Norwegen, und hat sich auch den Polen und Litauern mitgeteilt. Auch lateinischen Hymnen (z. B. Conditor alme siderum) mußte sie, wie manche andere, als Melodie dienen. Überhaupt sind die alten Kinderlieder im Allgemeinen als Abkömmling längst verhallter Lieder aus der Vorzeit zu betrachten, (z. B. "Alle meine Entlein" (vgl. "Die Moldau" von Smetana), "Ringel Ringel Reihe", resp. das Hermannslied), ebenso ein bestimmter Teil der alten Studentenlieder.

Römisch-griechische Beurteilung[]

Wenn der Gesang der Germanen von den römischen und griechischen Schriftstellern als "barbarisch" geschildert wird, so muß man bedenken, daß diese "Barbaren" doch eine hohe sittliche Kultur besaßen, wie es über die Germanen von Tacitus, über die Goten von Jordanes und über die Franken von Agathias berichtet wird. Zudem klingt die germanische Sprache an sich rauher als die südlichen (teils wegen der aspiratorischen Betonung, teils wegen der Anhäufungen von unbetonten Silben im Stabreim) und gilt heute noch den Romanen als Inbegriff alles Barbarischen.

Für die Römer und Griechen war die ganze Art des Vortrags germanischer Lieder, besonders der Schlacht- u. Helden-Lieder eine absichtlich furchtbare und laute. Denn wie Tacitus (Germ. 3.) berichtet, wurden besonders raue Töne angestrebt, da die Furchtbarkeit zugleich ein gutes Omen für die Schlacht war:

„Vorallem die Rauhheit des Tones wird erstrebt und ein gebrochenes Gebrumm, indem sie die Schilde vor den Mund halten, auf daß die Stimme durch den Widerprall desto voller und tiefer anschwelle.“

Tacitus: Germania, 3 [5]

Von diesem Standpunkt aus wollen die absprechenden Urteile der Fremden, die den germanischen Liedgesang mit dem Kreischen von Vögeln (Jul. Apost.), Zischen der Gänse (Amm. Marc, Ven. Fortun.) u.ä. vergleichen, wenig besagen, zumal da die römischen und griechischen Autoren diese Vergleiche ausdrücklich nur auf die unschöne Sprache bezogen. Eben dieselben Beurteiler sagen nämlich ebenso, daß die Germanen sehr eifrig im Liedersingen waren, während von den römischen Legionen (Tac. Ann.) und den roman. Ländern (s. Bernhard) genau das Gegenteil berichtet wird. Besonders bezeichnend für die Kultur der Gesangsmusik ist die Ausprägung besonderer Fachausdrücke für den "Vortrag" u.ä. Dinge (s. Musik).

Kirchlicher Gesang[]

Das Christentum bot den Germanen musikalisch zunächst weit weniger, als es von ihnen empfangen hat. Neu war den Germanen insbesondere nicht das melodische Singen und Musizieren (concentus), sondern der Halbgesang der Rezitation (accentus). Die älteste Kirche beschränkte sich fast ausschließlich auf die Pflege der Psalmodie, d.h. einer Rezitationsform, wo die Psalmen u. a. Bibellektionen nach den Akzenten vorgetragen wurden. Man leistete im Psalmensingen in der ersten Hälfte des Mittelalters Unglaubliches und sang nicht selten die ganze Nacht hindurch, nach dem Vorbilde der Akoimetai (Schlaflose) in den griechischen Klöstern. Man richtete zu diesem Zweck sogar eigene Manecanterien ein (Frühsingeschulen z. B. der Merowinger-König Dagobert I. 628-637 in St. Denis nach dem Muster des Klosters Agaunum in Kanton Wallis, nach Fredegar-Chronik; in Lyon unter Erbischof Leidrade; im 11.Jh. in Meißen)... Weiterlesen

Gesangschulen[]

In Frankreich war das Seminarium musices die Schule Alkuins (735-804), aus welcher u. a. Hraban Maurus hervorging. Dessen Schule in Fulda (seit 804) wurde Vorbild für ganz Deutschland. Er begünstigte das Nationale (Otfrid von Weißenburg war sein Schüler), so daß die einheimische Tonkunst in christlichem Sinn eine erneute Pflege fand. Das Te Deum und ambrosianische Hymnen wurden ins Deutsche übersetzt (Interlinearversionen des 9.-10. Jhds.).

Sein Schüler Walafrid Strabus (so wünschte er selbst genannt zu werden, † 849) ließ die Schüler seiner Musikschule in Reichenau alle Musikinstrumente erlernen (selbst Trompete und Flöte) und legte großen Wert auf Theorie und Komposition. Er und ein anderer Schüler Hrabans, Werembert, trugen dessen Lehren auch in das Kloster St. Gallen. Dort war eine Sängerschule angeblich schon durch einen römischen Sänger Romanus zur Zeit Karls des Großen eingerichtet, welcher Iso 840-865 und dann der Ire Möngal=Marcellus vorstanden.

Von ihr ging ein großer Aufschwung der Musik in Deutschland unter Führung von Ratpert († 900, künstliche Verwendung des Refrains) Tutilo († 915 Tropen) und Notker Balbulus († 912, Sequenzen (sM.)) aus. Das Lied Ratperts auf St. Gallus, in deutscher Sprache gedichtet, war ausdrücklich zum Absingen durch das Volk in der Kirche bestimmt. Im Kloster St. Gallen wirkten sodann auch Hartmann († 924), Notker Labeo, Verfasser eines Traktates über Musik in deutscher Sprache († 1022), und Hermannus Contractus, später Mönch in Reichenau (t 1066), ein sehr bedeutender Komponist und Theoretiker. Über die Gesangston-Schriften s. Neumen.

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Vigfusson, Corpus poet. bor. I. CIII f.
  2. Scherer: Geschichte der deutschen Literatur, Berlin 1880. S. 15
  3. Althochdeutsche Glossen (Internet Archive). Elias Steinmeyer, Eduard Sievers. Berlin : Weidmann, 1879 bis 1898.
  4. Oskar Fleischer: Sammelband I der Internationalen Musikgeschichte. S. 1 ff. u. Bd. III, S. 185 ff.
  5. Tacitus, De origine et situ Germanorum (Germania). Übersetzung "Die Germania des Tacitus"'. Anton Baumstark: Freiburg 1876. Digitalisat auf Wikisource.
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