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Crystal keditbookmarks Dieser Artikel wurde am 19. Januar 2015 als Spotlight vorgestellt.

Über das Leben der einfachen Leute im Mittelalter sind wir nur ungenau unterrichtet, und ganz besonders trifft das für gesellige Beziehungen und Veranstaltungen zu. Bei der Gebundenheit und konservativen Art von ländlichen Sitten ist zu vermuten, daß der Gesamtinhalt des geselligen Lebens sich nicht wesentlich verändert hätte. Aber mehr als dieser allgemeine Satz läßt sich kaum schlußfolgern.

Allgemeines[]

Die äußeren Formen des geselligen Lebens im Mittelalter können teilweise lange dieselben geblieben sein oder sich ebenso rasch verändert haben, ohne erkennbares Gesetz. Wohl läßt sich an einzelnen Äußerlichkeiten beobachten, wie Sitten und Gebräuche von höheren Ständen auf die niederen übergegangen sind, aber daneben stehen weit stärkere Veränderungen in Hausbau, Speisen, Getränken und dgl. und es genügt, daran zu erinnern, daß alle Bestandteile der Unterhaltung, die den Gebrauch der Schrift voraussetzen, je weiter zurück um so mehr wegzudenken sind.

Römische Kaiserzeit[]

Wenn wir noch heute die Anschauungen früherer Darsteller teilen würden, so wäre das Leben eines Germanen zur Römischen Kaiserzeit (1 bis 375 n. Chr.) außerhalb des Kriegs nur durch Nichtstun und Gelage ausgefüllt gewesen. Wir verdanken diese Auffassung jener "Germania" des römischen Historikers Tacitus (um 58-120 n.Chr.), die sowohl für die Bereicherung als auch für eine verzerrte Auffassung des Altertums gleich bedeutungsvoll geworden ist. So schreibt er:

„Wenn sie nicht in den Krieg ziehen, verbringen sie keinen großen Teil der Zeit mit Jagen, sondern mehr in Nichtstun, dem Schlaf ergeben und der Speise: Die tapfersten und kampfesmutigsten - Alle tun gar nichts. Die Sorge für Haus, Hausleben und Feld ist den Weibern, Greisen und allen Unkräftigsten der Hausgenossen überlassen.“

Tacitus: Germania, Kap. 15

Oder:

„Den geselligen Mahlen und gastlichen Bewirtungen hängt kein anderes Volk ausschweifender nach.“

Tacitus: Germania, Kap. 21

Es ist leicht zu erkennen, daß das nicht auf den Großteil des Volkes zutreffen kann, der nicht allzu viel Zeit für geselliges Vergnügen gehabt haben wird, da nur ein kleiner Teil der Germanen in der Lage gewesen sein dürfte, die täglichen Arbeiten auf Knechte abzuwälzen. Es wird an den genannten und noch an anderen Stellen recht deutlich, daß die Römer die Germanen etwa so kennen lernten, wie die meisten Kontinentalbewohner die Engländer, in einer Auswahl höher stehender, im Krieg, bei Gesandtschaften und dgl. hervortretender Persönlichkeiten.

Tacitus bezog sich, wie andere Stellen zeigen, auf jene Klasse der von ihm und schon von Caesar so genannten principes, der Gefolgsherren, die unmittelbar vorher (Kap. 13 f.) geschildert ist und von der es weiter (Kap. 15) heißt: "Es ist Sitte in den Völkern, frei und nach jedermanns Kräften, den Oberhäuptern entweder Tiere oder Früchte beizusteuern, was, als Ehrengabe gern empfangen, zugleich den Bedürfnissen hilft."

Anlässe für Geselligkeit[]

Zu geselligen Zusammenkünften hatte auch schon das Altertum mancherlei Anlässe. Wirtshäuser und verwandte öffentliche Gebäude fehlten dem Frühmittelalter noch; so mußte sich die Geselligkeit in den Privatwohnungen oder bei öffentlichen Veranstaltungen im Freien bewegen. Gewiß hatten die Heimgärten, Kunkelstuben, Vorsitze (oder wie sie heißen mögen) der Bauernhäuser ihre Vorgänger schon weit bis ins Altertum, nur daß wir über sie erst vom Mittelalter an ein wenig mehr darüber erfahren. Über Hochzeitsfestlichkeiten und die mindestens ebenso wichtigen Verlobungsfeiern (Heirat, Stuhlfeste u. a.) gibt es so gut wie keine genauere Kunde.

Ballspiel[]

Das Ballspiel war zu allen Zeiten beliebt, so auch noch im Mittelalter unter Erwachsenen. Daß es mit rhythmischen Tanzbewegungen verbunden war, zeigen mittelalterliche Szenen und die Wörter it. frz. bal(lo), it. ballare; daß dazu auch gesungen werden konnte, das it. ballata. Das Werfen von Kugeln ist in Skandinavien erwähnt, hat aber auch in Mitteleuropa gewiß nicht gefehlt.

Brettspiele[]

Brettspiele, bzw. nach lat. tabula, Zabelspiele, waren weniger Verboten unterworfen als Würfelspiele. Aus der Ritterzeit kennt man Damenspiel und Trictrac (wurfzabel) mit einem nicht näher bekannten Spiel namens míle. Diese Spiele können durchaus auch älter sein als das Mittelalter.

Das Schachspiel dagegen kam erst zum Ende des ersten Jahrtausends nach Europa; der im 11. Jh. gedichtete lateinische Versepos Ruodlieb kennt es. Naturgemäß wurde das orientalische Spiel von den Kreuzzügen an in Europa verbreiteter, in Deutschland wohl besonders seit dem 2. Kreuzzug (1147–1149). Es wurde das eigentliche Spiel der vornehmen Gesellschaft; für seine Beliebtheit zeugt nicht bloß die spätmittelalterliche allegorische Schachliteratur, sondern noch mehr die häufige bildliche Verwendung in der Literatur, wovon das Wort matt bis heute ein Zeuge geblieben ist.

Gastfreundschaft[]

Gastfreundschaft bei den germanischen Stämmen war nicht nur bei Verwandten, sondern auch bei auch Nichtverwandten und Freunden gegenüber uralt und sogar gesetzlich gefordert. Nach der Lex Burgundionum aus dem 9. Jh. (dem Burgunderrecht, 38, 1) und den fränkischen Kapitularen von 802 und 803 durfte keinem Fremden Obdach, Herd und Wasser verweigert werden, Speise also war gesetzlich nicht geboten. Immerhin schränkte die Sitte den Aufenthalt auf drei Tage ein. Aber selbst ein Feind durfte das Gastrecht beanspruchen. Tacitus berichtet auch von gegenseitigen Gastgeschenken, sowie von dem, was Goethe eine polnische Wirtschaft nennt: Gastwirt und Gast ziehen, wenn die Nahrung ausgeht, von Haus zu Haus weiter. Noch in den Erzählungen der Ritterzeit spielt die Gastfreundschaft die größte Rolle; auch hier noch (Nibelungenlied 1632 ff.) das Gastgeschenk an den Weiterziehenden.

Götterfeste[]

Geselligen Charakter hatten auch die periodisch wiederkehrenden größeren heidnischen Götterfeste, bei denen der Schmaus zum Sakralakt selbst gehörte. Von Opfermahlzeiten und Trinkgelagen sakraler Art berichtete schon Tacitus (Hist. IV 14); und von einem alemannischen Biergelage zu Ehren Wodans im Jahr 615 schreibt der Biograph des hl. Columban von Luxeuil (540–615).

In Skandinavien kannte man drei Hauptfeste im Jahr: Mittwinter, Sommeranfang und Spätherbst. Sie ohne weiteres auch für Deutschland anzusetzen, ist allerdings bedenklich. Das Fest der Nerthus auf der noch heute nicht festgestellten insula Oceani (Tacitus. Germ., 40) war sicher in der guten Jahreszeit. Die Sachsen hatten zu Anfang Oktober ein dreitägiges Fest (Widukind 1, 12). Alle neun Jahre fanden große Feste statt, auf dem dänischen Seeland nach Thietmar von Merseburg, in Upsala nach Adam von Bremen. Aus Deutschland weiß man recht wenig.

In christlicher Zeit sind gewisse Kirchentage schon früh durch Geselligkeit, Schmausereien und dgl. ausgezeichnet gewesen, im ganzen dieselben wie jetzt: Christfest, Ostern, Pfingsten (in der Ritterzeit Lieblingstermin für Hoffeste neben der Sommersonnenwende), im Herbst Martinstag (Gansessen, Kirchweih usw.).

Jagd[]

Stundenbuch Herzog von Berry 1416 August

Beizjagd (Stundenbuch des Herzogs von Berry, Monat August)

Außer Tanz und Ballspiel galt auch die Jagd schon in alten Zeiten nicht bloß als Abwehr wilder Tiere oder Mittel zur Gewinnung von Wilbbret und Pelz, sondern war auch eine gesellige Vergnügung. In der altnordischen Sage gaben sich Götter und Riesen damit ab, und die Ausführlichkeit, mit der hierher gehörige Dinge, z. B. die Unterarten der Jagdhunde, die in den Leges Barbarorum behandelt werden, bezeugen die Wichtigkeit der Sache. Für die einfachen Leute war die Jagd im Mittelalter durch die Erklärung zum Regal (Königsrecht) eingeschränkt, obwohl noch nach dem eigentlichen Mittelalter viele Gegenden freie Pirsch hatten. Um so mehr bleibt sie der Sport der Edlen... Weiterlesen.

Lyrik[]

In der populären Geselligkeit noch der heutigen Zeit und ebenso in der ritterlich-höfischen des Mittelalters spielt die Lyrik, meist in der Form des musikalischen Vortrags, eine große Rolle. Als Lyrik des geselligen Verkehrs ist in erster Linie die Liebeslyrik anzusprechen. Daß eine solche, wo nicht in der subjektiven, so doch in der objektiven, chor oder balladenmäßigen Art, auch bei uns von jeher existiert hat, muss ebenso angenommen werden, wie man auch zugeben muss, daß Forscher aus den erhaltenen Denkmälern über die speziellere Frage der Haltung dieser Erotik kaum greifbare Fakten entnehmen können. Der Romanist ist in diesem Punkt besser gestellt.

Während man als Vorläufer der französischen und provenzalischen Lyrik eine reiche Zahl von Proben verschiedener Arten der objektiven Gesellschaftslyrik, Romanzen, Pastourellen und dgl. besitzt, die man sich für noch frühere Zeit wohl nicht wesentlich anders zu denken braucht: so ist unter den durch die Minnesängerhandschriften aufbewahrten Liedern höchstens eines, das älter und rein volkstümlichen Ursprungs sein kann (MF. I, I). Weiter zurück sind vereinzelt ein paar Zeilen Gelegenheitsgedichte, ein paar Notizen über Hymnen, Leichengesänge und dgl. überliefert, die jedoch kein konkretes Bild geben (s. Gesang)... Weiterlesen.

Mündliche Vorträge[]

Über den geistigen Inhalt und die Kulturstufe der Geselligkeit vor und während des Mittelalters läßt sich nicht viel sagen. Forscher wüßten gar zu gerne, worüber und wie sich die Leute in Mußestunden geselligen Verkehrs unterhalten haben, wenn die Unterhaltung über das Alltagsleben und praktische Fragen hinausging. Daß in Zeiten ohne Buchdruck und, was den größten Teil der Gesellschaft betrifft, ohne Schrift die mündliche Mitteilung auch Trägerin für literarische Stoffe und Gattungen gewesen ist, leuchtet ohne weiteres ein. Bei der Vermittlung der Erzählungsstoffe von einer Zeit auf die andere spielte der mündliche Vortrag eine Hauptrolle.

Wenn man vom heutigen Island oder von anderen im Winter verkehrsarmen Gegenden erfährt, daß die Bauern sich die Winternächte mit Vorlesen der alten sǫgur (s. Islandsagas), anderswo moderner Druckwerke vertreiben, so ist ähnliches für alte Zeiten ebenso und noch mehr anzunehmen, und zwar in rein mündlicher Form, die ein Hauptmoment für die vielfachen Variierungen des Erzählungsinhalts geworden ist. Noch wichtiger wurden andere Anlässe zu geselligem Verkehr und mündlichem Austausch, wie Kaufmannsreisen, Feldzüge, Seefahrten, welche dem stets nach Neuigkeiten lüsternen Publikum neue Erzählungsstoffe fremder Herkunft zuführten.

Man kann das sehr deutlich verfolgen. Wie später die Kreuzzüge uns neue Stoffe und Formen gebracht haben teils durch die Berührung mit dem Orient, teils durch die zwischen deutschen und französischen Rittern, so brachten früher die Wikingerzüge dem skandinavischen Norden deutsche und englische Stoffe und Vorstellungen. Noch früher vermittelte die Bewegungen während der sog. Völkerwanderung die Figuren der späteren deutschen Sagen wie Attila und Theoderich, und gewiß war das auch bei den frühesten Berührungen der Germanen mit Galliern und mit Römern der Fall, wenn es auch kaum beweisbaren Spuren mehr dafür gibt. Dabei ist es eine Nebenfrage, ob ein solcher mündliche Vortrag in formlosem Prosabericht oder im Vortrag von Liedern bestanden hat; wobei man keines von beiden ausschließen kann, denn das letztere ist ausdrücklich bezeugt und das erstere versteht sich eigentlich von selbst.

Tafelgenüsse[]

Stundenbuch Herzog von Berry 1416 Januar

Neujahrsempfang mit Festtafel (Stundenbuch des Herzogs von Berry, Monat Januar)

Von der Redewendung "Dies Geschlecht kann sich nicht anders freuen als bei Tisch" machte weder das Altertum noch das Mittelalter eine Ausnahme. Caesar (B.G. 4, I. 6, 22, und Tacitus (Germ. 23) schildern, wenn auch etwas einseitig, die Einfachheit der germanischen Tafelgenüsse: "Ihre Speisen sind einfach: Feldobst, frisches Wildfleisch, oder geronnene Milch. Ohne künstliche Zubereitung, ohne Leckereien vertreiben sie den Hunger." (Tac., Germ. 23). Davon war man wenigstens an den Höfen der Adligen schon in der fränkischen Zeit sehr abgekommen. Das zeigen die sehr detaillierten karolingischen Formulare für die Ausstattungen der Königshöfe mit eßbaren Tieren und mit Gewürzen. Das Mittelalter vollends liebte reichbesetzte Tafeln und starke Würzen.

Tanz[]

Wie die Musik, so ist auch der Tanz eine uralte Volksbelustigung, über die man freilich vor dem Mittelalter kaum etwas Genaueres erfährt. Man kennt aus dieser Zeit im wesentlichen zwei Arten von Tänzen, danciae et springaciones, zu unterscheiden: den langsameren und vornehmeren Tanz, der "getreten" wird und dessen musikalische Form mhd. liet heißt, und den rascheren, populären "Reien" (schwäbisch ist das Wort noch für wilde Lustigkeit und dgl. gebraucht), der "gesprungen" wird und dessen Musikform mhd. leich heißt.

Zu beiden kann auch gesungen werden, wie Kinder es noch heute tun. Eine besondere Form ist der Schwertertanz. Er wird schon bei Tacitus (Germ. 24) als Hauptbelustigung genannt: junge Männer tanzen inmitten von Schwertern und Spießen und zwar nudi, d. h. in der den Oberkörper bloß lassenden Kriegsgewandung, nur zum Vergnügen, nicht zum Lohn. Die Ritter-Epen, die sonst mancherlei Formen geselliger Leibesübung nennen, erwähnen diesen Tanz nicht. Er hat sich aber als ländliche Volksbelustigung bis in die neueste Zeit da und dort erhalten und ebenso Melodien und gesungene Texte dazu.

Trunkliebe[]

Bekannt sind die Äußerungen der älteren Historiker über die germanische Trunkliebe. Man muss hier allerdings unterscheiden. Stellen wie Tacitus' Germania (Kap. 22): "... Den Tag und die Nacht mit Saufen zu verbringen, bringt Keinem Schimpf." und andere lassen vermuten, daß die Römer öfters Germanen in solcher Verfassung gesehen haben, was von Historikern mehrmals überliefert wird. Speziell dem Wein konnten sie laut den Berichten nur schwer widerstehen. Das kann aber wiederum unmöglich für das alltägliche Leben der einfachen Leute gelten, denen Zeit und Gelegenheit fehlten; denn die einheimischen Getränke, Met und Bier, konnten nicht fertig gekauft werden, sondern wurden im Haushalte selbst bereitet. Wein wird im Hause der einfachen Leute, auch nachdem er von Deutschen selbst erzeugt wurde, so gut wie gefehlt haben; Branntwein wird erst um 1100 erwähnt und blieb noch lange eine Seltenheit.

Aber bei den Festgelagen der Adligen und Reichen treffen solche Schilderungen allgemeiner Trunkenheit zu und können um einheimische Berichte vermehrt werden. Wenn Skandinavien die Vorstellung der Einherjar gezeitigt hat, die täglich beim Göttervater zechen und sich schlagen, so erzählt das angelsächsische Beowulfepos (115 ff.), wie sich der Unhold Grendel in Hróðgárs Halle täglich 30 Gäste zum Fraß holen konnte, die dort nach dem Gelage im Schlafe liegen.

In der Ritterzeit verdrängte der französische Einfluß das Saufen wenigstens aus den Darstellungen der Dichter und Erzähler, in die es mit dem Niedergang des Rittertums in seiner ausgeprägtesten Form wieder einkehret. Daß bei solchen Gelagen auch Schlaghändel nichts Ungewöhnliches sein mußten, wußte schon Tacitus (Germ. 11, 13, 22) und berichtete ebenso, daß die Germanen private und öffentliche Geschäfte nicht anders als bewaffnet abmachten - eine Sitte, die sich in einzelnen Zügen bis in die Gegenwart gerettet hat und den Römern besonders auffiel, in deren Hauptstadt das Waffentragen verboten war.

Totenfeiern[]

Totenmahle wurden in heidnischer Zeit am Grab und auch in den großen Grabhügeln selbst gehalten, wie dort gefundene Speisen und Kohlenreste bezeugen. Die christliche Kirche bemühte sich, solche Opfermahle in Seelenmessen umzuwandeln. Dann fanden die Gelage gleich nach der Bestattung im Hause selber statt, auch um die von auswärts gekommenen Verwandten zu speisen.

In Skandinavien und Island hieß ein solches Mahl erfi - "das Erbe". Dabei setzte sich der Erbe auf einen Schemel zu Füßen des Hauptsitzes, der dem Hausvorstand gebührte, nahm diesen jedoch erst ein, nachdem des Verstorbenen feierlich gedacht war. Neue Veranstaltungen der Art fanden statt nach einer Woche, häufiger nach einem Monat; in Deutschland war der 30. Tag nach dem Tode durch ein Seelenamt ausgezeichnet. Solche Gedenkfeste jedoch haben den Charakter geselliger Veranstaltung, soweit sie ihn überhaupt hatten, längst verloren; aber diee Bewirtungen nach der Beerdigung, sogar mit nachfolgendem Tanz, sind wahrscheinlich sehr alt. [1]

Waffenübungen[]

Waffenübungen - zu denen man auch den Schwertertanz zählen mag - sind ebenfalls nur teilweise gesellschaftliche Unterhaltung, wie die Übungen im Werfen, Stoßen, Springen und dgl. welche die Ritter-Epen als Kurzweil schildern. Wenn die Stechen des ausgehenden Mittelalters nichts weiter als das sind, so waren die Turniere der Ritterzeit, in Deutschland seit dem 12. Jh. erwähnt, zwar mit allem Prunk höfischer Kurzweil ausgestattet und werden in dieser Richtung von den Epikern ausgebeutet; im Kern aber waren sie doch ernsthafte militärische Manöver. Noch mehr wird das für die uns kaum bekannten Waffenübungen älterer Zeit gelten. Von den Bestandteilen des Turniers hat der Buhurt, der Massenkampf zu Pferd, zwar einen französischen Namen, muß aber in der Hauptsache schon älter sein; aus dem Jahre 842 berichtet Nithart von solchen ludi causa exercitii... Weiterlesen.

Würfel- u. Kartenspiel[]

Der Unterhaltung im engeren Kreise dienten die Spiele um Gewinn und Verlust. Das Würfelspiel als das einfachste und bequemste der Hasardspiele ist uralt. So weiß auch Tacitus schon von den Germanen: "Das Würfelspiel üben sie unbetrunken als etwas Ernstes mit solcher Unvernunft für Gewinnen und Verlieren, daß, wenn Alles dahin ist, sie im äußersten und letzten Wurf die Freiheit und den Körper daran setzen. Der Besiegte tritt in freiwillige Knechtschaft; obgleich jugendlich kräftiger, obgleich stärker, läßt er geduldig sich binden und verkaufen." (Germ. 24). Das frühere und spätere Mittelalter erließ Gesetze gegen die Spielwut; vor allem den Priestern war das Würfelspiel verboten. Wie wenig dieses Verbot half, kann man etwa daraus sehen, daß ein Bischof von Cambray 972 ein geistliches Würfelspiel erfand, um doch eine Belehrung und Erbauung mit dem Spiel zu verbinden. Die Würfel hatten dieselbe kubische Form wie jetzt und die Zahlen 1 bis 6, die im Mittelhochdeutschen französische Zahlennamen haben. Erst vom 14. Jh. an hat sich, durch die vervielfältigenden Künste begünstigt, das Kartenspiel, und zwar in verschiedenen Unterarten, in Europa verbreitet.... Weiterlesen.

Eigenheiten[]

Über die äußeren Umgangsformen der Gesellschaft wissen wir wenig. Trotz der starken rechtlichen Schranken zwischen Freien und Unfreien stand der Umgang zwischen den verschiedenen Gesellschaftsschichten dem von Gleich und Gleich bei den Germanen der Römerzeit noch näher, als im späterer Zeit. Darin spiegelte sich auch der geringe Unterschied der Bildungsstufe wieder. So schrieb Tacitus über die Germanen: "Den Herren oder Knecht vermag man in der Erziehung nicht zu unterscheiden: unter den gleichen Herden liegen sie und auf dem gleichen Boden tummeln sie sich." (Tac., Germa. 20).

Noch im Mittelalter wurden vornehme Kinder gern mit denen aus etwas niedriger stehenden Familien erzogen. Von der Geistlichkeit abgesehen, welche ebenso von gewissen Formen der Geselligkeit ausgeschlossen war, wie sie andererseits ein verbindendes Element bildete, entwickelte sich erst im Ritter- und Ministerialentum ein Berufsstand, der mit eigenen Zielen und Idealen zugleich einen größeren Abschluß nach außen verband. Es wäre jedoch falsch, dafür legt schon der umständliche Urkundenstil Zeugnis ab, sich nach der Art mancher früheren erzählenden und dramatischen Darsteller den Umgangston als plebejisch derb vorzustellen.

Das ist er auch heute in bäuerlichen Kreisen nicht. Neidharts Dorfpoesie aus dem 13. Jh. kann zeigen, wie die Freude an Zoten und Grobheiten weit mehr in gewissen Phasen des höfischen Geschmacks zu Hause war. Geringere Prüderie freilich kann man sowohl der germanischen Zeit, wie noch dem Mittelalter nachsagen, und trotz allem, was Tacitus. (Germ. 8) über die Hochschätzung der Frau sagt, findet sich ein ausgebildeter Kultus darum doch erst in der Ritterzeit. Auch die Ausdrücke courtois, höfisch sagen uns, daß er ein Produkt des Hoflebens und des Herrendienstes ist. Auch in den Resten der alten Heldensagen spielt zwar die Frau und das Verhältnis zum Mann eine, wenngleich nicht die oberste Rolle, aber von Damendienst und Minnekultus findet sich keine Spur darin.

Gilden[]

Nicht alle Lebensmittel, die zu größeren Festen gebraucht wurden, konnten von den einzelnen mitgebracht oder an Ort und Stelle vorgefunden werden. Die schon heidnischen Gilden und Bruderschaften zu gegenseitiger Unterstützung, brachten auch die Mittel zu gemeinsamen Gelagen, Totenfesten für verstorbene Mitglieder und dgl. auf; ihr Name gehört zu gelten - 'bezahlen', fehlt übrigens dem Oberdeutschen, daher noch heute die Form mit "d". Ihres heidnischen Charakters entkleidet, lebten sie in buntem Wechsel als Vereine verschiedenster Art fort, besonders auch jn den Zünften der Städte, in denen es an gemeinsamen Gelagen ebensowenig fehlte wie bei den gesamten Ortschaften, die bis in sehr moderne Zeit herein den Ertrag an Geldstrafen und dgl. von Amts wegen zu vertrinken pflegten.

Musikalische Untermalung[]

Ein Essen oder Trinkgelage durch andere als die Tafelgenüsse selbst zu würzen, ist uns, abgesehen von Gesang und Tafelmusik, fremd geworden. Die alte Zeit liebt es, genußfähig und unblasiert wie es noch das Mittelalter ist, in verschiedenen Formen. Dieselben kommen aber auch für sich vor. Die Musik, die sich häufig von selbst bei gemeinsamer Tätigkeit einstellt, steht in erster Linie. So ertönte in der Halle Hróðgárs (Beowulf, 80 f.) jeden Abend der Klang der Harfe und der klare Gesang des Sängers (scop).

Ebenso waren gemeinsame Gesänge üblich; sie sind schon zur Römerzeit der Germanen üblich beim Anmarsch zum Gefecht wie in der Nacht davor (Tac. Germ. 3; Hist. 2, 22. 4, 18). Bei sind sie diesem Anlaß bis ins Mittelalter bekannt (Ludwigslied 46 f. Roman de Rou 13149); ebenso sind Lieder sakralen und anderen Inhalts auch bei anderen Anlässen gesungen worden. Der Einzelsänger solcher Lieder ist ein Mann freien Standes, wie bei Homer geachtet, wenn auch Bedeutung und Kunst sich anderswo nicht so weit entwickelt hat, wie bei den skandinavischen Skalden, weil auf dem Kontinent das Christentum früher dazwischen trat und nicht nur den sakralen Inhalt beseitigte, sondern auch durch seinen Kirchengesang dem weltlichen Muster und Lehrer gab.

Im Frankenreich kamen durch den Einfluß des römischen Galliens die bezahlten, unfreien histriones und joculatores, zu deutsch Spielleute, Gaukler, Fahrende usw. auf, die immer mehr die verschiedensten Formen der Belustigung des Publikums übernahmen und ausbildeten, und zwar gaben sie ihre Vorstellungen nicht selten auch zur Unterhaltung der Gäste während der Tafel. In geistlichen Kollegien wurde statt der Musik und der Schaustücke während des Essens vorgelesen; einzelne weltliche Herrscher, wie Karl der Große, ahmten das nach.

Tischsitten[]

In den deutschen und skandinavischen Schilderungen sitzen die Gäste bei Gelagen stets zusammen an großen Tischen von rechteckiger Form - der runde des Königs Artus wird ausdrücklich als table ronde unterschieden. Der Hausherr sitzt an einem ausgezeichneten Platz in der Mitte der Tafel (anord. ǫndvegí), besonders geehrte Gäste neben ihm. In Skandinavien speisen Männer und Frauen zusammen; dabei kommt es mitunter auch vor, daß die Paare ausgelost werden. Die Frauen gingen fort, wenn das Trinkgelage begann, bei dem die Hausfrau (wie auch bei den Sachsen) das Trinkhorn herumreichte.

In Deutschland speisen die Geschlechter in verschiedenen Lokalen, nur etwa die Frau des Hauses mit den Männern; so noch Nibelungenlied (1610 ff.) wo nach dem Essen die Damen wieder in den Saal geführt werden. Aus Frankreich kam dann das Tafeln in bunter Reihe. Die Tischsitten waren recht roh, doch bis ins Mittelalter hinein gehörte neben einer oft großen Prunkentfaltung, schon in fränkischer Zeit auch der Blumenschmuck. Wenn im Beowulf die Gäste nach dem Zechen im selben Saal einschlafen, so werden noch in der Ritterzeit ihre Betten in großer Zahl im Saal selbst gemacht. In derselben Zeit ißt man noch nicht mit Messer und Gabel aus Tellern, sondern mit den Händen, etwa von einem flachen Brot weg, weshalb auch nach dem Essen stets Wasser gereicht wird... Weiterlesen.

Versammlungslokale[]

Die Örtlichkeit für die geselligen Vereinigungen war wohl sehr verschieden. Wenn die Gerichtssitzungen, wo irgend möglich, im Freien stattfanden, so mag das auch für die nachfolgenden Gelage gelten: für gewisse Jahreszeiten läßt sich aber diese Annahme nicht festhalten. Durch die steigende Größe und den Reichtum der Gemeinden entstanden jedoch erst im späteren Mittelalter größere Versammlungslokale. Ebenso bekammen die einzelnen Korporationen im späteren Mittelalter ihre Versammlungs- und Trinkstuben. Auch die Burgen der Adligen wurden erst allmählich mit größeren Festräumen versehen, und die Schilderungen von Ritterfesten führen uns zum allergrößten Teil ins Freie.

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Grüner Heinrich. Gottfried Keller, 1. Bearb. Bd. II, Kap. 3; 2. Bearb. Bd. II, Kap. 4
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