Mittelalter Wiki
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Das Gildenwesen in Nordeuropa fand in den verschiedenen skandinavischen Ländern auch verschiedene Betätigung. Während Gilden auf Island unbekannt waren, traten sie in Norwegen (und wie es scheint auch in Schweden) seit dem 11. und in Dänemark seit dem 12. Jh. auf.

Beschreibung[]

Die Gilden trugen in Dänemark und Norwegen zunächst einen sehr altertümlichen Charakter, insofern die Mitglieder nicht bloß zur Unterstützung in Not, zur Leichenfolge, Krankenwache, sondern auch bei Tötung eines Genossen zur Blutrache, später Erhebung der Blutklage verpflichtet waren, ferner zur Eideshilfe - also zu Pflichten, die sonst nur Sippschaftsgenossen oblagen (sog. Schutzgilden).

Da die Blutrache aber nicht mit dem Christentum vereinbar war, scheinen diese Gilden, obwohl sie überall bereits einen Heiligen zum Schutzpatron hatten, in die heidnische Zeit hinaufzureichen, wobei aber dahingestellt bleiben muss, ob die dänisch-norwegischen Schutzgilden einheimischen Ursprungs oder von den Angelsachsen entlehnt waren.

Schutzgilden[]

Über die Herleitung der Schutzgilden gehen die Ansichten auseinander. Während die einen für die Ausbildung des Instituts kirchlichen Einfluss in den Vordergrund stellen [1], knüpfen andere sie an heidnische Opfergelage, dritte an die Blutsbrüderschaft an. Für die zweite Ansicht spricht das Wort gildi ('Gelage') sowie der Umstand, dass Gilden ohne Gelage nicht vorkommen. Für die dritte Auffassung spricht die Rachepflicht der Gildenbrüder sowie die dänische Bezeichnung hetzlag ('convivium juralum'), wenn auch zu bedenken ist, dass sich diese Momente auch bei den nordfranzösischen Communen finden.

Die Schutzgilde umfasste (zumal in Dänemark) den einflussreichsten Teil der Stadtbevölkerung, vornehmlich Kaufleute, doch konnten auch Landbewohner als Mitglieder zugelassen werden. Sehr schwierig ist ihr Verhältnis zur Stadt festzustellen. Dass die Schutzgilde nicht mit der Stadt identisch war, geht aus den Quellen hervor, welche Bürger und Gildengenossen, Stadtrat und Aldermänner der Gilden unterscheiden und von mehreren Gilden innerhalb einer Stadt sprechen.

Auch wirkte das Gildenrecht auf das Stadtrecht ein. Möglich ist demnach, dass die Schutzgilden in der Zeit, wo sich das Stadtrecht gerade erst entwickelte, bereits bestanden und in einzelnen Beziehungen auf das Stadtrecht einwirkten. Aber keinesfalls lässt sich die Gilde als Kern der Stadt, das Stadtrecht als erweitertes Gilderecht ansehen.

Statuten[]

Die alten Gilden standen unter dem besonderen Schutz der Könige, welche ihre Gildestatuten bestätigten. Diese Statuten enthielten eingehende Vorschriften, vornehmlich über die genossenschaftlichen Rechte und Pflichten bei Gelagen, Leichenbegängnissen, Erbbier, kirchlichen Festen, Krankheits- und Notfällen, und ferner zahlreiche Strafgebote, wie z.B. die Androhung des Vierzigmarkstrafgeldes. Mitglieder der Gilde konnten Männer und Frauen, Laien und Geistliche werden.

Im Laufe der Zeit büßten die skandinavischen Gilden ihren altertümlichen Charakter ein. Die Statuten der späteren Gilden wissen nichts mehr von einer Rachepflicht; die Pflege der Geselligkeit, die Betätigung der Religiosität, die Unterstützung bei Krankheit, Not, vor allem bei Tod eines Genossen (Leichenbeliebung) bildeten nun den Hauptinhalt der Mitgliedspflichten.

Auf der anderen Seite begann seit dem Ende des 13. Jhds. (nach südlichem Vorbild) eine feindliche Richtung des Staates oder Stadtherrn gegen die Gilden. Sie wurden verboten, oder ihre Errichtung an die besondere Genehmigung des Staates oder Stadtherrn geknüpft. Andererseits differenzierten sich nun die Handwerkergilden nach den einzelnen Berufen mehr und mehr; die geistlichen Gilden hoben sich von den weltlichen ab. Als jüngere Bildungen traten die Handwerkergilden auf (siehe Innungen). Eine Kaufmannsgilde, die nach Art der englischen Vorbilder mit einem Handelsmonopol ausgestattet war, kannte der skandinavische Norden nicht.

Gilden der einzelnen Länder[]

Dänemark[]

In Dänemark erscheinen Gilden seit dem 12. Jh., um dann in den dänischen Städten (zumal Schleswig und Flensburg) eine hervorragende Rolle zu spielen. In dänischen Stadtrechten erfreute sich die Schutzgilde einer privilegierten Stellung in der Stadt: ihre Mitglieder waren in der Buße höher geschätzt als gemeine Bürger, das Stadtrecht maß dem Eid der Gildengenossen besondere Glaubwürdigkeit bei, und auch auf die Besetzung des Stadtrates besaß sie in einzelnen Städten einen Einfluss. In Dänemark kommen neben den Gilden Einheimischer auch schon früh Gilden Fremder vor (so z.B. in Roskilde und Lund).

Die berühmtesten dänischen Gilden waren die „Knutsgilden“, welche König Knut den Heiligen († 1086, heilig gesprochen 1101) oder Herzog Knut Laward († 1131, heilig gesprochen 1169) zum Patron hatten. 18 dieser Knutsgilden traten um die Mitte des 13. Jhds. zu einem Verband mit dem Sitz auf Skanör in Schonen zusammen.

In Dänemark schufen die königlich bestätigten Gildestatuten zusätzlich noch eine eigene Gerichtsbarkeit der Gilde über die Gildegenossen in Streitigkeiten untereinander, unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte. Hier hatte das neu eintretende Gildenmitglied einen Eid auf die Satzungen zu leisten. [2]

Norwegen[]

In Norwegen treten Gilden seit dem 11. auf. Olaf Kyrri (1066-1093) führte sie an Stelle der alten Trinkgelage ein. Allerdings war das Gildegericht hier im Wesentlichen nur eine Kompromissinstanz. Die Mitgliedschaft in der Gilde schien vererblich gewesen zu sein und wurde, außer durch freiwilligen Austritt, nur durch Ausstoßung (mit dem Nidingsnamen) verloren.

Schweden[]

In Schweden treten Gilden wohl, genau wie in Norwegen, seit dem 11. auf. Zu dieser Zeit scheinen sie bereits bei den Friesen in Sigtuna bestanden zu haben.

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Wilda, Gildenwesen. aaO.
  2. Pappenheim, Max: Die altdänischen Schutzgilden (Internet Archive). Breslaw : Koebner, 1885.