Mittelalter Wiki
Mittelalter Wiki

Das Gildehaus (anord. gildisskáli, gildastofa, gildihús) war das Versammlungshaus der norwegischen Gilden. Diese Gebäude verteilten sich über das ganze Land, in Städten, wie auf dem Lande.

Beschreibung[]

Unter den Reformen, die der norwegische König Olaf Kyrre (1066-1093) unternahm, war eine der wichtigsten die Errichtung von Gilden, deren Zweck es war, das gesellige Leben jener rauhen Zeit zu regeln, um dadurch die überhandnehmende Trunksucht und die daraus folgenden Schlägereien u. a. zu bändigen.

Zugleich wurden diese Vereinigungen aber auch als eine Art Privatversicherung zu gegenseitiger Hilfe gegründet. Anstatt der früheren Gastmahle (anorw. hvtrfingslag; hvirfing - 'Kreis'), die abwechselnd in den Privathäusern der Teilnehmer gehalten wurden (anorw. hvirfingsdrykkja), gab der König den Zusammenkünften der Bürger in den Gilden (gildi) eine halbgeistliche Regelung, indem er die Gilden unter den Schutz eines Heiligen stellte und sie mit den Kirchen in Verbindung brachte.

Die Gilden wurden auch von Geistlichen geleitet. Die meisten Hvirfingsvereine wurden bereits unter Olafs Vorgänger, Harald Haardraade (1047-1066), gestiftet, um die Bürger gegen Übergriffe von Seiten des herrschsüchtigen Königs zu sichern. Durch die Errichtung der Gilden beabsichtigte Olaf gewiss auch diese Opposition zu neutralisieren.

Myklagildisskali und Gildisskálir[]

In der Residenzstadt Trondheim (Nidaros) lag der „Myklagildisskali“ (das Haus der großen Gilde), wohl das vornehmste, wo der König selbst verkehrte, und wo der unglückliche Herzog Skule die drei letzten Abende seines Lebens verbrachte. Das Myklagildi hieß auch „das Kreuzgildi“, wahrscheinlich, weil sein Haus neben dem großen Kreuz am Ören in Trondheim lag. Hier heißt noch jetzt eine Gasse Gjellvangsveiten, d. h. die 'Gasse an der Gildiswiese'. Das Gebäude stand noch im 16. Jh. In seiner Nähe lag die von Olaf Kyrre erbaute steinerne St. Margaretenkirche, die wahrscheinlich mit dieser Gilde in Verbindung stand.

Peder Claussen († 1614) beschreibt das Gebäude, das er noch gesehen hat, folgendermaßen: In alter Zeit wurde unten am Strande ein sehr langes Haus gebaut, das man die „Gildisskálir“ (Plur.) nannte. Es hieß das Gildehaus, welches Haus sehr lang und in einer Reihe gebaut war und mit Schindeln gedeckt, gleich wie die Kirchen hier im Lande gedeckt sind. Dort hielten sowohl die Bürger der Stadt wie die vornehmsten Bauern in Throndelagen ihre Hochzeiten, Feste und Gastmahle, gleich wie in einer Kompanie. Und es waren viele Häuser dabei gebaut, die sie als Keller, Speicher, Küche und Schlafzimmer usw. benutzten. Vor wenigen Jahren wurde es abgebrochen.

Bauart[]

Trotz der Dürftigkeit der Beschreibung des Trondheimer Gildisskálir kann man doch daraus einige Schlüsse über die Bauart ziehen. Es muss ein Holzbau gewesen sein, und die stark hervorgehobene Länge des Baues erinnert an die gewöhnliche Bauart der städtischen Häuser, wie wir sie z.B. auch an der sog. „Deutschen Brücke“ in Bergen sehen, die, obschon erst um 1702 erbaut, doch die altnorwegische Anlage zeigen.

Das Trondheimer Gildehaus hatte seine Giebel der Straße zugewandt, d.h. dem Flusse Nid an der einen und dem Kreuze auf Ören an der anderen Seite, und, wie in Bergen, wo sich die Häuser ebenfalls zwischen zwei ziemlich weit auseinander liegenden Straßen ausdehnen, lagen die Vorratsräume, Küche usw. nacheinander in einer langen Reihe längs dem inneren langen Hofe des Gebäudekomplexes, - die Halle wohl neben der Straße. Die Halle wurde als Gerichtslokal (Lagthing) benutzt. Sie war in der Form der alten veizluskálir des Privathauses gebaut.

Weitere Gildenhäuser[]

Ob das Gildehaus, das Peder Claussen beschrieb, das älteste war und bereits zur Zeit Olaf Kyrres stand, ist in Anbetracht der vielen Feuersbrünste in Trondheim während des Mittelalters kaum wahrscheinlich. Der Name „Myklegilde“ (großes Gildehaus) zeigt an, dass es mehrere Gildehäuser in Trondheim gab. Auch in den übrigen norwegischen Städten kennen wir Gildehäuser.

So z.B. in Bergen das Marfu gildisskáli, während die Gilde St. Jetmunds (Edmunds) in dieser Stadt kein eignes Lokal besaß, sondern ihre Zusammenkünfte in der oberen Halle der Apostelkirche hielt (nach 1300). In Tunsberg hören wir von einem St. Olafs gildisskáli. In Oslo lag das Gildehaus S. Annae auf dem Grundstück des Dominikanerklosters. Auch eine helga likams gilstofa (Gildehaus des heiligen Körpers) lag in Oslo.

Auf dem Lande geben sowohl Baureste, wie Ortsnamen und Literatur Kunde von Gildehäusern. Aus den Grundmauern geht hervor, dass die Gildehäuser mal rechtwinklig, mal quadratisch waren. Aus den Ortsnamen dürfen wir Gildehäuser in Nordland, wo ein ganzes Kirchspiel Gildeskaal heißt, sowie bei Gillesöj (Meldal, Stift Trondheim) und bei der Kirche zu Opdal vermuten, da ein Acker den Gildenamen trägt. Die Literatur nennt z.B. die Nicolai Gilde in Austursyn (Stift Bergen), das Gildihus Asmanna und Gildehaus in Reefsimdum in Jemtland und das St. Michaels Gildehaus bei Voss (St. Bergen).

Verwandte Themen[]

Navigation Bauwerke und Gebäude
"Bauwerke und Gebäude" (Hauptartikel)  •  Angelsächsische Baukunst  •  Angelsächsische Kirchenbaukunst  •  Architektur  •  Bauberufe  •  Befestigungswesen  •  Hauswesen  •  Kirchen  •  Siedlungswesen (Englisches Siedlungswesen)  •  Städte
Kategorien: Bauwerk (Hauptkategorie)  •  Bauwesen  •  Hauswesen  •  Kirchliches Bauwerk  •  Museum‎‎  •  Siedlungswesen

Quellen[]

Einzelnachweise[]