Mittelalter Wiki
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Die ersten Glasgefäße im vorgeschichtlichen Mitteleuropa waren, wie auch die meisten anderen Erzeugnisse der Glasmacherkunst, Importwaren aus dem Süden. Im germanischen Raum finden sich Gefäße aus Glas erst mit der frühen Römerzeit (0-200 n. Chr.), und auch diese sind anfangs nur der römischen Kunstfertigkeit zu verdanken.

Beschreibung[]

Was die Benennungen von Glasgefäßen betrifft, die sich aus älterer Zeit nachweisen lassen, so muss zuerst das Horn (ahd. stéchal) genannt werden, welches aus got. stikls als Lehnwort mit der Bedeutung 'Glas' in die slawischen Sprachen überging (aslaw. stiklu, russ. steklo).

Sehr alten Ursprungs ist ferner die Schale (scala), die in den fränkischen Funden eine große Rolle spielt. Ursprünglich hießen so die Trinkgefäße, die angeblich aus den Schädeln erschlagener Feinde hergestellt wurden. Man machte solche aber auch aus Glas.

An das mlat. coppa, cuppa scheint Kuffe anzuklingen, in Schlesien die Bezeichnung eines bauchigen Trinkglases. Coppa hieß ein runder Becher, der zuweilen mit einem oder zwei Henkeln (otha, diotha) versehen war. Wurde er auf einen Fuß gestellt, so entstand der Kelch. Der Becher erscheint bei dem Langobarden Paulus Diaconus als Weingefäß mit längerer Handhabe. Der Pokal (mlat. bucale, bucaletum,) weist ebenfalls auf romanischen Boden hin. Eine alte Glasgefäßform, deren Ursprung nicht nachweisbar ist, ist der sog. Römer und scheint deutsch-rheinischer Abkunft zu sein.

Geschichtliches[]

Die große Masse der Glasgefäße aus der gesamten römischen Eisenzeit (ca. 1-400 n. Chr.) entstammt Gräberfunden der Römischen Provinzialkultur. Besonders vom Rhein, aus Köln und Trier, gingen Handelswege in das freie Germanien, nach England und Skandinavien, auf denen diese Erzeugnisse im Austausch gegen Landesprodukte vertrieben wurden.

Frühe Römische Eisenzeit[]

Glasgefäße des älteren Abschnittes der Römischen Eisenzeit (0 bis 200 n. Chr.) gehören zu den größten Seltenheiten unter den Funden der Römischen Provinzialkultur. Bekannt sind Beispiele aus Cölpin (Pommern) und Espe (Fünen) (Bild), zwei Schalen, blau mit weißem Flammenmuster von außerordentlicher Schönheit, aus Juellinge (Lolland) und Sojvide (Gotland).

Die Formen der rheinischen Glasgefäße entsprechen denen der gallisch-belgischen Glasindustrie, die sich im Laufe des 1. Jhds. allmählich von den südlichen Einflüssen befreite und Anfang des 2. Jhds. ein reines wasserhelles Glas erzeugte, aus welchem die große Masse der noch vorhandenen Gebrauchsgefäße geblasen ist. Es sind kegelförmige Becher, kugelige Schalen, Flaschen und Kannen mit Buckeln und Falten nach keramischen Vorbildern. In Köln wurde besonders in dieser Zeit die Schlangenfadenverzierung geübt.

Späte Römerzeit / Spätantike[]

Im späteren Abschnitt der Römischen Eisenzeit (ca. 200-400 n. Chr.) erscheinen Glasgefäße dann massenweise und gehören in den reichen Skelettgräbern dieser Periode (z.B. auf Seeland, oder Sackrau in Schlesien) zur regelmäßigen Ausstattung. Es sind Schalen und Becher, aber auch Trinkhörner; zum Teil in Millefioritechnik, mit Malerei, aufgelegten Fäden, Rippen, eingeschliffenen Mustern usw. versehen. Sie gehören zu den schönsten Exemplaren an Glasgefäßen, welche überhaupt erhalten sind.

Auch die gallische und rheinische Glaskunst erreichte im 3. Jhd. ihre höchste Blüte, als die Technik des Glasblasens in Hohlform und Hohl- sowie Facettenschliffe vervollkommnet wurden. Am Ende des 3. Jhds. wurden daneben Gravierung und Malerei besonders in Köln und Trier gepflegt. Auch treten jetzt oft christliche Motive auf, und man wendete schalenförmige Glasgefäße als Messkelche an. In diese Zeit und in die Periode der Völkerwanderung fällt auch die weiteste Ausbreitung rheinischer Glasgefäße im nördlichen und östlichen Europa.

Die Herkunft der einzelnen Formen ist nicht sicher; für die späteren ist sie am Rhein, besonders bei Köln, zu suchen, und die norddeutschen und skandinavischen Abnehmer wenigstens werden sie, besonders im 3. Jh, auf dem Seehandelsweg erhalten haben, welcher auch für die gleichzeiten Eimerfunde wahrscheinlich ist; doch hat die Herstellung und der Export die römische Herrschaft überdauert. Die Funde verteilen sich ungleichmäßig: Sie finden sich in Thüringen, Westfalen und Hannover; Schleswig-Holstein fällt bezeichnenderweise ebenso wie bei den meisten Typen von Metallgefäßen aus; dann erscheinen sie in Dänemark (Bild), Schweden, Norwegen, Mecklenburg, Pommern, Ostpreußen und Schlesien.

Zusammen mit den Glasgefäßen kommen die Glasperlen in kaum übersehbarer Zahl und Formenreichtum, besonders in der spätrömischen Skelettgrabgruppe, vor. Zu einer einheimischen Glasindustrie kam es allerdings zu diesem Zeitpunkt noch nicht; auch die wenigen emaillierten Fibeln und Schnallen (aus Schweden und besonders Ostpreußen) sind Importwaren einer römischen Provinzialindustrie, deren Zentrum wohl im europäischen Südosten zu suchen ist.

Völkerwanderungszeit[]

Die Formen der Gebrauchsgläser werden im 4. Jh. derber und massiger, auch wird die Entfärbung des Glases von natürlichen Beimengungen unvollkommener. Charakteristisch für diese Epoche sind im Norden die reichen Grabausstattungen mit Gefäßen für üppige Mahlzeiten neben dem Mangel an Waffen. Zahlreich sind die Becher und Schalen mit Facettenschliff, Rippen und Fadenauflagen, Trinkhörner aus Glas, und als nordische Besonderheit schalenförmige Becher mit aufgemalten Bildern von Tierkämpfen und Gladiatoren.

Frühmittelalter[]

Von den Römern übernahmen Franken und Alemannen die Glasindustrie und fertigten besonders die in den Gräbern oft gefundenen Formen des sog. Tummlers, eines Bechers mit kugligem Boden, dann den schlanken, kegelförmigen Becher, der oft seltsam mit taschenförmigen oder rüsselartigen, herabhängenden Ansätzen verziert ist, außerdem schalenförmige weitmündige Becher ohne Standfläche und Flaschen. Die Verzierungen bestehen außer den Rüsselansätzen in großen Nuppen und Fadenauflagen.

Durch Handel und als Ehrengeschenke fanden diese Erzeugnisse der rheinischen Glasindustrie bis in das 10. Jh. ihren Weg nach Nordeuropa, wo ihre letzten Ausläufer besonders in den Wikingergräbern von Björkö in Schweden gefunden wurden. Die großen, aus römischer Zeit erhaltenen Massen von Gläsern in Gallien verwerteten die Franken durch Zerstampfen und Schmelzen zu neuem farbigen Glas.

Hochmittelalter[]

Die weitere Entwicklung der Glasgefäße im Mittelalter ist nicht restlos durchschaubar. Allmählich wurde die Glaserzeugung in weiteren Gebieten bekannt. Doch finden sich auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands außerhalb des Rheinlandes und dem Thüringer Wald nur wenig sichere Nachrichten und Funde von mittelalterlichen Glaswerkstätten, obwohl die Entstehung solcher an geeigneten Plätzen mit den natürlichen Vorbedingungen sehr wahrscheinlich ist.

Wenigstens die gewöhnlichsten Erzeugnisse für den täglichen Gebrauch stellte man aber auch andernorts her und beschränkte die Einfuhr von Gläsern auf Luxusgefäße. Daher ist auch der Glaser im altdeutschen Handwerkerstand nicht besonders geachtet. Es kommt hinzu, dass die auch im Altertum vielfach vorbildlich wirkende Keramik im Mittelalter nicht auf der Höhe stand, um der neuen Glasindustrie künstlerische Vorbilder zu liefern. Man bediente sich außerdem noch lange einfacher Holzgefäße, auch als Tischgeräte, deren Nachahmung in Glas nicht reizen konnte.

Galerie[]

Quellen[]

Einzelnachweise[]