Das Gokstadschiff ist ein Rudersegelschiff aus dem späten 9. Jahrhundert. Es ist ein prächtiges Beispiel der altnorwegischen Wikingerschiffe von den Ufern des Christianiafjords. Gefunden wurde es 1880 in einem Schiffsgrab in Sandarfjord, (Vestfold, Norwegen).
Beschreibung[]
Das Gokstadschiff ist aus Eichenholz klinkergebaut. Die größte Länge zwischen den Stevenaußenrändern beträgt 23,8 m, die Länge am Kiel 20,1 m, die größte Breite 5,10 m und die Raumtiefe mitschiffs 1,75 m. Mit 40 Mann Besatzung kann die Freibordhöhe mitschiffs auf 92 cm, der Tiefgang auf 115 cm, das Deplacement auf 30 t angenommen werden.
Die Reling verläuft also recht niedrig, und zwar annähernd parallel mit der Wasserlinie, um erst kurz hinter den Steven in eleganter Linie bis zu ca. 2 m Höhe über Wasserlinie (am Steven) anzusteigen. Diese Höhe der Reling an Bug und Heck sichert dem Schiff eine gute Seefähigkeit. Bug und Heck sind im übrigen, wie beim Nydamboot und den Schiffen der Suionen, völlig gleichgestaltet.
Der Umstand, dass der Kiel sich von der Mitte zu den Enden um ca. 13 cm hebt, läßt im Zusammenhang mit dem weiten Ausladen der gekrümmten Steven auf rasche Drehfähigkeit des Schiffes schließen, während ihm zugleich die beträchtliche Breite im Verhältnis zur Länge (1 : 4) ausreichende Stabilität, und die feinen, vom breiten Mittelschiff nach vorn und hinten sehr schlank verlaufenden Linien recht günstige Segeleigenschaften sichern. Dies ist auch praktisch erprobt, da bei der Fahrt eines dem Gokstader Fahrzeug genau nachgebildeten Schiffes von Norwegen nach Amerika (zur Weltausstellung in Chikago 1893) nicht selten Geschwindigkeiten von 10-11 Knoten erreicht wurden.
Innenbauweise[]
Seinem inneren Bau nach gliedert sich das Schiff in zwei Teile: ein kräftiges Unterschiff und ein leichter gebautes Oberschiff. Die 17 Spanten, die in Abständen von ca. 90 cm auf dem Kiel stehen, aber durch keinerlei Befestigung mit ihm verbunden sind, reichen nur bis zur Mitte des 11. Plankengangs (von unten), ihre beiden Enden sind hier durch einen aufliegenden Querbalken verbunden.

Seinen Zusammenhalt erhält das Ganze allein durch die Plankengänge, die, genau wie beim Nydamboot, untereinander durch eiserne Nieten vereinigt und mit Kuhhaar abgedichtet, an die Spanten jedoch (mit Hilfe von Klampen und Löchern) mit Weidenruten festgebunden sind.
An den Kiel (von T-förmigem Querschnitt) selbst sind die beiden untersten Plankengänge festgenagelt. Diese ganze Bauweise ist keineswegs durch Mangel an Eisen zu erklären (wenn dieser auch vielleicht ursprünglich Anlaß dazu gab), sondern dadurch, dass sie dem Schiff große Elastizität, verlieh, die wieder der Schnelligkeit zugute kam.
Bei der Fahrt des Modellschiffes 1893 zeigte sich, dass der Boden unter dem Druck der darunter hinwegrollenden Wogen sich bis zu 2 cm hob und senkte; in der Längsrichtung betrug die Verbiegung des Schiffskörpers sogar bis zu 15 cm, und trotzdem blieb das Schiff dicht. Die 5 obersten Plankengänge sind mit dem Unterschiff durch Knie verbunden, welche auf den Querbalken aufsitzen, sowie durch kurze Topspanten, die vom obersten Plankengang abwärts laufen. Planken und Knie sind durch Holznägel vereinigt. Auf den Querbalken ruhen lose Bretter, die in ihrer Gesamtheit ein abnehmbares Deck oder einen Fußboden bilden.
Anker[]
Auf die großen Ausmaße des Ankers des Gokstadschiffs deutet die Länge des erhaltenen Ankerstocks von 2,70 m, da man in der Regel die Länge des Ankerstocks mit der des Ankerschaftes gleichsetzt. Die eisernen Teile des Gokstad-Ankers waren fast vollständig verrostet, dagegen erhielten sich Reste des aus Basttau bestehenden Ankerkabels. [1]
Remen und Mast[]
Das Schiff führte beiderseits je 16 Remen, die durch Löcher im 14. Plankengang (dem 3. von oben) gesteckt und von je einem Rojer sitzend gehandhabt wurden. Der Mast, von wahrscheinlich ca. 13 m Höhe, ruhte etwas vor der Mitte des Schiffes in einer schweren, über dem Kiel liegenden Mastspur und erhielt weitere Stütze durch einen dicken, fischschwanzartig zugehauenen Holzklotz (Mastfischung), durch den er in Höhe der Querbalken hindurchging.
Er trug eine Rahe mit viereckigem Rahsegel (3. Segel) und konnte rückwärts umgelegt werden. In diesem Fall ruhte er auf dem hintersten der drei über die Länge des Schiffes verteilten T-förmigen Träger oder Galgen, die dazu bestimmt waren, Rundhölzer, wie die Rahe usw. aufzunehmen (damit diese nicht, auf Deck liegend, den freien Verkehr hinderten).
Steuerruder[]
Das Steuerruder ist ein Seitensteuer. Zum Schmuck und vielleicht zur Erhöhung der Bordwand beim Segeln dienten ferner 64 kreisrunde Schilde aus Fichtenholz mit eisernem Schildbuckel, die 94 cm im Durchmesser halten und abwechselnd schwarz und gelb bemalt wurden. Sie waren in der Weise an der Außenseite der Bordwand (32 auf jeder Seite) angebracht, dass jeder den nächsthinteren zu ¼ überdeckte. Die Remenlöcher waren dann verdeckt, so dass diese Anbringungsweise für den Seekampf nicht in Frage kam.
Fundstücke[]
Das Gokstadschiff wurde, genau wie das Osebergschiff, nicht weit von Tønsberg in Vestfold aus der Erde gehoben. Darin fand man Sachen, die Rückschlüsse auf den norwegischen Handelsverkehr zulassen. So trug der im Gokstadschiff begrabene Häuptling ein goldgesticktes Wams. Auf zwei bleiernen Riemenbeschlägen in diesem Fund sieht man ein löwenähnliches Tier und einen Reiter in voller Rüstung, dessen Pferd sogar geharnischt ist; diese Beschläge sind ausländische Arbeit. [2]
Galerie[]
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Quellen[]
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. IV, S. 103 f.
Einzelnachweise[]
- ↑ Hoops, RdgA. aaO. Bd. I, S. 105 ff. (Art. Anker)
- ↑ Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. II, S. 424 ff. (Art. Nordischer Handel; § 19.)