Das Höfische Leben des Mittelalters in Mittel- und Nordeuropa bildete mehrere Eigenarten aus, die sich auch unabhängig in ganz bestimmten örtlichen Variationen entwickelten.
Beschreibung[]
Unsere Kenntnisse des höfischen Lebens des Früh- und Hochmittelalters stammen aus vielfachen literarischen und diplomatischen Quellen. Drei Dokumente verdienen jedoch besondere Erwähnung:
- De ordine Palatii des Hinkmar von Reims (um 800-882)
- Historiola von Sven Aggesen (um 1140-1186)
- die norwegische Hirðskrá von Magnus Håkonsson (um 1274-1277).
Das erste stammt aus dem 9. Jh., die anderen beiden aus dem 13. Jh. Alle drei basieren jedoch auf früheren Urkunden (s.a. Hofrecht). So scheint die königliche Hofhaltung auf eine Zeit zurückzugehen, da der König nur ein Häuptling war und seine Umgebung nur aus einer Gruppe von Dienern und einer waffentüchtigen Leibgarde bestand.
Möglicherweise setzte sich ursprünglich die Umgebung des Hofstaates zum größten Teil aus Leibeigenen zusammen, was aus der Etymologie von Ausdrücken wie „Seneschal“ und „Marschall“ hervorzugehen scheint. Die Wichtigkeit der Hofhaltung wuchs mit derjenigen des Herren: in dem Maße, wie er zur königlichen und kaiserlichen Würde vorrückte, stiegen auch seine Diener zu hohen Stellungen im Staat auf.
Etymologie[]
In den lateinischen Quellen wird der Hof oft als lat. palatium erwähnt, ein Ausdruck, der sowohl für die Haushaltung als auch für die Residenz (Palast, Königspfalz) gebraucht wird. Für die Dienerschaft waren verschiedene Bezeichnungen üblich; ministri, palatini, satellites sind darunter die gebräuchlicheren. Die Angelsachsen nannten die Hofhaltung híred m. und dessen Zugehörige „Degen“ (ags. cyninges þegnas).
Im Norden hieß der Königsmanne in früheren Zeiten Huskarl oder anord. hémþegi. Später wurde der angelsächsische Ausdruck entlehnt; der Hof wurde die Hird (anord. hirð) und seine Angehörigen die hirðmenn. Der Palast und seine Umgebung war als des Königs 'Hof' (anord. garðr) bekannt.
Entwicklung[]
Die königliche Leibwache entwickelte sich aus der älteren Gefolgschaft (lat. comitatus). In den ältesten poetischen Quellen liegt der Nachdruck auf dem militärischen Charakter des Hoflebens. Die Diener, welche die Metgefäße trugen, oder die Knappen, welche die Zimmer in Ordnung brachten, können an Rang nicht mit den am Festmal teilnehmenden Hofgenossen verglichen werden. Die Überlieferung der Gefolgschaft erhielt sich am längsten in Nordeuropa, was aus der Tatsache hervorgeht, dass der Träger der Standarte (anord. merkismaðr) lange der Hauptwürdenträger unter den norwegischen Königsmannen blieb (vgl. Hofbeamte (Skandinavien).
Leibwachen[]
In fränkischen Zeiten waren die militärischen Begleiter als Antrustionen bekannt, das Korps als ganzes als lat. trustis regia. Auf der Heeresfolge im Krieg lag nicht mehr der Nachdruck, die trustis war in erster Linie eine Leibwache. In manchen Beziehungen bildeten die Antrustionen eine bevorzugte Klasse; sie erfreuten sich eines dreifachen Wergeldes und anderer Vorteile. Aber ihre Stellungen waren nicht erblich, und hieraus geht hervor, dass die trustis nicht aus den fränkischen Adligen bestand.
Entsprechend den Antrustionen finden wir die gesíþas bei den Angelsachsen und die hirðmenn in Nordeuropa. Zwischen den Antrustionen und den Hirdmenn können gewisse interessante Parallelen gezogen werden. Bei beiden finden wir einen besonderen Treueid; eine privilegierte Stellung insoweit, als sie die gerichtliche Verfolgung betraf; eine Art Brüderschaft, die verbot, dass ein Leibwächter gegen einen anderen Zeugnis ablegte. Wahrscheinlich wurden zuerst nur Freie zur Brüderschaft zugelassen, später wurde aber das Vorrecht auf die Leute unfreier Herkunft (lat. pueri regis, vielleicht auch Freigelassene) ausgedehnt.
Diener und Hofbeamte[]
Für die materiellen Bedürfnisse des Hofes sorgte eine Anzahl Diener und niederer Hofbeamter, die Knappen und Huskarlas der angelsächsischen und nordischen Hofhaltungen. Unter ihnen bestand eine große Vielfalt in Rängen und der Bedeutung, was einerseits durch die Art der Tätigkeit, andererseits durch den Rang des Inhabers bedingt war. Einige der wichtigsten waren:
- der Torwart (ostiarius);
- der Quartiermeister (mansionarius), der die Oberleitung über die Anordnungen bei den Reisen des Königs hatte;
- der Vogelsteller (venator) und der Falkner (falconarius, accipitrarius);
- der erste Diener bei, der Tafel (dispensator);
- der Schwertträger (spatarius);
- die Köche (coqui) und andere mehr.
Von geringerem Rang waren gewöhnlich solche Diener wie der Schmied (faber), der Goldschmied (aurifex) und der Wagner (biga). Noch tiefer standen die Leute, die die Arbeiten auf den königlichen Gütern verrichteten, die das Korn schnitten und das Bier brauten; von diesen waren viele zweifellos Sklaven.
Differenzierungen[]
In dem Maße, wie des Königs Hofhaltung an Bedeutung zunahm, wurde es notwendig, zwischen den verschiedenen Dienstleistungen genauere Unterscheidungen zu treffen und für eine jede bestimmte Hofbeamte einzusetzen. Die typische mitteleuropäische Hofhaltung scheint 4 solcher Beamten gehabt zu haben:
- den Seneschall,
- den Marschall,
- den Schatzmeister (oder Kanzler),
- den Kellermeister.
Diese hatten für die Tafel, für die Ställe, für die königlichen Gemächer, Kleidung und Kostbarkeiten und für den königlichen Keller zu sorgen. Obwohl ursprünglich nur Beamte des Haushalts, kamen sie nach und nach dazu, öffentliche Funktionen auszuüben, und verloren fast ganz ihre Verbindung mit der inneren Hofhaltung. Am karolingischen Hof hatten die Pfalzgrafen (lat. comites palatii) eine wichtige Stellung, aber ihre Obliegenheiten waren richterlicher Natur und nicht mit dem Haushalt des Hofes verbunden. Erster Beamter des merowingischen Hofes und schließlich des Staates war der Majordomus, eine Würde, deren Funktionen teils germanischen, teils romanischen Ursprungs zu sein scheinen.
Kaplan und Schreiber[]
Nach der Bekehrung zum Christentum fügte der König ein wichtiges Amt der Hofhaltung hinzu, das der Kapelle. Des Königs Priester war der Bewahrer der heiligen Kappe St. Martins (s. Capella Sancti Martini, daher die Ausdrücke lat. capella und capellanus. Unter den Karolingern war der Kapellendienst mit dem der Schreibstube (scriptorium), die nun ganz von königlichen Hofbeamten geleitet wurde, eng verbunden. Früher unterstand diese Abteilung dem Referendar (lat. referendarius oder summus referendarius), der immer ein Laie war. Seine Unterbeamten waren die referendarii oder cancellarii. Unter den Karolingern trug der erste Beamte der Schreiber (nun als Notar, lat. notarii) den Titel Kanzler und war immer ein Geistlicher.
Inoffizielle Ämter[]
Neben diesen Ämtern bestanden am Hofe (wenigstens zeitweise) einige andere, die nicht unbedingt offiziellen Charakter hatten, z. B. die Berater (lat. consiliarii), von denen der König private Ratschläge einholte. Die Quellen sprechen auch von den convivae regis ('Gast des Königs'), die zuerst als Römer am fränkischen Hofe erscheinen (Salisches Recht). Aber die convivae waren nicht ausschließlich Römer und auch keine römischen Antrustionen. Sie erfreuten sich des königlichen Schutzes und seiner Gastfreundschaft, aber über ihre Obliegenheiten, wenn sie überhaupt solche hatten, wissen wir nichts Bestimmtes. Der genéat der älteren angelsächsischen Quellen stand offenbar auf derselben Stufe, und ebenso die Skalden, die an den nordischen Höfen für Unterhaltung sorgten.
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Quellen[]
- Brunner, Heinrich. Deutsche Rechtsgeschichte (Internet Archive). 2 Bände. (1. Bd. in 2. Auflage). Leipzig 1906 und 1892. Neuauflage Verlag BiblioBazaar, 2010. ISBN 1173128565, ISBN 9781173128562. Bd. II, S. 95 ff.
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. II, S. 546 ff.
- Maurer, Georg Ludwig von. Geschichte der Fronhöfe, der Bauernhöfe und der Hofverfassung in Deutschland (Internet Archive). Erlangen : F. Enke, 1862. Neuauflage Nabu Press (21. September 2011). ISBN 1246262533. S. 189 ff.
- Waitz, George. Deutsche Verfassungsgeschichte (Internet Archive). 8 Bände. Kiel : Schwers'sche Buchhandlung, 1844-96. Bd. II (2. Auflage), S. 71 ff; Bd. III, S. 493 ff.