Mittelalter Wiki
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Das Handelswesen der Römischen Kaiserzeit und Spätantike (ca. 1 bis 375 n. Chr.) folgte auf das Handelswesen der Latènezeit bzw. der Vorrömischen Eisenzeit (ca. 450 v.Chr. bis 0). Darauf wiederum folgte das Handelswesen der Völkerwanderungszeit.

Beschreibung[]

Während der Römischen Kaiserzeit (1 bis 375 n. Chr) bedrohten die politische Selbständigkeit der keltischen Völker und die Freiheit ihrer kulturellen Entwicklung von Süden her die Römer, von Norden die Germanen. In diesem Wettstreit siegte das römische Reich fast vollständig. Fast alle keltischen Ländereien wurden, mit unbedeutenden und ungefährlichen Ausnahmen, dem römischen Reiche einverleibt. Doch misslang der große Angriff auf Magna Germania.

Seit Tiberius beschränkte sich die römische Politik gegenüber dem freien Germanien auf die Sicherung der Reichsgrenze. Auch die Vorschiebung der Herrschaft über den Mittel und Oberrhein und die obere Donau und die Abschließung des okkupierten Gebiets durch den obergermanischrhätischen Limes entsprang nur dem Wunsche nach einer besseren Gestaltung der Reichsgrenze.

Diese Ordnung der politischen Verhältnisse, die sich von Cäsar bis auf Hadrian und Antoninus Pius vollzog, bedeutete eine für die Germanen tief eingreifende, in gewisser Hinsicht verhängnisvolle Änderung ihrer Gesamtlage, auch ihrer Verkehrs und Handelsverhältnisse. Die Römer beherrschten die drei großen Wasserstraßen Mitteleuropas: Rhone, Rhein und Donau, und ebenso alle Verkehrsverbindungen, die von Westen und Süden nach Germanien und dem Norden führten.

An die Stelle der früher allmählichen Übergänge zwischen keltischer und germanischer Kultur trat infolge der Romanisierung der Grenzländer am Rhein und an der Donau neben die germanische Kultur schroff und unvermittelt die Weltmacht und Weltkultur Roms. In den Rhein und Donaugebieten erstand im 4. bis 5. Jahrhundert römischer Herrschaft ein neues, vielseitiges Verkehrsleben. Dieser Aufschwung des Verkehrslebens in den Rhein- und Donaugebieten, besonders die Entfaltung eines reichen städtischen Lebens, äußerte starke Wirkungen auf das freie Germanien.

Römische Provinzialkultur[]

Schon der Export des 1. Jhs. wurde nicht durch Tauschhandel mit seinen Zufälligkeiten beschafft, sondern durch einen geregelten Handelsverkehr, dessen Hauptweg direkt auf Italien weist, indem Aquileja als Hauptausgangspunkt eines Nordhandels erscheint, der über Carnuntum zur Weichsel ging. Die Karte des Ptolemäus, welche in der Mitte des 2. Jhs. entstand und ältere Zustände wiedergibt, weist auf einen Weg durch die mährische Pforte, das Überschreiten der Oder etwa bei Oppeln, mit weiterem Verlauf über Kalisch. Die Funde stimmen damit durchaus überein.

Die vielberufene Notiz des Plinius über die Reise eines römischen Ritters zur Bernsteinküste unter Kaiser Nero (54–68 n. Chr.) gibt auch den historischen Beleg. Archäologisch vereinbart sich damit, dass sich nirgends aus dieser Zeit eine solche Mischung einheimischer, (hier gallischer) und frühkaiserzeitlicher römischer Erzeugnisse findet wie in Böhmen, besonders auf dem Burgwall Hradischt bei Stradonitz (Oppidum Stradonice). So stellen sich am Ende des 2. Jhs. auch die römisch-germanischen Beziehungen als Folge der Markomannenkriege (166-180 n.Chr.) am intensivsten im Osten dar, besonders in der starken Einfuhr von Münzen.

Wie sich die Fabrikation von Italien allmählich in die Provinzen zog, so verschob sich auch der Handelsverkehr, und im jüngeren Abschnitt der Römerzeit herrschte durchaus ein gallisch-niedergermanischer Export, dessen Weg anscheinend in Richtung Meer ging. Als dessen Ausgangspunkte wurde die Rheinmündung, speziell Domburg und Vechten oberhalb von Utrecht (Fectio) wahrscheinlich gemacht. Dieser Handel berührt sich zeitlich mit einem von Südosten (Südrussland) kommendem Kulturstrom, dessen Urheber die Goten waren. Neben den Fabrikaten, die in den Funden entgegentreten (Metall-, Glas-, Tongefäße), spielte besonders der Wein eine Rolle; stellt doch die Mehrzahl der Gegenstände Trinkservice dar. [1]

Quellen zur Handelsgeschichte[]

Die Quellen zur Handelsgeschichte der Römischen Kaiserzeit entstammen ausschließlich dem römischen Reich. Leider bieten sie nur vereinzelte und für die Beantwortung vieler wichtiger Fragen nur wenige Antworten. Auch die einzige erhaltene zusammenhängende Schilderung der germanischen Zustände vom Ende des 1. Jh. n. Chr., die "Germania" des Tacitus, die hauptsächlich auf Werken älterer Darsteller beruht und mit Rücksicht auf das Interesse römischer Leser abgefaßt ist, berührt zwar an verschiedenen Stellen den Handel, enthält aber keine ergiebige Darstellung des römisch-germanischen Handelsverkehrs oder den innergermanischen Verkehr.

Ausbreitung des römischen Handels[]

Die römische Politik trieb auch der Wunsch nach Ausbreitung des römischen Handels und das Begehren nach dem Besitz der Quellen des Wohlstandes der Keltenvölker vorwärts. Sie suchte dem römischen Handel neue Absatzgebiete zu eröffnen und zu sichern. Auch Germanien war diese Rolle zugedacht. Römischer Handel drang ungeachtet der wachsenden Spannung zwischen den beiden Völkern in Germanien ein. Der lange Aufenthalt römischer Händler am Königshof Marbods jure commercii beweist die Anknüpfung bestimmter Rechtsverhältnisse für den römisch-markomannischen Verkehr [2].

Den römischen Heeren im inneren Germanien folgten, wie überall, Kaufleute und Händler: Märkte fanden statt und mit den Einheimischen wurde friedlicher Handelsverkehr eröffnet. Auch nach dem Scheitern des Angriffs zog der römische Handel das Land in den Kreis seiner Tätigkeit. Germaniens Verkehrsleben stand in dieser Periode von vornherein sehr stark unter römischem Einfluß.

Ungeachtet des gegenseitigen Mißtrauens bildete sich ein reger Handelsverkehr zwischen den beiden Nationen. Dieser Handel war kein einseitig römischer, nur oder hauptsächlich von römischen Händlern ausgeübter, auch nicht allein ein Verkehr jenseits der Reichsgrenze, sondern ein wechselseitiger, der von Römern in Germanien und von Germanen im Reich, nicht nur im inneren Germanien oder nahe der Grenze auf germanischem Boden, sondern auch innerhalb des Reiches unterhalten wurde.

Grenzverkehr[]

Der wechselseitige Grenzverkehr wurde in friedlichen Zeiten und an günstigen Stellen eifrig gepflegt und war wichtig für beide Teile. Das ergibt sich aus den Beschwerden der rechts-rheinischen Tenkterer über ihren Handelsverkehr mit Köln, aus ihrem Verlangen nach freiem, wechselseitigen Verkehr über den Rhein; aus den Zugeständnissen der Kölner mit ihren Einschränkungen. [3]

Der Handelsverkehr der Hermunduren im römischen Rätien beschränkte sich nicht auf Grenzverkehr (in ripa), sondern führte sie auch tiefer in die Provinz hinein. Diese Darstellung von Tacitus trifft jedoch nur noch für die erste Hälfte des 1. Jh. n. Chr. zu. Die Vorstellung, daß die Römer jenseits der Reichsgrenze einen Streifen Ödland freihielten, trifft nach allgemeiner Forschungsmeinung nicht zu.

Der Handelsverkehr der über der Donau wohnenden Markomannen und Quaden mit den Römern war vor dem Markomannenkrieg frei und nicht an bestimmte Orte und Tage gebunden (Dio Epit. 71, 5). Als Marc Aurel den Quaden den freien Verkehr mit den Römern nahm, den Markomannen das Bewohnen des nördlichen Donauufers innerhalb eines bestimmten Landstreifens untersagte und den Handelsverkehr zwischen ihnen und der Provinz, entgegen der früheren Gewohnheit, an bestimmte Orte und Tage band, so stellten diese Anordnungen für die Germanen Straf- und Ausnahmemaßregeln dar.

Verfügungen von Marc Aurel und Commodus zeigen, wie schwer Einschränkungen des Grenzverkehrs und Eingriffe in die üblichen Handelsgewohnheiten die Germanen trafen. In dem Kriege des Valens mit den Westgoten in Dacien (im Jahr 369) rief der Abbruch der Handelsbeziehungen bei den Goten empfindlichen Mangel an Lebensmitteln hervor (Amm. Marc. 17, 5, 17).

Die Bestimmung des Friedens von 369, die nur zwei Städte an der Grenze (Donau) als Handelsplätze für den Grenzhandel festsetzte, bedeutete eine drückende Einschränkung des Grenzverkehrs. Auch die Provinzialbewohner fanden im Grenzhandel Verdienst und täglichen Unterhalt. Noch dicht vor dem Ende der römischen Herrschaft an der Donau und inmitten des Schreckens der Germanenüberfälle, noch nach dem Fall der oberen Donaukastelle, baten die Bewohner von Passau (Batavis) den heiligen Severin, daß er zum Rugierkönig Feba gehe und mercandi eis Ucentiam postularet (die benötigte Lizenz erwerbe.) (V. Severini c. 22). Jenseits der Donau lagen die germanischen Märkte (lat. nundinae barbarorum).

Andere Beobachtungen bestätigen die Wichtigkeit des Grenzverkehrs. Funde in der Umgebung Gießens und in Nauheim [4], dicht hinter dem Limes, weisen auf regen Grenzverkehr zwischen Chatten und Römern im 2. Jh. n. Chr hin. Von den benachbarten Völkerschaften hebt Tacitus hervor, daß sie im Handelsverkehr Gold und Silber zu schätzen wußten und unter den römischen Münzen bestimmte Gepräge bevorzugten.

Die Bemerkung des Tacitus, daß diese Germanen unter den römischen Münzen gewisse ältere Gepräge, die gezahnten und die mit dem Doppelgespann (serratos bigatosque), überhaupt aber das Silbergeld bevorzugten, weil es für Leute, die Kramwaren und wohlfeile Dinge einhandeln, bequemer sei, mit Silbergeld, also mit kleiner Münze zu handeln, ist zu verstehen vom Kleinhandel auch in den römischen Grenzorten und Grenzmärkten. (siehe auch: Handelswesen der Germanen.)

Grenzkontrolle[]

Der Grenzverkehr unterlag der Kontrolle und der Zollpflicht. Die Sicherheit der Grenze überwog umsomehr das Interesse am Handel über die Grenze, als das Reich ein im Wesentlichen in sich abgeschlossenes Verkehrsgebiet bildete. Den Handelsverkehr zu erleichtern oder zu erschweren, ihm seinen Lauf zu lassen oder ihn zu sperren, lag weit mehr in der Macht des römischen Reiches als der Germanen.

Zweifellos reichte der Einfluss der römischen Politik tiefer und wirksamer in Germanien hinein, als man gemeinhin weiß. Der römische Ritter, der die Reise zum Bernsteinland im Auftrage des kaiserlichen Hofbeamten übernahm, verdankte eben diesem Umstand den großen Erfolg seiner Sendung. Die Empfänglichkeit der Germanen für Gold und Silber, für Geschenke und Zahlungen, bot dem römischen Reich Mittel genug für solche Einwirkungen.

Auch dem römischen Handel nach Germanien, besonders mit den der Grenze benachbarten Völkerschaften, verbürgte der politische Einfluss Roms oft Sicherheit und Bewegungsfreiheit. Das Römische Reich konnte den Handel durch Ausfuhrverbote beschränken. Gesetze der Späteren Kaiserzeit verboten, auch mit Rücksicht auf die germanischen Nachbarn, die Ausfuhr von Waffen, Roheisen und Eisengerät, von Wein u.a., oder schärften das Verbot der Goldausfuhr. Das war allerdings erst in der Spätantike Praxis, und kaum schon während der älteren Kaiserzeit. Die Politik, der Handel und vielleicht der Schmuggel förderten diese Dinge reichlich über die Grenze.

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Hoops. RdgA. aaO. Bd. III, S. 513 ff. (Römische Funde)
  2. Tac. Ann. 2, 62: veter es illic (an Marbods Königssitz) Sueborwn praedae et nostris e provinciis lixae ac negotiatores reperti, quos ius commercii, dein cupido augendi pecuniam, postremo ohlivio patriae suis quemque ab sedibus hostilem in agrum transtulerat
  3. Tac. Hist. 4, 63 - 65: vectigal et onera commerciorum resolvimus: sint transitiis incustoditi, sed diurni et inermes.
  4. Terra Sigillata - Gefäße, Bronzesachen und a. röm. Importware