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Das Haufendorf ist die bevorzugte Dorfform im Gebiet des heutigen Deutschlands. Diese Siedlungsform wird geprägt durch eine Flureinteilung in Gewanne und die Geltung der Hufenverfassung.

Beschreibung[]

Das Haufendorf ist die verbreitetste Form ländlicher Siedlung auf altdeutschem und überhaupt altgermanischem Boden. Im Gegensatz zu allen anderen Dorfformen ist sie, soweit sie nicht auch mit Gewannfluren ausgestattet sind, eine genossenschaftliche Siedlungsform, bei der die Feldbestellung infolge der Gemengelage der Grundstücke von der Gemeinschaft geregelt werden muss (s. Flurzwang).

Bei einem Haufendorf stehen die Gehöfte ohne bestimmten Plan, oft unregelmäßig beieinander, doch so, dass sie immer durch Gärten oder unbebaute Flächen etwas voneinander getrennt sind und die Gebäude sich nicht, wie in Städten, berühren. Die Wege laufen willkürlich nach verschiedenen Richtungen, und das Ganze bildet ein Netz von krummen und winkeligen Gassen und Zugängen. Im Mittelalter war das Dorf von Hecken und Gräben umgeben, die oft noch erhalten sind.

Das Haufendorf hat eine sich überall annähernd gleichbleibende mittlere Anzahl von Wohnstätten, die es von dem kleineren Weiler unterscheidet. Auch den Runddörfern und der Mehrzahl der Straßendörfer ist es an Größe im Allgemeinen überlegen. Dementsprechend ist die Entfernung der einzelnen Dörfer bei den Haufendörfern durchschnittlich größer als in den anderen Fällen. Zum Haufendorf im besonderen germanisch-deutschen Sinn gehört die genossenschaftliche Organisation der Hufenverfassung, die zur Einteilung der Flur in Gewanne und zum Flurzwang führt.

Arten[]

Innerhalb der großen Klasse der Haufendörfer gibt es verschiedene Untertypen, die weder mit Unterschieden in der Flureinteilung noch mit den Hausformen noch mit den Ortsnamen etwas zu tun haben. Einige sind gänzlich regellos gebaut, so dass kein Grundplan zu erkennen ist. Andere haben einen rundlichen Kern; ein kleiner Platz scheint den Anfang der Entwicklung zu bilden, die dann zur Ausfüllung dieses Platzes (etwa durch die Kirche) und zu erweiternden Ausbauten führte.

Manche dieser Dörfer stehen den Platzdörfern (s. Runddorf) nahe. Wieder andere zeigen mitunter sehr deutlich die Verwendung von geraden Linien und rechten Winkeln; sie müssen diese Form durch eine besondere planmäßige Gründung oder Neuanlage bekommen haben. Bei einem letzten Typus scheint die Entwicklung von einem Punkt aus einfach den Wegen und dem Gelände gefolgt zu sein; ein größerer Kern der Ansiedelung ist nicht zu erkennen.

Verbreitungsgebiet[]

Das Verbreitungsgebiet der Haufendörfer umfasst Südskandinavien, Dänemark, Norddeutschland zwischen Elbe und Weser, Mitteldeutschland zwischen Rhein und Saale; dann das süddeutsche und südwestdeutsche Eroberungsland und große Teile von Nordfrankreich und England. Das Gebiet der Einzelhöfe um den Niederrhein ist rings von Haufendörfern umgeben und in Nordwestdeutschland vielfach auch von ihnen durchsetzt.

Nur in geringem Maße findet sich das typische Haufendorf dagegen im ostdeutschen Eroberungsland, wo es eigentlich nur auf den früh kolonisierten Ebenen von Österreich, Steiermark und Kärnten herrscht. Gewannfluren bei anderen Ortstypen (vgl. Runddorf, Straßendorf) gibt es dagegen in Ostdeutschland viel.

Entstehung[]

Die Entstehung des Haufendorftypus ist nicht gänzlich geklärt. Siedlungen ähnlicher Form, wenn auch kleineren Umfangs, hatten die Germanen von alters her. Die Beschreibung der lat. vici bei Tacitus (Germania. c. 16) paßt darauf. Auch die Hufenverfassung weist besonders durch ihre geographische Verbreitung auf ein hohes Altertum. [1]

Anderseits scheint hier auch manches wieder viel jünger zu sein, so dass die Ausbildung des genossenschaftlichen Haufendorfes mit seiner Gewannflur vielleicht erst im Frühmittelalter zum Abschluss gekommen ist. (Vgl. Siedlungsformen des Frühmittelalters)

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Die Großhufen der Nordgermanen (Google Books). K. Rhamm. Braunschweig : F. Vieweg und Sohn, 1905. S. 656 ff.

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