Das Heerwesen des Spätmittelalters wurde besonders durch die Einführung des Schießpulvers und der damit verbundenen Feuerwaffen und Geschütze beeinflusst. Gleichzeitig befand sich das Rittertum im Niedergang, während das Söldnertum in Form der Schweizer und Landsknechte aufblühte.
Beschreibung[]
Bereits im 13. Jhd. wurden mit Schießpulver gefüllte Bomben von den Chinesen als Waffe eingesetzt. Von China aus gelangte das Wissen darüber in den Orient und von dort nach Europa, wo es von Beginn an eine umfangreiche Anwendung von kleineren Handfeuerwaffen bis hin zu großen Geschützen fand.
13. Jahrhundert (2. Hälfte)[]
Turnier[]
In Turnieren wurde die Platte besonders notwendig, da die Brünne zwar gegen Schläge, aber nicht gegen Speerstöße schützte. Ferner trugen die Ritter zu solchen Anlässen auch die Brustplatte (Brustharnisch) bzw. das „Stahlstück“ und zwar über der Platte. Ein kleiner Dreispitz-Schild (fr. petit ecu) diente im 13. Jhd. ferner dazu, die Lanzenstöße abzuwenden oder aufzufangen; der Topfhelm schützte das Haupt.
Verstärkung der Kettenrüstungen[]
Ende des 13. Jhds. wurde zur Verstärkung des Maschenschutzes zuerst gesottenes Leder (fr. cuir, bouilli) benutzt, welches oft mit Metallbuckeln beschlagen war, d. h. mit großen runden und unten vernieteten Nagelköpfen. Die wohl zuerst erschienenen ledernen Beinschienen dieser Machart hießen Lersen oder auch Ledersen (fr. cuiriers). Der Name für den späteren Kürass (frz. cuirasse) für Stückpanzer rührt ebenfalls von diesem für Rüstungen angewendeten Material her.
14. Jahrhundert[]
Zu Beginn des 14. Jhds. ermöglichte es die Kunst des Drahtziehens (1306 von Rudolf von Nürenberg erfunden?), dass auch weniger bemittelte Kriegsleute sich ein Kettenhemnd anschaffen konnten. Im Turnier ersetzte die Tartsche im 14. Jhd. den kleinen Dreispitz-Schild.
Ausstattung der Ritterschaft[]
Als „großen Haubert“ bzw. „weißen Haubert“ bezeichnete man nun die ganze Brünne, die vollständige Kettenrüstung der Ritter. Unter diesem Haubert trugen die Ritter auf der Brust noch eine große eiserne Platte. Das war damals die allgemeinübliche Waffentracht der französischen Ritterschaft. Hinzu kamen kleine Wappenschildchen bzw. Schulterflügel, kleine Plättchen, die an den Schulterblättern der Maschenpanzerhemden befestigt wurden. Zuweilen war die Kettenrüstung an Armen und Beinen mit eisernen Verstärkungen versehen, die „Museison“ hießen, genau wie auch die Verstärkungen der engen Wamsärmel der Söldner im 14. und 15. Jhd.
In der Limburger Chronik von 1330 wird berichtet: „Da weren die Waffen und viel Jahre devor als wie hernach geschrieben steht: Ein jeglicher guter Mann: Fürsten, Grafen, Herren, Ritter und Edelknechte, die weren gewaffnet in Platten, auch die Bürger mit Waffenröcken darüber, wohl zu stürmen und streiten mit Schößen und Leibchen, welche zu den Platten gehören…” Doch nur 20 Jahre später berichtet dieselbe Chronik, dass bereits um 1350 die Platten wieder außer Mode gerieten, da die Ritter und Edelleute nur mehr Schuppen, Panzer und ergleichen trugen. [1]
Im 14. Jhd. trugen Ritter über dem Panzerhemd oft eine Art Kittel ohne Ärmel aus leichterem Stoff, „Waffenhemd“ (fr. hoqueton) genannt. Dieses reichte bis an die Knie und war mit dem Wappen und anderen Merkzeichen gestickt. Somit bestanden am Ende des 14. Jhds. also außer der Platte noch der Lendner und der Waffenrock bzw. das Waffenhemd, als äußere, über der Rüstung getragene Gewänder.
Umwandlung des Heerwesens[]
Der Römerzug Heinrichs VII. (1310-1313) bildete den letzten Triumphzug der schwergerüsteten deutschen Ritterschaft; wenige Jahre darauf (1315) erlag die auserlesenste Schar der habsburgischen Lehenschaft den Keulenschlägen einer Horde Schweizerbauern bei der Schlacht am Morgarten. Dieser Erfolg eines schlechtbewaffneten Fußvolkes wirkte wie ein Donnerschlag auf die Ritterschaft Deutschlands und Frankreichs, und so wurde aus den untersten Volkselementen heraus eine vollständige Umwälzung der Kriegsführung und des gesamten Heerwesens angebahnt.
In dessen Zuge wurden besonders die Schutzwaffen der Reiterei deutlich leichter, um eine bessere Beweglichkeit zu erbringen. Zugleich aber schwand ihr Anteil in den Heeren, während der Anteil des Fußvolkes progressiv zunahm. Dieses gewann eine stets wachsende Bedeutung, und es wurde vermehrt auf die Ausrüstung der Fußknechte geachtet. Diese Sorgfalt äußert sich nicht allein in der stets solider werdenden Form der Angriffswaffen, sondern auch in dem Bestreben die Kämpfer selbst zu schützen.
Bereits vor Anwendung des Schießpulvers befand sich das europäische Rittertum und damit auch die Lehensheere im Verfall. Als die Feuerwaffen dann in Annahme kamen, verloren sich auch die letzten Reste. Die Erfindung des Schießpulvers lenkte die Kriegskunst derweil in vollkommen neue Bahnen. Interessanterweise griff der Gebrauch von Handfeuerwaffen durch das Fußvolk nur langsam um sich; tatsächlich wurde das Handgewehr als Faustrohr lange Zeit nur in der Reiterei angewendet.
15. Jahrhundert[]
Um 1420 entstand dann der „Plattenharnisch", womit die Reiterei allerdings weder beweglicher noch brauchbarer wurde, auch wenn sich im Laufe der Zeit der Begriff von Ritterlichkeit mit dem Plattenharnisch verband. Zur gleichen Zeit wurde unter den Hussiten das leichtbewegliche Feldgeschütz eingeführt und fand alsbald zahlreich Verwendung. Von jener Zeit an reihte sich die Artillerie ebenbürtig neben Reiterei und Fußvolk ein. Allerdings bedienten sich die meisten Heere noch bis etwa 1450 vorwiegend der Bogen- und Armbrustschützen.
Als Versuch, ein Nationalheer zu schaffen, kann die 1448 erfolgte Errichtung der Franc-archers oder Freischützen unter Karl VII. in Frankreich betrachtet werden. Nach dem Muster der Schweizer bildete Maximilian I. im Jahre 1482 die Landsknechte als von erprobten Führern geworbene Truppe. Diese bildeten ungeachtet ihrer mangelhaften Disziplin eine ausgezeichnete Fußtruppe, die sich den Schweizern ebenbürtig und nicht selten überlegen erwies.
Im weiteren Verlauf des Mittelalters trugen in Frankreich die Krieger auch oft bei nächtlichen, Camisades genannten Überfällen, weiße Hemden („camisas”) über den Harnischen, um sich in der Finsternis gegenseitig zu erkennen.
Gegen das Ende des 15. Jhds. stand das Herzogtum Burgund unter Karl dem Kühnen an der Spitze der Heeresreformen. Da dessen riesigen Heer zwar äußerlich prachtvoll und vorzüglich bewaffnet war, es ihm aber innerlich an Homogenität und vor allem an Gemeinschaftsgeist fehlte, erlag es den Schweizern. Ebenso erging es vorher den östlichen Mächten, die den fanatischen Hussiten nur Haufen eilfertig bewaffneter Landleute entgegenstellen konnten. Das alles bewirkte ein erneutes Umdenken in der Kriegsführung und in der Aufstellung der Heere.
Mit dem ausgehenden 15. Jhd. begann die Epoche der stehenden Heere und damit einer mehr in den Sorten und Formen einheitlichen Bewaffnung. Es erschienen die Gensdarmes und in Deutschland die Kürisser als schwere Reiterei.
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Quellen[]
- Boeheim, Wendelin. Handbuch der Waffenkunde: Das Waffenwesen in seiner historischen Entwicklung (Internet Archive). Leipzig, E.A. Seemann : 1890. Neuauflage UNIKUM (22. Februar 2013). ISBN 3845726032. S. 7-22.
- Delbrück, Hans.Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte. 4 Bände. Berlin 1900–1920. Neue Auflage, Walter de Gruyter, Berlin 2000, ISBN 3-1101-6886-3. Bd. II (2. Auflage)
- Demmin, Augustec. Die Kriegswaffen in ihren geschichtlichen Entwickelungen von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart (Internet Archive). Leipzig : P. Friesehahn, 1893. Classic Reprint: Forgotten Books (31. Oktober 2018). ISBN 0365623105. S. 26 ff., S. 65-70.
Einzelnachweise[]
- ↑ Limburger Chronik. Tilemann Elhen von Wolfhagen, um 1378-1402. In Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters; BSB