Mittelalter Wiki
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Das Herbergswesen bezeichnet im Rahmen des Verkehrswesens die Verfügbarkeit von Unterkünften und Gastung für Reisende. Neben den Hospitälern kamen den Gasthäusern und Herbergen (lat. diversoria) dabei die Hauptrollen zu.

Beschreibung[]

Die Herberge (ahd. heriberga) stand zur Römerzeit noch in der Bedeutung eines 'Kriegslagers' und erhielt später die Bedeutung von 'Wirtshaus' oder 'Gasthaus'. Doch machte man in Mitteleuropa schon frühzeitig einen Unterschied zwischen dem Gasthaus, in dem allgemein Fremde gegen ein Entgelt beherbergt und verpflegt wurden, und der Herberge im engeren Sinn, die zur Zeit der Zünfte vom Herbergsvater und der Herbergsmutter verwaltet wurden, in der Wandergesellen eine Unterkunft fanden, auch Arbeit nachgewiesen erhielten und Kranke verpflegt wurden.

Frühmittelalter[]

Im Verkehrswesen des Frühmittelalters mangelte es auf Reisen noch an passenden Unterkünften. Die vielerorten weite Entfernung zwischen den Ansiedlungen und den noch seltenen Unterkunftsstätten nötigte nicht selten zu langen Tagereisen. Das Herbergewesen war noch sehr wenig entwickelt.

Die Gesetzgebung Karls des Großen, die noch jedermann die Pflicht zur Beherbergung der Reisenden auferlegte, war zugleich ein Beweis für den Mangel an eigentlichen Herbergegelegenheiten. Dass jeder der Herbergepflicht genügt habe, ist um so weniger anzunehmen seit den Zeiten, da der Handelsverkehr sich lebhafter zu entwickeln begann. Auch muss dahingestellt bleiben, ob es im 9. und 10. Jhd. in Deutschland bereits Herberge] (lat. diversoria) im eigentlichen Sinne gab, die Reisende jeder Art aufnahmen.

König und Adel[]

Niemand reiste im Land mehr und regelmäßiger als der König. Seine Herbergen waren die Pfalzen. Auch die im Dienste des Königs reisenden Königsboten und fremde Gesandte hatten von Staats wegen Anspruch auf Unterkunft, Verpflegung und Beförderung, die sog. 'Gastung'. Die geistlichen und weltlichen Großgrundherren trafen bei Reisen auf ihren Gütern Einrichtungen zu ihrer Beherbergung oder der ihrer Beauftragten; so lastete z.B. auf bestimmten Höfen die Pflicht zur Beherbergung des Herren.

Pilger und Wallfahrer[]

Für Pilger und Wallfahrer gab es vereinzelte Unterkunftsstätten, Hospitäler, Xenodochien, auch auf einigen Alpenpässen. Gegenüber Pilgern und den auf Reisen befindlichen Geistlichen übten besonders die Klöster Gastfreundschaft.

Hochmittelalter[]

Im Hochmittelalter, mit dem Aufkommen des Zunftwesens, wurden die Herbergen für Wandergesellen, die sog. Gesellenherbergen, von diesen auch oft Verkehre genannt und für Zusammenkünfte genutzt. Zudem dienten sie als Aufbewahrungsort der Gesellenladen. An ihre Stelle traten in der Neuzeit vielfach sog. "Herbergen zur Heimat", die aus freiwillig aufgebrachten Mitteln eingerichtet wurden, z.T. unterhalten und unter christlicher Hausordnung standen und die wandernden Gesellen eine billige Unterkunft boten. Seit dem Hochmittelalter verbreitete sich das Herbergswesen unter dem Einfluss der Zünfte mit ihrer Wandertradition in vielen Städten. [1]

Skandinavien[]

Norwegen[]

Wie das Straßenwesen, war auch das altnorwegische Herbergswesen gesetzlich geregelt. Die Könige hatten von früher Zeit her ihre Königshöfe, die mit der Zeit verbessert und mit großen Gildehallen versehen wurden. Wahrscheinlich konnten hier auch andere Reisende, wenigstens die, welche im Auftrag des Königs oder seiner Beamten reisten, aufgenommen werden. Sehr früh übernahm auch die Geistlichkeit die Aufnahme der Reisenden, besonders der Pilger, die sie in ihren Hospizen beherbergten. Mehrere Ortsnamen erinnern noch an die Existenz dieser Stiftungen (Spitalen, Specialen, Húspital). Die Hospize kamen besonders an den nach Nidaros (Trondheim) führenden Straßen vor.

Ganz schlicht waren die sáluhús, die auch großenteils unter der Obhut der Geistlichkeit standen. Die ältesten datieren aus der Zeit kurz nach 1100 und wurden von König Öystein am Übergang des Dovrefjelds erbaut. Schon im älteren Gulathingsgesetz finden sich Bestimmungen, die derartige Anlagen regeln. Sie waren teils unbewohnt, teils standen sie unter der Obhut eines privilegierten sálúkarls. Besonders auf den höchsten Gebirgsstraßen und in den großen Wäldern wie die, welche Norwegen von Schweden abgrenzten, lagen diese Gebäude. Solche wurden z.B. im Ragundawald und Eidswald erwähnt; sie wurden durch Abgaben der einzelnen Bauernhöfe in den angrenzenden Distrikten unterhalten.

Wahrscheinlich haben auch die Pfarrer lange Zeit Reisende beherbergt. Als dies aber von der Geistlichkeit zu beschwerlich empfunden wurde, mussten die Könige einschreiten, und am Ende des 13. Jhs. wurde staatlich für die Errichtung öffentlicher Herbergen (anorw. tafernishús), gesorgt, die eine halbe oder ganze Tagereise voneinander entfernt lagen. Solche wurden auch längs der Küsten eingerichtet. [2]

Schweden[]

Auf Reisen durch die großen Wälder Schwedens war man, wie in Norwegen, auf sogenannte „Seelenhäuser" angewiesen. Derartige aschw. själastugar lagen an mehreren Stellen, wie z.B. im Ragundawald, in Tiveden und Kolmorden. Sie standen unter dem Schutz und der Aufsicht der Geistlichkeit und wurden gern mit Kapellen verbunden. Oft wurden in der Nähe kleine Klöster aufgeführt. Die genannten Stuben oder Seelenhäuser waren Waldhospize; ihre Namen erinnern noch an die alte Bestimmung, wie z.B. der Hof Själstugan in Ödmorden. Sonst waren auf dem Land die fahrenden Leute auf die private Gastfreiheit angewiesen, und nur in den Dörfern und Städten konnten sie auf allgemeine Herbergen rechnen.

Erst in der zweiten Hälfte des 13. Jhds. wurden diese Verhältnisse besser geregelt, als König Magnus Ladulas (1240-1290) in jeder Harde und in jedem Dorf einen rättare verordnete, der die Reisenden an Bauern verweisen sollte, die ihnen gegen Bezahlung das Nötige zu verschaffen hatten. Im folgenden Jahrhundert befahl König Magnus Eriksson (1316–1374) die Einrichtung von Tavernen an den Volksstraßen (taverne a almænningsvægheim), in denen die Reisenden Zimmer, Essen, Pferdefutter und Stallraum erhalten konnten. Noch später wurde auch der Abstand zwischen den Tavernen gesetzlich festgestellt (mit 2-2½ Meilen). Die rättare-Institution wurde auch fortgesetzt beibehalten als notwendige Ergänzung zu den Tavernen. [3]

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9 (Zeno.org). Leipzig 1907, S. 195.
  2. Hoops, RdgA. aaO. Bd. IV. S. 402 (Art. Verkehrswesen (Skandinavien), § 28-30.)
  3. Hoops, RdgA. aaO. Bd. IV, S. 404 (Art. Verkehrswesen (Skandinavien), § 35.)