Der Herzog (ahd. herizoho - "der vor dem Heer zieht", as. heritogo, ags. heretoga, lat. dux) war ursprünglich der für die Dauer des Krieges gewählte Heerführer bei den Germanen. Nach der Völkerwanderungszeit blieben die Herzöge, wo sich Stämme niedergelassen hatten, deren Oberhäupter unter der Hoheit der Könige. [1]
Beschreibung[]
Zur Germanischen Eisenzeit war der Herzog ein von einer Völkerschaft (lat. civitas) für den Kriegsfall gewählter Anführer, ohne dauerndes Königtum (mit sog. Prinzipatsverfassung). Auch die Stämme wiesen, soweit sie nicht zum Stammeskönigtum gelangten, einen solchen militärischen Dukat auf (z.B. Arminius oder bei den Sachsen Widukind).
Völkerwanderungszeit[]
Als Heerführer traten germanische Könige auch mehrfach in den Dienst des Römischen Reiches. Vielleicht bildeten die germanischen Heerführer im spätrömischen Staatsrecht den Charakter des dux heraus. Jedenfalls entstand dadurch der für die germanische Verfassungsgeschichte neue Begriff des dux.
Bei den Langobarden, die ebenso unter Stammeskönigen standen, waren duces reine Volksanführer, die den Königen untergeordnet waren und rechtsgeschichtlich wohl auf ehemals selbständige Kleinkönige und Fürsten germanischer Zeit zurückgehen.
5. Jahrhundert[]
Noch während der Merowingerzeit (5.-8. Jhd.) blieben die Herzöge (lat. duces) königliche Amtsträger mit vorwiegend militärischen Aufgaben. Sie waren die Vorsteher von großen, vielfach aus Stammes- oder älteren selbständigen politischen Herrschaftsgebieten hervorgegangenen Provinzen (bzw. Dukaten) und entsprachen dem lat. patricius der Provence. Es waren Landes- und Volksvorsteher, die zum Teil nur wenig Beamtencharakter aufwiesen, und ähnlich wie Vizekönige als fast selbständige Herren walteten.
6. Jahrhundert[]
Seit Anfang des 6. Jhds. kamen Herzöge der Thüringer, Baiern, Burgunder, Alemannen etc. vor. Ihr Amt war es, ihre Provinz im Namen des Königs zu regieren, die königlichen Gefälle zu erheben, die Truppen ihres Bezirkes im Kriege anzuführen und auf die Rechtsführung der Grafen, von denen sie mehre unter sich hatten, zu achten. Die Herzogswürde war nicht erblich, doch wurden bei deren Verleihung meist Söhne oder Verwandte der Vorgänger berücksichtigt.
In den Höhephasen des fränkischen Königtums unter Chlodwig I. (466-511) und dessen Nachfolgern und unter den ersten Karolingern (ab 751) verschwand das Stammesherzogtum. Dux wurde Titel für einen Obergrafen, der mehrere Grafen unter sich hatte (Amtsherzog).
Frühmittelalter[]
Seit dem Mitttelalter wurden in Deutschland und Frankreich die Stammesherzogtümer dann durch die Reichsgewalt beseitigt. Soweit der Titel noch übrig blieb, bedeutete er nur eine Territorialgewalt (Territorialherzogtum). Außerdem wurde die Bezeichnung "Herzog" zum reinen Adelstitel (Titularherzogtum). So auch der schließlich zum wirklichen Recht gewordene Titel: palatinus archidux des Herzogs von Österreich nach dem Privilegium maius.
7. Jahrhundert[]
Im 7. und besonders seit dem 9. Jhd. wuchs das Amtsherzogtum erneut zum Stammesherzogtum als eine Art halbsouveränes Stammeskönigtum.
8. Jahrhundert[]
Um die Macht der Herzöge nicht zu groß werden zu lassen und sie in Respekt vor dem König zu erhalten, hob Karl der Große (768–814) die Herzogswürde auf, setzte Markgrafen an ihre Stelle oder schickte Sendgrafen in die Provinzen. In seiner Zeit kamen nur noch einzelne Herzöge vor, so z.B. Wittekind als Herzog der Sachsen.
9. Jahrhundert[]
Die Nachfolger Karls des Großen († 814) führten bald wieder Herzöge als Oberstatthalter in den Provinzen ein, und nach den Karolingern finden sich besonders Herzöge in Deutschland, nämlich von Baiern, Schwaben, Franken, Sachsen, Ober-Lothringen u. Nieder-Lothringen.
10. Jahrhundert[]
Die Herzogswürde war auch damals ein Lehen, und die Könige versuchten fortwährend, die hoch- und gegen die Königsgewalt anstrebenden Herzöge unschädlich zu machen. So ernannte der sächsische Kaiser Otto I. (912-973) dann auch meist Mitglieder seiner eigenen Familie und ihm Ergebene zu Herzögen.
- 912 - Heinrich I. (Ostfrankenreich) wird Herzog von Sachsen
- 936 - Otto I. (HRR) wird Herzog von Sachsen
Hochmittelalter[]
Im Hochmittelalter erhielten den Herzogstitel teils Erben von Stücken früherer Herzogtümer, teils andere mächtig gewordene Grafenhäuser. Ein anderes Verhältnis fand in den übrigen europäischen Ländern statt. In Italien nannte man die Herzöge Duca, in Spanien Duque, in England Duke, in Frankreich Duc. Anfangs waren auch dort die Herzöge mächtige Vasallen, bald aber erhielten die Könige die Oberhand über sie. Nur in Frankreich machten die Herzöge von Guienne, Gascogne, der Normandie, Bretagne und von Burgund den Königen viel zu schaffen; sie zerrissen den Lehnsverband, und herrschten erstere drei unter englischer Herrschaft vereint, letztere ganz frei.
England und Skandinavien, die selbst Stammeskönigreiche waren, bildeten kein besonderes Stammesherzogtum unterhalb des Reichskönigtums aus. Als Grafenwürde konnte die Stellung als dux Amtscharakter oder Lehnscharakter haben. Außerdem wurde auch hier das Herzogtum zum Adelstitel, besonders für Prinzen des königlichen Hauses. [2]
11. Jahrhundert[]
Von den Franken hob König Heinrich III. (HRR) (1039-1056) das Amt des Herzogs ganz auf oder erteilte es nur auf Zeit. Unter der Regentschaft für Heinrich IV. (HRR) (1056–1105) überließ die Kaiserin Agnes den Herzögen, um diese ihrem Sohn hold zu erhalten, die Herzogswürde erblich.
12. Jahrhundert[]

Herzog im 12. Jhd. (Konzeptbild)
Nach Heinrich dem Löwen (1142-1180) ging die Herzogswürde von Sachsen zum Teil auf das Haus Askanien über (Sachsen-Lauenburg, nachmals Kurfürst).
- 1156 - Österreich wird Herzogtum.
- 1185 - Kasimir und Bogislaw werden Herzöge der Slawen (woraus später die Herzöge von Pommern entstanden). Ebenso nehmen die Grafen von Istrien nach Beerbung Konrads, Herzogs von Dalmatien, den Namen Herzöge von Meran an.
13. Jahrhundert[]
Nach dem Erlöschen der Hohenstaufer (1138-1254) gingen die Häuser der alten deutschen Herzöge fast sämtlich ein; so in Franken, Schwaben und Nieder-Lothringen, wo die den Herzögen untergebenen Lande zerstückelt und an mehrere Dynasten gegeben wurden. Ober-Lothringen wurde französisch; nur in Baiern erhielt sich das alte Herzogtum im Hause Wittelsbach.
- 1235 - aus den Resten des ehemaligen Herzogtums Sachsen wird für die welfischen Allodialbesitzungen das neue Herzogtum Braunschweig gegründet.
- 1273 - Rudolf I. Meinhard von Tyrol wird Herzog von Kärnten.
Spätmittelalter[]
Im gesamten Spätmittelalter lebten die Herzöge noch nicht in festen Residenzen. Sie wohnten mal auf dieser, mal auf jener ihrer Burgen. Ihre zahlreichen Fehden, die sie nicht zuletzt zur Festigung ihres Territoriums anzettelten, führten sie noch gemeinsam mit ihren Rittern. Kamen sie in Gefangenschaft, musste das Geld der Landstände zur Auslösung gesammelt werden. Im Dienste des Kaisers oder gar fremder Herren fochten sie auf vielen Schlachtplätzen Europas. [3]
Bis zum Spätmittelalter hatten sich in Italien Territorialherzogtümern mit stark nationalem Sondercharakter ausgebildet, also mit stammesherzoglicher Nuance; so z.B.: Benevent, Spoleto und - da der Normannenstaat frühzeitig romanisiert wurde - Apulien, Calabrien, Sizilien resp. zum Titularherzogtum besonders für Markgrafen: Friaul, Savoien (1416).
14. Jahrhundert[]
In England etablierte sich der Titel "Duke" seit 1337, wo der Schwarze Prinz von seinem Vater Eduard III. zum Duke of Cornwall ernannt wurde. Dux bzw. Herzog war jedoch lediglich ein höherer Titel für einen bevorzugten Grafen, Markgrafen, oder für einen Ealdorman bzw. Jarl, besonders wenn er der königlichen Familie angehörte.
- 1339 - Rainald wird Herzog von Geldern
- 1349 - Johann und Albrecht werden Herzöge von Mecklenburg
- 1354 - Wenzel wird Herzog von Luxemburg
- 1356 - Markgraf Wilhelm wird Herzog von Jülich
- 1378 - Graf Wilhelm wird Herzog von Berg
15. Jahrhundert[]
Seit dem 15. Jh. gelang es den Königen von Frankreich, in den abtrünnigen Provinzen durch Gewalt oder durch Heirat die Herzogtümer wieder unter ihre Herrschaft zu bringen; Kaiser Maximilian I. (HRR) (1459-1519) erhielt zwar durch Heirat den größeren Teil der außerhalb des französischen Lehnverbandes gelegenen Provinzen des Herzogtums Burgund; es kam aber wieder an Frankreich.
- 1416 - Kaiser Sigismund (HRR) verleiht dem Grafen Amadeus von Savoyen den Herzogstitel
- 1423 - Friedrich III. verleiht den jüngeren Prinzen des Hauses Wettin den Herzogtitel.
- 1495 - Graf Eberhard von Württemberg und Ferdinand III. (HRR) werden Herzöge
Renaissance[]
Danach wurde "Herzog" in England, Spanien, Italien u. Frankreich zum reinen Titel des höheren Adels. In Frankreich folgt der Duc im Rang nach dem Prince, indem dieser den Titel Altesse, jener nur den Excellence hat. Das Wappen der Herzöge war sonst mit einem Fürstenhut geziert; die souveränen Herzöge aber nahmen größtenteils Königskronen, als Zeichen der Souveränität, über ihre Wappen an.
Quellen[]
- Gneist, Rudolf von: Englische Verfassungsgeschichte (Internet Archive). 1882. S. 15, 45, 350.
- Hoops, Johannes: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. II, S. 519.
- Maurer, K.: Vorlesungen über altnordische Rechtsgeschichte - Band I (Internet Archive). Leipzig, A. Deichert'sche verlagsbuchhandlung nachf. (G. Böhme), 1907.
Einzelnachweise[]
- ↑ Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 301-302.
- ↑ The Constitutional History of England in Its Origin and Development... (Internet Archive). William Stubbs. The Clarendon press, 1903. Band III (5. Aufl.), S. 447 ff.
- ↑ Hauptmeyer, Carl-Hans: Niedersachsen - Landesgeschichte und historische Regionalentwicklung im Überblick (Land Niedersachsen). Isensee Verlag Oldenburg. Hrsg. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung. Hannover, 2004. ISBN 3-89995-064-X. S. 59.