Die Hochseefahrt bzw. Hochseeschifffahrt ist in der Schiffsführung, trotz dem Mangel an uns bekannten nautischen Hilfsmitteln wie Kompass, Seekarten, Seezeichen usw., schon spätestens ab dem Mesolithikum (ca. 7000 v. Chr.) nachgewiesen. [1]
Experimentelles[]
Die Hochseetauglichkeit frühgeschichtlicher Schiffe zeigte anschaulich der Norweger Thor Heyerdahl (1914-2002) mit seinen experimentellen Expeditionen auf der Kon-Tiki (1947), sowie der Ra (1969) und der Ra II (1970). [2] Im folgte der deutsche Experimentalarchäologe Dominique Görlitz mit den ABORA-Expeditionen und der Atlantik-Überquerung mit einem steinzeitlichen Schilfboot im Jahre 2007. [3]
Beschreibung[]

Wikingerzüge im Nordatlantik (Briefmarken von den Färöer-Inseln)
Mit der Entwicklung von Hochsee-tauglichen Schiffen konnte man neben dem Wind auch die Meeresströmungen nutzen. Man orientierte sich neben Sonnenkompass und Sonnenstein im Wesentlichen an der Beobachtung der Gestirne (Sternbilder) und des Windes. Die Quintessenz dieser Steuermannskunst wird in dem mittelalterlichen "Roman de Brut" von Robert Wace (um 1150) und in der Vita des hl. Godric von Finchale (um 1170, auf die Zeit um 1100 bezogen) wiedergegeben:
Tagsüber war man auf hoher See darauf angewiesen, sich nach der Sonne zu orientieren. Bei der Benennung der Himmelsrichtungen legte man im westnordischen Sprachgebiet die Verhältnisse an der Küste Norwegens zugrunde, indem man von der Nordsüdlinie ausging und die Zwischenrichtungen zwischen den 4 Hauptrichtungen danach bezeichnete, ob sie von N bzw. S nach dem Land oder nach der See zu gelegen waren. Man unterschied also folgende acht Himmelsrichtungen (anord. ættir):
- anord. norðr, landnorðr (= NO),
- anord. austr, landsuðr (= SO),
- anord. suðr, útsuðr (= SW),
- anord. vestr, útnorðr (= NW).
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Die nächtliche Navigation orientierte sich nach den Sternen und Sternbildern. Besonders der Polarstern (anord. leiðarstjarna, ags. *ládsteorra, mnd. leidestern, mhd. Leitsterne, eig. Wegstern) spielte dabei eine wichtige Rolle, auch wenn die Orientierung an ihm im Norden durch die große Polhöhe sowie durch die Kürze der Sommernächte erschwert war. Als günstigste Jahreszeit galt daher für die Hochseefahrt der Frühling und Herbst.
Bei bedecktem Himmel konnte man noch eine Zeitlang versuchen, sich nach dem Wogengang und der Windrichtung zu orientieren, bei längerer Bedeckung der Sonne wurde aber alles ungewiß. Der Zustand, in dem sich der Seefahrer befand, wenn er nicht wusste, wo er war, hieß anord. haf villa. Doch wird nur selten berichtet, dass ein Schiff den Kurs völlig verloren habe. Zwar wird im 13. Jhd. von einigen Versuchen berichtet, die Breite auf See aus der beobachteten Sonnenhöhe zu bestimmen, aber allgemeine Anwendung fand dieses Verfahren sicher ebensowenig wie der etwa gleichzeitig erwähnte Sonnenstein (sólarsteinn), vermutlich eine Art Brennglas, zur Ermittlung des Sonnenorts bei bedecktem Himmel.
Ebenso mangelhaft wie die Bestimmung des Kurses war wohl auch die der zurückgelegten Distanz und Schiffsgeschwindigkeit, weil man weder das Logg noch einen zuverlässigen Zeitmesser besaß. Allerdings werden manche Entfernungen über See mit überraschender Genauigkeit angegeben.
Sturmfestigkeit[]

Die Karavelle des Kolumbus (1492)
Artete der Wind zum Sturm aus, versuchten Hochseefahrer die gefährliche Nähe der Küste zu vermeiden und die hohe See zu halten [4] indem sie, schließlich ohne Segel, mit niedergelegtem Mast und hochgezogenem Steuer, das Schiff treiben ließen und mit den Remen verhinderten, dass es von den Wellen in der Breitseite erfaßt und zum Kentern gebracht wurde.
War es nicht mehr möglich, der Brandung und den blinden Klippen zu entrinnen, so steuerte man das Schiff lieber entschlossen ans Land und ließ es scheitern, um wenigstens das nackte Leben zu retten. Seereisen im Winter, vom Oktober oder November bis April, vermied man allgemein wegen der Stürme und des gewöhnlich bedeckten Himmels und brachte die Schiffe in Winterlage (s. Hafen).
Verwandte Themen[]
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Quellen[]
- Altnordisches Seewesen (Google Books). Hjalmar Falk. Sonderdruck aus Wörter und Sachen Bd. 4. C. Winter, Heidelberg, 1912.
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. IV, S. 123 ff.
- Vogel, W. Zur nord- und westeuropäischen Seeschiffahrt im Mittelalter, in Hanseatische Geschichtsblätter 1907, 192 f.
Einzelnachweise[]
- ↑ Wikipedia: Geschichte der Seefahrt - Beginn der Hochseeschifffahrt
- ↑ Wikipedia: Thor Heyerdahl
- ↑ Wikipedia: Dominique Görlitz
- ↑ vgl. Emonis Chron. ad a. 1217, MSG (Monumenta Germaniae historica. Abteilung Scriptores. 23, 481