Mittelalter Wiki
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Die Islamische Philosophie des Mittelalters gehörte mit zu den Vorläufern der Blütezeit der Scholastik im 13. und 14. Jh. Die Kreuzzüge brachten auch geistige Berührungen mit dem Orient und wirkten befruchtend auf die abendländische Kultur.

Beschreibung[]

Die Neuplatoniker der letzten, von Justinian aufgelösten athenischen Philosophenschule hatten sich nach Persien und Syrien gewandt, ohne hier den erhofften Einfluss zu finden. Dagegen wurde der der Kirche genehmerere Aristotelismus in einzelnen syrischen Schulen gepflegt.

So lernten die Araber, als sie ihren Siegeslauf durch das gesamte Morgenland vollendet hatten und sich der Pflege der Wissenschaften zu widmen begannen, durch syrische und arabische Übersetzungen fast sämtliche aristotelische Schriften, von Plato dagegen nur Timäus, Republik und Gesetze kennen. Bald überflügeln sie ihre Lehrmeister.

Im Morgenland[]

Am Anfang des 9. Jhs. herrschte am Kalifenhof zu Bagdad unter der Herrschaft der Abbassiden bereits reges wissenschaftliches Leben. Praktische Naturkenntnisse, d.h. Astronomie, etwas Mathematik, praktische Chemie und Medizin in roher Form waren bei den arabischen Wüstenbewohnern und Händlern seit alters heimisch; dazu war dann der religiöse Aufschwung durch Mohammeds strengen und reinen Monotheismus gekommen.

Daher kam ihr Interesse für die naturwissenschaftlichen wie für die metaphysischen Schriften des Aristoteles, welche letzteren ja einen theologischen Zug trugen und ihnen überdies zunächst in neuplatonischer Übersetzung und Auslegung bekannt wurden. Während sie rasch über die Naturkenntnisse des griechischen Philosophen hinauswuchsen, blieb dieser in der Theorie ihr Meister. So sind die ersten in Bagdad lebenden Philosophen, die deutlicher hervortreten, Al-Kindi († um 870) und Alfarabi († um 950 in Damaskus), zugleich auch Ärzte, Mathematiker und Astrologen.

Ein eigentümliches, aus aristotelischen, neuplatonischen und neupythagoreischen Elementen gemischtes System, das zugleich ethisch-religiösen Charakter trug und das ganze damalige Wissen enzyklopädisch zusammenfasste, bildete der gegen Ende des ersten christlichen Jahrtausends in Basra entstandene Geheimbund der von der mohammedanischen Orthodoxie verfolgten "Lauteren" oder "Aufrichtigen" aus, deren Schriften, in Kairo 1889 verboten, später in Bombay in einer vierbändigen Ausgabe erschienen, während der wahrscheinlich von der indischen Philosophie beeinflusste Orden der Sufis, d.h. "Wollträger", durch asketischen Verzicht auf alle irdischen Güter zur Vereinigung mit Gott zu gelangen strebte.

Avicenna[]

Dem reinen Aristotelismus näher stand der bedeutendste unter den morgenländischen Ärzten und Philosophen Avicenna (980-1037). Philosophisch erscheint er besonders dadurch bedeutsam, dass er sozusagen den Universalienstreit im Morgenland bereits geschlichtet hatte, ehe er im Abendlande entbrannte. Er lehrte nämlich, die allgemeinen Begriffe seien ante res im göttlichen Verstande, in rebus in den natürlichen Dingen und post res in unseren abstrahierten Begriffen.

Avicennas Gegner[]

Avicennas Philosophie erfuhr Angriffe von zwei Seiten. Einmal seitens der orthodoxen Dogmatiker, der sog. Mutakallimun (oder Mutekallemin), wörtlich = Sprecher, d.h. Lehrer des Worts, die im Gegensatz zu Avicennas Entfaltungstheorie einen merkwürdigen, mit unaufhörlichem Werden verbundenen, aber beständigen göttlichen Eingriffen unterliegenden Atomismus aufstellten, nach dem Gott z.B. auch Feuer und Kälte miteinander verbinden kann.

Anderseits wurde Avicenna von dem um 1059-1111 lebenden Perser Alghazel kritisiert, der sich in seiner skeptisch gehaltenen "Destructio philosophorum" die Widerlegung der Philosophie zum Ziele setzte, um dann in seinen theologischen Werken ausgeprägter Rechtgläubigkeit zu huldigen, indem er alle Erkenntnisse in solche teilt, die der Religion nutzen, und die ihr schaden.

In Spanien[]

Spanien war das Land, in dem im 12. Jh. Künste und Wissenschaften mehr als in jedem anderen Land Europas blühten, und vor allem durch das von ihnen beherrschte Spanien wurden die Araber die geistigen Vermittler zwischen Orient und Okzident. Auch die Philosophen hier waren zugleich Ärzte, Mathematiker, Astronomen oder Alchimisten. Dazu zählen:

  • Avempace (um 1095-1138) - Der erste Aristoteliker des islamischen Spanien.
  • Abubaker (1110-1185) - Autor eines philosophischen Inselromans ("Robinsonade")
  • Averroës (1126-1198) - "Der Kommentator", da er fast zu jedem Werk des Aristoteles einen Kommentar verfasste.

Dadurch, dass Averroës die naturalistische Seite des Aristoteles betonte, naturwissenschaftliche Kenntnisse verbreitete und für Aufklärung im Sinne der natürlichen Religion eintrat, wirkte er einerseits zersetzend auf die Scholastik. Durch die scharfe Ausprägung seines aristotelischen Standpunktes trug er anderseits aber auch dazu bei, ihre Grundbegriffe zu befestigen. Auf seine Glaubensgenossen, deren Macht und geistiger Einfluss bald nach ihm zusammenbrach, hatte er weniger nachhaltigen Einfluss, wohl dagegen auf das Denken der in Spanien lebenden gebildeten Juden (siehe: Scholastik (Blütezeit): Jüdische Philosophie).

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

  • Geschichte der Philosophie, Band 1 (Zeno.Org). Karl Vorländer. Leipzig 1903. 5. Auflage, Leipzig 1919. S. 477 ff.: Die Philosophie des Mittelalters. Zweiter Abschnitt - Die Scholastik.
  • K. Werner, Die Scholastik des späteren Mittelalters. 4 Bde. Wien 1881-1887.
  • Dieterici, Die Philosophie der Araber im 10. Jahrhundert (16 Einzelabhandlungen.), 1876-94.
  • v. Kremer, Geschichte der herrschenden Ideen des Islam, Leipzig 1868.
  • T. J. de Boer, Geschichte der Philosophie im Islam, Stuttgard, 1901.

Einzelnachweise[]