Im Europa des Mittelalters konnte der König abgesetzt werden, und das geschah durchaus häufiger. In einem westgotischen Rechtsbuch (Leges Visigothorum) stand, dass die Wähler des Königs den pflichtvergessenen Herrn davonjagen dürfen. Das entspricht einer allgemeinen Anschauung der germanischen Völker.
Geschichte[]
Auch die Stärkung, die die Periode der Völkerwanderungszeit dem Königtum brachte, verscheuchte die Grundsätze der Absetzbarkeit nicht völlig. Bei den Langobarden war sogar 10 Jahre lang das Königtum selbst abgeschafft; auch die Vertreibung des Frankenkönigs Childerich I. im 5. Jh. ist kaum unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruches zu fassen. Wo allerdings feste Erblichkeit ausgebildet war oder Vorstellungen von der geheiligten monarchischen Gewalt herrschten, da setzte man unbequeme Könige nicht ab, sondern tötete sie, wie z.B. bei den Westgoten.
Merowinger[]
Das starke Erbkönigtum der Merowinger des 6. Jhs. duldete kein Recht der Absetzung. Die Erschütterung der königlichen Gewalt im 7. Jh. und die ganz beliebige Auswahl, die unter erbberechtigten Merowingern getroffen wurde, bereitete die Entthronung der Dynastie vor. Die Absetzung des letzten Merowingers 751 erfolgte zugleich unter Mitwirkung der obersten geistlichen Gewalt. Die Aufnahme theokratischer Elemente stärkte die Monarchie der Karolinger, aber die Auffassung der monarchischen Gewalt als ein von Gott zum Besten des Volkes übertragenes Amt bot die Möglichkeit, dem schlechten König das Amt zu entziehen. Berufene Kenner des göttlichen Willens waren die Geistlichen. Im Jahre 833 wurde Ludwig der Fromme abgesetzt. Dagegen ward Karl III. (887) ohne formelle Absetzung, durch Ignorierung seiner Persönlichkeit, der monarchischen Gewalt entkleidet.
Heiliges Römisches Reich[]
Im Heiligen Römischen Reich wurde wiederholt und nachdrücklich seit der zweiten Hälfte des 11. Jhs. betont, dass dem Unwürdigen die Gewalt, die ihm durch die Wahl übertragen wurde, genommen werden könne. Heinrich IV. erkannte diese Tatsache dadurch an, dass er seinen Sohn Konrad durch Fürstenspruch der Königswürde entheben ließ. Zu derselben Zeit beanspruchte der Papst ein Absetzungsrecht und brachte es 1076 und 1080 zur Geltung. Allgemein ist indessen weder ein päpstliches noch ein fürstliches Absetzungsrecht anerkannt worden. Erst im 13. Jahrhundert entstanden bestimmte Theorien der Absetzung und Forderungen eines bestimmten Formalismus, die von Königen selbst wiederholt gutgeheißen wurden, denen aber durch die Goldene Bulle von 1356 jede tatsächliche Bedeutung genommen wurde.
Quellen[]
- Staat und Grundherrschaft in der älteren Deutschen Geschichte. Dr. Gerhard Seeliger. Geh. Hofrat, ord. Professor an der Universität Leipzig. 1909.
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 1. Johannes Hoops. 1918—1919. S. 15-16.