Mittelalter Wiki
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Das Königtum der drei skandinavischen Reiche durchlebte während des Mittelalters eine tiefgreifende Wandlung und war in den einzelnen Regionen höchst verschieden. So unterschied sich das ostnordische Königtum am Ende des Mittelalters scharf vom norwegischen, weniger das schwedische vom dänischen.

Geschichte[]

Den Anfang machte auch in Nordeuropa das Kleinkönigtum, während dessen Kleinkönige (smakonungar) in mal größeren, mal kleineren civitates (fylki; s. Staatsverfassung) als fylkiskonungar die Stellung des Zentralbeamten einnahmen. Zerfiel das fylki in Hundertschaften, so stand an deren Spitze ein hersir, der aber auch den Titel heraðrskonungr führen konnte. Wie der fylkiskonungr war er Beamter des Volkes und wie jener im strengen Sinn des Wortes ein konungr, d. h. ein Mann aus edlem Geschlecht.

Die norwegische Kleinkönigswürde wurde bereits sehr früh vererbt. Im Laufe der Zeit bildeten sich größere Reiche, indem entweder ein Kleinkönig andere unterwarf und sich damit zum Oberkönig (yfirkonungr, þjoðkonungr) machte, während jene zu Unterkönigen (undirkonungar) bzw. Schatzkönigen (skattkonungar) wurden, oder indem solche Verbindungen durch Heirat oder Erbgang entstanden.

Das territoriale Umsichgreifen dieses Einigungsprozesses führte schließlich zur Errichtung des Großkönigtums, wobei der Schlußakt ein mehr oder weniger gewaltsames Eingreifen des ersten Großkönigs oder Einkönigs (anorw. einvaldskonungr) war. Dieses Großkönigtum war das zweite Stadium in der Entwicklung des skandinavischen Königtums: aus dem Beamtenkönig wurde ein Herrscherkönig (s. dazu Staatsverfassung).

Ericus XI

König Erik XI. von Schweden (1216-1250)

Das norwegische Königtum blieb hierbei ein Erbkönigtum, mit vorübergehender Ausnahme im Jahre 1164. Verschieden war nur die Erbfolge im einzelnen geregelt. Harald I. von Norwegen (852-933) teilte, ähnlich Karl dem Großen, das Reich unter seinen Söhnen auf, indem er einen zum Oberkönig, die andern zu Unterkönigen machte und seine Tochtersöhne zu Jarlen bestimmte.

Olav II. Haraldsson (995-1030) einigte das hierdurch zersplitterte Reich wieder, und zunächst wurden die durch Anlehnung der Thronfolge an die Stammgutfolge gebotenen Teilungen unter gleichnah Berechtigte durch gemeinsame Regierung dieser vermieden, bis verschiedene besondere Thronfolgeordnungen von 1164 (Magnus Erlingsson V. von Norwegen), 1260 (Hakon Hakonarsson) und 1278 (Magnus VI. von Norwegen) diese Fragen regelten.

Die letztgenannte Ordnung berief in bestimmter Reihenfolge nur Männer zum Thron, schließt also gegenüber früheren Bestimmungen die Weiberfolge aus und drängte die unehelich Geborenen zurück bis an die 7. Stelle. Sie setzte ferner ein Kollegium ein, bestehend aus dem Erzbischof, 12 Bischöfen und den 12 besten Männern in jedem Bistum, das die Tüchtigkeit des Berufenen zu prüfen, allenfalls auch einen König zu wählen hatte (s. Königswahl).

Der Berufene war Königsanwärter (konungsefni, wörtlich = 'Königsstoff') und erst durch den besonderen Akt der Königsannahme (Konungstekja) wurde er zum König. - Im Gegensatz zum norwegischen König wurden der dänische und der schwedische König zwar ebenso in diesem Stadium gewählt, doch konnte dabei nur das althergebrachte Festhalten am gleichen Adelsgeschlecht durch lange Zeiträume den Schein eines Erbkönigtums erzeugen (s. Königswahl). - Nicht germanischer Wurzel war die allmählich überall eingeführte Königskrönung.

Rechte und Pflichten[]

Die Rechte der skandinavischen Könige und der Umfang ihrer königlichen Macht waren ganz unterschiedlich. Aus dem gemeingermanischen stammte die Auffassung dieser Macht als privatrechtliches Eigentum des Königs, als "stammgeboren zu Land und Volk" und dass das Verhältnis zwischen Herrscher und Volk ein gegenseitiges ist. Mit dem Christentum verschwand überall die Stellung des Königs als Oberpriester, jedoch lebte sie in einzelnen Erscheinungen noch fort.

Ausdrücklich zugewiesen wurde ihm in Norwegen und Schweden die allgemeine Leitung des Reiches. Alle nordischen Könige mussten "steuern und verwalten Land und Volk". Dabei stützte sie das königliche Bannrecht (s. Bann). Eine Folge war das Recht der Vertretung des Reiches nach außen, das Gesandtschaftsrecht und die Leitung des noch wenig, fast nur hinsichtlich der Brücken und Wege entwickelten Polizeiwesens.

Überall hatte der König Anteil auch an den Strafgeldern. In Schweden erhielt er in der Regel ein Drittel der Gesamtbuße (s. Buße); daneben fielen besondere Bußen allein an ihn, so z.B. die Buße für einen Totschlag, dessen Täter nicht entdeckt wurde; vom Hæraþ des Tatortes zu zahlen) und Ēþsøres böter. Auch in den übrigen Ländern fielen ihm bestimmte Bußen zu, so insbesondere "des Königs Recht".

Beamte[]

Aus den Volksbeamten wurden erst allmählich die königlichen Beamten (Armaðr) und daher stand auch der König erst sehr spät an der Spitze des Beamtenwesens (s. Beamte). Dagegen stand der König von Anfang an an der Spitze des Heerwesens. Von ihm ging insbesondere das Aufgebot aus; er bestimmte die Zahl der zu stellenden Mannschaften und Schiffe (s. Heerwesen), wenn auch im Rahmen des Volksrechts. Die Entscheidung über Krieg und Frieden hatte der norwegische König allein, der ostnordische aber nur mit Zustimmung der Bauern.

Finanzrechte[]

Sehr umfangreich, wenn auch nicht gleich, waren die Finanzrechte der skandinavischen Könige. In Schweden war der König seit altersher zu den Upsalagütern (Upsalaothar) berechtigt, einem auf heidnisches Tempeleigentum zurückgehenden Krongut, über das er ebenso wie der dänische König über seine Tafelgüter (Kununglef) beschränkt verfügen konnte; in Norwegen trat erst um 1200 eine Trennung zwischen dem Privateigentums des Königs des Kronguts ein.

An den König fiel auch der erbenlose Nachlaß. Auf seinen Reisen hatte er das Recht, mit seinem Gefolge in bestimmtem Umfang verpflegt zu werden, das zum Teil in einen Geldanspruch verwandelte Recht der Gastung. Dagegen war das sonstige Recht auf Abgaben sehr beschränkt. Der schwedische König erhielt solche beim Reiten der Eriksgata, der dänische König in der Form von stuth und innae.

Auch das verschieden gestaltete Bodenregalien (Hoheitsrechte am Boden), Münzrechte, Schatzrechte, Rechte auf Fundgut, Strandgut und Zölle gehören hierher (s. Finanzwesen). Einseitige Steuerauflagen waren ausgeschlossen. Mit den finanziellen Rechten, aber auch mit der Friedenswahrung hing das Strafverfolgungsrecht des Königs zusammen.

Königsfriede[]

Schon erhebliche Unterschiede zeigen sich in der Friedenswahrung. Zwar war der König in allen skandinavischen Reichen oberster Wahrer des allgemeinen Friedens, aber in verschiedenem Maße nahm das Volk an dieser Wahrung mit teil; dies zeigte sich dann, wenn ein Friedloser den Frieden wieder gewinnen wollte (s. Friedlosigkeit). In Norwegen musste der König den Frieden geben, er allein nahm das hierfür fällige Friedensgeld.

In Schweden aber erhielt die Hundertschaft einen Anteil an der dort in drei Teile fallenden Bußsumme, und in Dänemark mußte sogar ein Urteil der Landesversammlung zur Friedensgabe mitwirken. Im Laufe der Zeit ging auch von den nordischen Königen ein besonderer Friede aus, der Königsfriede (s. Friede). [1]

Rechtssprechung[]

Rechtsprechung übte der schwedische König, entweder selbst oder durch einen Beamten, den landshaerra oder den landsdomari, in seinem Königsgericht, dem Raefsingathing, aus, das sich seit Olof Skötkonung (um 980-1022) nachweisen läßt. Der dänische König tat dies seit dem 13. Jh. im Landesthing, wogegen eine persönliche Rechtsprechung des norwegischen Königs nicht bestand.

Dieser hatte nur durch den königlichen Gesetzessprecher des 13. Jh., und durch die Ernennung der lögretta durch seine Beamten gleichen Einfluß auf die Rechtsprechung, wie ihn jene außerhalb des Königsgerichts durch Beamte üben konnten. Zu allen Zeiten aber brachte die Stellung des Königs sie Tätigkeit als Schiedsrichter auf Wunsch der Parteien mit sich. Ein Königsurteil war stets unanfechtbar.

Gesetzgebungs- und Verordnungsrecht besaßen die skandinavischen Könige nur in beschränktem Umfang. In Schweden konnte der König erst seit Magnus I. von Schweden (1240-90) ohne Zustimmung der Landsgemeinde Einzelgesetze erlassen, und in Dänemark war noch weit länger deren oder des Reichstages Mitwirkung erforderlich. Lediglich der norwegische König konnte schon seit der zweiten Hälfte des 12. Jhds. Einzelgesetze ohne solche Zustimmung in Kraft setzen.

Titel[]

Der Titel des norwegischen Königs war anfangs nur „Noregs konungr", seit 1164 „með Guðs miskunn Noregs konungr" auch mit dem Zusatz „hinn koronaði". Der schwedische König nannte sich „kununger Svea ok Gota", „kununger Svearikis ok Norghis ok Skane", seit Knut Eriksson (1167 bis 1195) "dei gratia rex Sveorum (et Gothorum)", der dänische „rex Danorum", später mit gleichem Zusatz „dei gratia" (über dessen Bedeutungslosigkeit s. Gottesgnadentum).

Gemeinsames Abzeichen der skandinavischen Könige war der Hochsitz (anorw. hasaeti) und die Fahne (anorw. merki). Dazu kam das königliche Siegel, später Reichssiegel. Ein Ehrenrecht war auch der Anspruch auf eine bei bestimmten Vergehen fällige Unehrenbuße (anorw. þokkabot), ferner das Recht, ein Gefolge zu halten (s. Gefolgschaft).

Königsliste[]

Norwegische Könige[]

Schwedische Könige[]

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Der Königsfriede der Nordgermann. Karl Lehmann. Berlin, Leipzig, J. Guttentag (D. Collin), 1886.