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„Die Augen auf oder den Beutel.“

Sprichwort über das Kaufgeschäft

Der Kauf (ahd. kouf, rückgebildet aus dem Verb koufen, koufōn), bzw. das Kaufgeschäft, hatte ursprünglich einen allgemeineren Sinn und deckte sich ungefähr mit ‚Handel, Tausch‘. Im engeren Sinne besagte das Wort einen Austausch und Erwerb von Handelsware gegen Bezahlung.

Beschreibung[]

  • got. kaupōn ‚Handel treiben‘, bugjan ‚kaufen‘, saljan ‚verkaufen‘
  • aengl. cēap ‚Handel‘, cēapian ‚handeln‘, bycgan ‚kaufen‘, sellan ‚verkaufen‘.
  • anord. kaup ‚Kauf‘, kaupa ‚kaufen‘, sala ‚Verkauf‘, selja ‚verkaufen‘.

Ware gegen Entgelt[]

Der Preis für Handelswaren wird in Geld entrichtet, wozu anfänglich vor allem Naturalgeld, wie z.B. Tiere (Vieh-, Kuhgeld; in Deutschland seit der Niederschrift der Lex Ribuaria (7. Jh.) vereinzelt bis ins 10. Jh. verfolgbar) oder Kleiderstoffe (Zeug-, Tuchgeld), doch auch andere Sachen, wie z.B. Metallringe (Ringgeld), verwendet wurden. Erst später wurde das Geld zur Münze. Solange das gemünzte Geld noch fehlte, hatte der Kauf wenigstens äußerlich den Charakter des Tausches.

Der Kauf stand zusammen mit dem Tausch im Vordergrund des noch weniger entwickelten Verkehrslebens und wurde besonders als Barvertrag eingegangen, der auch später häufig noch begegnete. Dennoch dürften bei einzelnen Käufen seit je Schulden und Haftungen vorgekommen sein. Die persönliche Haftung knüpfte sich entweder an den Realakt (Vorleistung) oder an den Formalakt (formbestimmter Haftungsvertrag). Der Formalismus war nicht immer und überall der gleiche. Eine bedeutsame Stellung nahm darin das Handsymbol ein (daher vom Handschlag aus, kaufschlagen). Wert und Wichtigkeit der Kaufsache übten maßgebenden Einfluß auf das mehr oder weniger feierliche Gepräge des Kaufvertrages. Zu den Bräuchen des Kaufrechtes zählte auch die Hingabe eines Angeldes und gemeinschaftliches Trinken (Wein-, Lei-, Leitkauf). [1]

Gewährleistung[]

Mit der Übergabe der Handelsware auf den Käufer vollzog sich auch der Übergang der Gefahr bei Vernichtung oder Verschlechterung der Ware (Einräumung der Nutzungsgewere bei Fahrnis, Auflassung bei liegendem Gut). Der Verkäufer mußte für Mängel im Recht Gewährschaft leisten. Häufig wurde diese Gewährschaftspflicht rechtsgeschäftlich besonders eingegangen. Allerdings wurde der Bestand einer Gewährleistungspflicht von Rechts wegen im alten germanischen Recht von einigen Forschern auch in Abrede gestellt.

Gegebenenfalls mußte der Verkäufer im Rechtsgang das Interesse des Käufers an der Behauptung seines Rechtsverhältnisses zur Sache. Entzog er sich dieser Einständerschaft oder führte er den Rechtsstreit unglücklich, dann hatte er dem Käufer das Entgelt zu erstatten und wurde als Dieb angesehen. Auf die Sachmängel erstreckte sich seine Verantwortlichkeit nur dann, wenn jene besonders belangvoll (Hauptmängel) waren oder einer ausdrücklich versprochenen Beschaffenheit der Ware widersprachen, oder wenn sie vom Verkäufer arglistig verheimlicht wurden. Dabei war nicht gleichgültig, binnen welcher Zeit der Sachmangel zutage trat (Bestand von Gewährfristen). Sonst griffen die Sprichwörter Platz: „Augen auf, Kauf ist Kauf“; „Die Augen auf oder den Beutel“; „Augen für Geld“; u. ä.

Sie besagen: Der Käufer soll die Ware rechtzeitig prüfen; wenn er es unterläßt, hat er die Nachteile kleinerer Mängel auf sich zu nehmen. Bei Haftung des Verkäufers war der Käufer befugt, innerhalb bestimmter Frist durch Rückstellung der Ware gegen Wiedererstattung des Entgeltes das Geschäft zu lösen (Wandelung). Arglistige Verheimlichung von Mängeln gab ein Schadenersatzrecht. Eine Preisminderung zu verlangen, war hingegen dem Käufer versagt. Da der älteste Handel guten Teils Viehhandel war, entfaltete dieses Gewährschaftsrecht auf dem Viehmarkt die größte praktische Bedeutung. Dieser germanische Rechtsgedanke bewahrte beim Viehkauf bis in die Neuzeit seine Gültigkeit (s. Gewährschaft). [2]

Sonderbestimmungen[]

Das frühmittelalterliche Kaufrecht weist vielfach Sonderbestimmungen auf. So bestanden besondere Arten von Käufen, wie z.B. Vorkauf, Hoffnungskauf, Wiederkauf u.a. Andererseits stößt man auf gesetzliche Verbote des Kaufes gewisser Sachen. Nach der fränkischen Kapitulariengesetzgebung z.B. durfte Getreide auf dem Halm, Wein an der Rebe nicht gekauft werden. Oder man verbot den Verkauf bestimmter Waren (z.B. Pferde, Knechte) ins Ausland (s. auch Handel).

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Nordgermanisches Obligationenrecht. Karl Von Amira. 1882; n 1895. Band I, S. 541 ff., 677 ff.
  2. Grundzüge des deutschen Privatrechts. Enzyklopädie der Rechtswissenschaft. Otto von Gierke. Duncker & Humblot, 1915. Bd. 2, S. 271.