Während der Römischen Eisenzeit bildete sich durch die Erweiterung der Grenzen des Römischen Reiches längs des Rheins und der Donau ein neuer Formenkreis aus - die Keramik der Römischen Eisenzeit.
Diese handwerklichen Erzeugnisse stehen in engem Zusammenhang mit der römischen Provinzialkultur, und basieren gleichzeitig auf der bis dahin erreichten Höhe keltischer Fabrikation, der die provinzial-römische Industrie repräsentiert. Ein großer Anteil daran gebührt in erster Linie der Keramik, die fabrikmäßig mit hoher technischer Vollendung hergestellt wurde.
Beschreibung[]
Im freien Germanien macht sich unter dem Einfluss eines lebhaften Handels, der die provinzial-römischen Importartikel, besonders Metallgefäße, ins Land strömen lässt, überall ein Aufschwung in der heimischen Industrie bemerkbar (s.a. Römische Provinzialkultur).
Obgleich importierte Tongefäße zu den Seltenheiten gehören, bringt es gerade die einheimische Töpferei zu einer vielfach noch nicht erreichten Höhe. Das äußert sich sowohl in der technischen Behandlung von Material und Oberfläche, als auch in der Formengebung und besonders in der Ornamentik der Tongefäße. Sie gehören zu dem Schönsten, was die Frühgeschichte aufzuweisen hat. Auch die Keramik läßt, wie das gesamte Kulturinventar dieser Zeit, eine Teilung in zwei Gruppen zu, von denen die ältere ungefähr die ersten beiden (0-200 n. Chr.), die jüngere die beiden folgenden nachchristlichen Jahrhunderte (200-400 n. Chr.) annähernd ausfüllt. An die vorhergehende Entwicklung aber schließen sie sich unmittelbar an.
Römische Provinzialkultur[]
- Siehe Hauptartikel: Römische Provinzialkultur
Einfache („tongrundige") Tongefäße gehörten nicht zu den regelmäßigen Exportgegenständen der römischen Eisenzeit in Mittel- und Nordeuropa und sind daher außerordentlich selten. Etwas zahlreicher sind sie nur in Böhmen. Auch glasierte Exemplare finden sich nur ganz vereinzelt: darunter ein verunglücktes Fabrikat von Altenwalde (bei Hamburg), ein Doppelhenkelbecher (2. Jhd.?) von Körchow (Mecklenburg, Bild) und einige Tonscherben aus Veitheim (Westfalen).
An italischen Importwaren aus Sigillata fehlte es während der frühen Römerzeit in Mittel- und Nordeuropa fast gänzlich. Aus der älteren (südgallischen) Fabrikation ist lediglich eine Schale von Vippachedelhausen bei Weimar bekannter. Reichlicher und anscheinend auf demselben Wege wie die Hemmoorer Eimer und die Glasgefäße eingeführt finden sich erst die späteren (mittelgallischen) Fabrikate der Zeit von 150 bis 250 etwa in Westfalen, Hannover, Hamburg, Dänemark, Brandenburg (Bild), Westpreußen, Ostpreußen, Sachsen und Thüringen. Späte schwarze Provinzialware (niedergermanisch) sind z.B. bekannt von einem Fund aus Dingen bei Lehe.
Römischer Einfluss auf germanische Keramik[]
Die Einwirkung römischer Keramik auf die germanische tritt in der jüngeren Römischen Eisenzeit (0-200 n. Chr.) deutlich hervor, so z.B. an einer Gruppe weitwandiger Schalen mit schmalem Fuß, die besonders im östlichen Deutschland gefunden wurden (z.B. in den germanischen Gräbern des 2. bis 3. Jhds. im Lahntal, Hessen). Es mögen hier auch Metallgefäße (die Silberschalen des Hildesheimer Schatzes zeigen z.B. dieselbe Form) mitgewirkt haben.
Der römische Einfluss findet sich außerdem an Henkelkrügen, besonders aus dem Ostseebecken, wo auch die Henkelbildung die Grundform andeutet; besonders in Nordthüringen nachweisbar ist eine Nachbildung der Buccherogefäße. Ebenso dürften die mit den Schalen gleichstufigen „Warzengefäße" unmittelbar auf römische Muster zurückgehen. In diesen Fällen führte der römische Einfluss zur Bildung einheimischer Typen. Vereinzelt treten auch Nachahmungen römischer Produkte auf (z.B. auf Bornholm).
Stärker noch als durch römische Tongefäße ist der Einfluss, den die germanische Keramik durch Metall- und Glasgefäße erfuhr. So kann man z.B. den Aufschwung der Keramik im 1. Jhd., besonders in Nordeuropa, auf die Bildung durch klassische Muster zurückführen. Schon die „vorrömischen" Bronzekessel fanden in Böhmen (z.B. auf dem Burgwall Hradischt bei Stradonitz) ihre Nachahmung in Ton. An Einzelheiten, wie z.B. an der Bildung der Horizontalgriffe und Henkel dänischer Tongefäße, an dem gelegentlich abgedrehten Boden äußert sich schon in der frühen Römerzeit der Einfluss eingeführter Gefäße; in der späteren machen sich Motive der Glasgefäße (u.a. eingeschliffene Ovale) und auch die Formengebung der Sigillataschalen geltend.
Germanischer Westkreis[]
- Typus: Gräberfeld von Darzau, Hannover
Im Germanischen Westkreis ist für die ältere Gruppe die Leitform die „Mäanderurne" (Bild), die ihren Namen von dem Hauptmuster dieser Zeit, mäanderförmigen Motiven, hat. Sowohl diese Ornamentform, als ein Gefäßtypus, die Tonsitula, wird aus der Latènezeitlichen Keramik übernommen. Während aber letztere nur noch in den ältesten Gräbern dieser Periode vorkommt, behält der Mäander seine typische Bedeutung für die ganze Periode. Die Hauptformen sind folgende (s.a. Mäanderverzierung):
- breite tiefe, terrinenartige, nach unten stark verjüngte Schalen mit ausbauchender Wölbung der Wandung im oberen Drittel, mit abgesetztem oder geschwungenem und ausladendem Rand;
- vereinzelt finden sich bei dieser Form enge Henkel am Rand mit angesetzten plastischen Bogen oder Knöpfchen, die den Henkelattachen der Metallgefäße nachgebildet sind;
- an der weitesten Ausbauchung sitzen Mäander und Treppen- oder Zickzackmuster, seltener Bogenreihen, von denen vertikale Bändchen bis zum Boden ablaufen, alles in vielfacher Weise variiert, wie die Gefäßform selbst.
- Ferner: schlanke, im oberen Teil ausgebauchte, mit Rand und Fuß versehene Flaschen- und Krausenformen, Nachkommen des Latènezeitlichen Formenkreises, ähnlich wie die vorige Form verziert;
- ähnliche Henkelkrüge;
- hohe, birnförmige oder in der Mitte weiter ausladende Töpfe mit abgesetztem niedrigem Rand, mit und ohne Henkel, manchmal unten gerauht und mit vereinzelt stehenden Warzen besetzt;
- weitmündige Terrinen gröberer Art, unten verjüngt, mit Übergängen zu den tiefen Schalen mit und ohne Rand, unten gestrichelt, manchmal mit Warzen, selten mit einfachen Linienmustern und Dreiecken verziert;
- einfache glatte Näpfe mit und ohne Rand;
- vereinzelte glatte Schalen mit Rand und hohem Fuß.
Besonders beliebt sind noch die glänzend schwarzen Gefäße neben den braunen und graugelben.
Technik der Verzierungen[]
Wichtig ist die Technik der Verzierungen, die zweifach sein kann. Die Linienmuster erscheinen entweder als Strichfurchen, oder punktiert, erstere mit einfachem Griffel oder Stichel eingezogen, letztere mit einem rollenförmigen, gezähnten Stempel eingedrückt, eine Technik, die schon in der vorigen Periode vorgebildet wurde. Nicht nur die Mäanderverzierung, sondern auch Treppen- und Zickzackmotive, hängende Dreiecke und einfache Linien muster werden in dieser „Rädchentechnik" hergestellt, ein Merkmal, das neben Grabriten und Fibelformen Forscher (z.B. G. Kossinna) veranlaßte, auch für die römische Kaiserzeit eine westgermanische Gruppe von einer ostgermanischen abzusondern, für die die eingefurchten Muster charakteristisch sind.
Jüngere Gruppe[]
- Typus: Gräberfeld von Dahlhausen, Kr. Ostpriegnitz (Brandenburg).
In der jüngeren Gruppe ist als Hauptform von typischer Bedeutung die „Schalenurne" (Bild), eine tiefe breite Schale mit breiter Standfläche in vielfachen Varianten, die sich durch die Ausbauchung, die Randbildung, die Henkel unterscheiden. Für Dahlhausen sind im besonderen die Knopfhenkel charakteristisch. [1]
Anderer Art sind Näpfe mit Steilwandung und niedrigem Fuß, Töpfe mit Umbruch und Fuß oder geschweifter Wandung. Auch rohe Töpfe in Eiform mit weiter Öffnung kommen vor, sowie terrinenartige Näpfe mit weiter Mündung und abgesetztem niedrigem Rand. Obgleich die Technik der Herstellung noch gut ist, sind doch äußerlich die Unterschiede gegen früher bedeutend. Die schönen schwarzen Gefäße sind nur noch selten vorhanden.
Die Ornamente sind nun wieder einfacher: Furchen, Tupfen, Punkte in verschiedenen Kombinationen, Zickzackbänder, mitunter gegliedert durch vertikale Strichgruppen; dazu kommen auch Bogenreihen, Wellenlinien. Als plastische Verzierungen treten Wulste, Scheiben, Leisten auf. Bemerkenswert sind dabei die Ansätze zu der altsächsischen Buckelkeramik, die hier in mehreren Gegenden zu finden sind: Schrägkerben oder flache Kannelierungen sowie von innen herausgedrückte Leisten. Die Rädchentechnik wird noch geübt, aber die Mäandermotive sind verschwunden.
Mit den oben zusammengestellten Gruppen wird ein scharf umschriebener Kulturkreis ausgefüllt, der sich von Nordböhmen bis nach Schleswig-Holstein ausdehnt und das Gebiet bestimmter germanischer Stämme (Markomannen, Hermunduren, Semnonen, Langobarden) umfaßt.
Germanischer Ostkreis[]
Im Germanischen Ostkreis, der ungefähr mit einer durch die Spree und die Oder von Küstrin abwärts bezeichneten Linie sich gegen den westlichen abgrenzt, steht die Keramik nach Formen und Technik hinter der nachbarlichen zurück. Zwar findet sich auch hier das Mäanderornament, aber es ist in tiefen Furchen eingetieft und hat den Reiz der Vielfalt verloren. Wie früher unterscheiden sich auch jetzt in diesem Kreis kleinere lokale Gruppen, aber gewisse Grundformen wiederholen sich überall:
- weitmündige Terrinen mit niedrigem Rand,
- bauchige Töpfe mit engerer Öffnung und schmaler Standfläche.
Für den zweiten Abschnitt dieser Periode (3./4. Jh.n.Chr.) sind von typischer Bedeutung hohe schlanke Becher mit breitem Oberteil, stark verjüngtem Unterteil, abgesetztem Rand und engem Randhenkel; formlose meist einfache Tassen mit „geknicktem" Henkel, eine wahrscheinlich auf hölzerne Vorbilder zurückgehende Spezialform, und die sogen. Warzenbecher oder „Igelgefäße", d. h. verschiedene Becherformen mit und ohne Fuß, mit höherem oder niedrigem Rand, deren Bauchwandung mit zapfenförmigen Ansätzen bedeckt ist, eine Sonderform, die auch im Westen nicht fehlt.
Unter besonderen Einflüssen, wahrscheinlich von Südosten her (untere Donauländer und Südrußland) steht Schlesien. Der große Reichtum, den die Funde aus Wichulla, Kr. Oppeln (1. Hälfte der Periode) und von Sakrau, Kr. Breslau (Bild) (2. Hälfte der Periode) offenbaren, stellt auch an die keramische Produktion höhere Anforderungen. Das zeigen die schwarzglänzenden, scharf profilierten, tiefen Näpfe mit konisch verjüngtem Unterteil, scharfem Umbruch und schräg ausladendem Rand, an dem drei rechtwinklig geknickte Henkel sitzen, eine Form, die in beiden Hälften der Periode mit geringen Variationen im Gebrauch ist (Bild).
Ferner die schwarzglänzenden, eiförmigen, weitmündigen Töpfe mit breitem Mäanderband, die zierlichen Tassen, deren Form sich den oben genannten Dreihenkelnäpfen anschließt, alles Formen, gegen die die einfachen, schlichten Tassen mit dem „geknickten" Henkel ganz abfallen. Eine eigenartige Gruppe bilden die Tongefäße aus den Fürstengräbern von Sakrau. Soweit sie nicht geradezu Importstücke der provinzial-römischen Industrie des Südostens sind, müssen sie nach Formen und Ornamenten Nachbildungen von gleichfalls importierten Silber-, Bronze- und Glasgefäßen sein.
Germanischer Nordkreis[]
Der Nordkreis des freien Germaniens bleibt auch zur Römischen Kaiserzeit, wie früher, hinter dem Westkreis zurück und berührt sich mehr mit dem Ostkreis. Zwar wird das Mäandermuster übernommen, aber ohne die technischen und dekorativen Feinheiten, der westgermanischen Gefäße, auch die Formenausbildung der Gefäße läßt zu wünschen übrig. Beliebt sind mehr breite oder mehr hohe, bauchige Halsgefäße, bombenförmige Terrinen, kleine und große Henkeltöpfe. Mit dem ostgermanischen Formenkreise berühren sich die breitschaligen Becher mit hohem, stark verjüngtem Fuß, die Tassen mit geknicktem Henkel, und die I-förmigen Henkel, die in Schlesien wiederkehren. In der spätrömischen Epoche ist der Charakter der Ornamentik der westgermanischen ähnlich. Auch die Schalenurnen sind hier im Gebrauch, daneben aber auch Henkelbecher in verschiedenen Varianten beliebt.
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Quellen[]
- Beltz, Robert. Die vorgeschichtlichen Altertümer des Grossherzogtums Mecklenburg-Schwerin (Digitalisat BSB). 1910. S. 330 ff. Tafel. 60. 61 (frührömisch); S. 354 ff. Tafel. 67 (spätrömisch).
- Hostmann: Urnenfriedhof bei Darzau, Prov. Hannover. Tafel. I-VI.
- A. Götze in: Götze-Höfer-Zschiesche, Vorgeschichtliche Altertümer Thüringens, XXXIV f.
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. III, S. 37 ff. (Keramik), S. 517 f. (Römische Funde, § 16 ff.)
Einzelnachweise[]
- ↑ Weigel: Gräberfeld von Dahlhausen (in Archiv für Anthropologie, XXII).