Die Ausbildung der skandinavischen Kirchenverfassung erfolgte in den nordeuropäischen Ländern sehr langsam, auch bezüglich der Bistümer und Erzbistümer; hier waren lange Zeit Missionsbischöfe tätig.
Beschreibung[]
Die norwegische Kirche war bis 1152 eine Staatskirche und der überwiegende Einfluss des Königtums bei der Christianisierung ließ die Kirche nur als Teil des Staatswesens groß werden. Aber die Beziehungen zwischen Kirche und Staat waren dabei ruhig und wurden erst gestört, als 1152 der Kardinallegat Nicolaus von Albano bei Errichtung des Erzbistums Nidaros sich anschickte, das römischkirchliche System durchzuführen.
1164 erkannte Magnus Erlingsson in seinem Krönungseid die Suprematie der Kirche an und überantwortete gleichzeitig die Thronfolgeordnung von Reich und Königtum dem Einfluss der Kirche. Machtvoll führte zu Ende des 12. Jh. Sverrir einen siegreichen Kampf gegen die Kirche, aber im 13. Jh. gingen die Früchte dieses Kampfes im Tunsberger Vergleich (1277) zunächst wieder verloren.
Die gleiche Entwicklung machte die schwedische Kirche durch und die dänische. Doch erfahren die schwedischen Verhältnisse, zunächst den norwegischen gleich, erst später als diese, nämlich erst in Veranlassung der Sendung des Kardinallegaten Wilhelm von Sabina und der Versammlung zu Skrenninge (1248) eine entscheidende Wendung zu kanonisch-kurialistischen Grundsätzen.
Norwegen[]
In Norwegen zeigte die ausgebildete Kirchenverfassung das Land geteilt in fünf Bistümer unter der Metropole Nidaros. Über das Land verbreitet waren Hauptkirchen (hǫfuðkirkja, stórkirkja), die im Gulathing und Frostuthing als fylkiskirkjur, im Borgathing als graptarkirkjur, im Eidsifjathing als Kirchen des Drittels (þriðiungr) erscheinen; es zeigt sich hierbei enger Anschluss an die weltliche Gliederung. Das gleiche gilt von den im Gulathing und Borgathing vorhandenen Hundertschaftskirchen (heraðskirkjur) mit dem Hundertschaftspriester (heraðsprestr).
Den Volkskirchen (fylkiskirkja) stehen die „Kapellen" (kapellur) gegenüber, dem hǫfuðprestr oder fylkisprestr der kapelluprestr. Unter diesen Kapellen versteht man vor allem die sogenannten „Bequemlichkeitskirchen" (hœgindiskirkja) zu denken, an denen der hœgindisprestr wirkte, typische Eigenkirchen; solche gibt es im ganzen Gebiet. Im Gulathing finden sich schließlich noch Kirchen für das Achtel und das Viertel. Die Entwicklung ist so zu denken, dass zunächst nach Errichtung der Hauptkirche die Seelsorge auf dem Lande durch die Bequemlichkeitskirchen gedeckt wurde, die, hier zum Teil ohne Grundherrschaft, eine bedeutende Verbreitung hatten.
Dazwischen schob sich da, wo es erforderlich erschien, die Hundertschaftskirche (im Gulathing mit Achtelskirche und Viertelskirche); um diese bildete sich die kirkjusókn (s. Pfarrei); sie ist selbst eine sóknarkirkja mit dem sóknarprestr, der immer auch ein „Messepriester" ist, wogegen die Bequemlichkeitskirchen nicht in nennenswertem Umfang Mittelpunkt einer kirkjusókn wurden. Eigentümlich ist bei diesen Kirchen, dass sie von den Bauern zu errichten und zu erhalten waren, die Volkskirche und die Hundertschaftskirche von den kirkjusóknamenn, dass mindestens bei der Heradskirche der Priester ursprünglich von den Bauern angestellt wurde. Eigenkirchenrechtliche Grundsätze durchziehen aber auch hier die kirchliche Verfassung. [1] [2]
Schweden[]
Sehr einfach war im Vergleich zur norwegischen die schwedische Kirchenverfassung. Innerhalb der Diözese mit der Domkirche (aschw. dómkyrka) als Bischofssitz gab es die kirkiusókn als Unterabteilung, die bis in die Mitte des 11. Jhs. reichte. Lediglich in Uppland finden wir aber eine Hundertschaftskirche (aschw. hundariskirkia). Gleichwohl darf auch für die anderen Volkslande ein Zusammenfallen von sókn und Hundertschaft angenommen werden; der sóknaprester war zugleich ein Hundertschaftspfarrer, die kirkiu mæn waren die Hundertschaftsleute.
Daneben kommt auf Gotland eine Bequemlichkeitskirche in Betracht, die sich jemand at mairu maki, zu größerer Bequemlichkeit, baute; sie war eine Eigenkirche. Nicht mit gleicher Sicherheit lässt sich dies dagegen von der uppländischen tolftakirkia sagen; von ihr steht nur fest, dass sie, wie die Hundertschaftskirche, von den Bauern errichtet und ausgestattet wurde und dieser im Range nachstand. Dass sonst Eigenkirchen in Schweden vorhanden waren, lässt sich an Hand dürftiger Quellen vermuten.
Dänemark[]
In Dänemark findet sich, von der Kathedrale abgesehen, allein die Hundertschaftskirche (adän. hæræzkirkia), deren Bezirk (kirkiusókæn) die einzige Unterabteilung des Bistums bildete. Daneben bestanden Eigenkirchen, nicht aber eine Kirche in der Syssel. In Schweden aber wie in Dänemark dauerte die Blütezeit der Eigenkirche nur kurz.
Island[]
Noch einfacher erwies sich die Kirchenverfassung auf Island, das in zwei Diözesen zerfiel, die der Metropole von Nidaros unterstandn. Bis ins 13. Jh. war es den Privaten überlassen, Kirchen zu bauen, die infolgedessen sämtlich Bequemlichkeitskirchen und Eigenkirchen waren. Ungeordnet waren aber auch die Zugehörigkeitsverhältnisse, insofern es jedem einzelnen überlassen blieb, welcher Kirche er sich anschließen wollte; daher gab es keine Pfarreien, sondern nur Kirchenverbände (þing), deren jeder mehrere Kirchen unter einem Priester (þingaprestr) umfassen konnte. [3]
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Quellen[]
- Hoops, Johannes. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. III, S. 48 ff. (Artikel: Kirchenverfassung)
- Maurer, Konrad. Die Bekehrung des Norwegischen Stammes zum Christenthume (Google Books). Kaiser, 1855. Bd. I-II.
- Maurer, Konrad. Vorlesungen über altnordische Rechtsgeschichte (Google Books). Zeller, 1907. Bd. II, S. 1-376.
Einzelnachweise[]
- ↑ Maurer, Konrad von. Norwegens Schenkung an den Heiligen Ólaf (Google Books). Akad. der Wiss., 1877. Neuauflage UC Southern Regional Library Facility, 2016.
- ↑ Zorn, Philipp Karl Ludwig. Staat und Kirche in Norwegen bis zum Schluss des 13. Jahrhunderts (Google Books). Inktank publishing, 2019. ISBN 3747704530.
- ↑ Maurer, Konrad. Island, von seiner ersten Entdeckung bis zum Untergange des Freistaats (Internet Archive). München: Christian Kaiser, 1874. S. 220-278.