Mittelalter Wiki
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Die Leges Visigothorum (Gesetze der Westgoten) sind ein Sammelbegriff für zahlreiche westgotische Rechtsaufzeichnungen der Spätantike und des Frühmittelalters. Sie verbinden germanische, römische und christliche Rechtsvorstellungen und hatten in Spanien teilweise noch bis ins 20. Jhd. Rechtskraft. [1]

Beschreibung[]

Die Westgoten waren der erste germanische Stamm, der nach geschriebenen Gesetzen lebte. Bereits Theoderich I. (418-451) hatte einzelne Gesetze erlassen (s. Edictum Theoderici) und sein Sohn Eurich (466-485) ein größeres Gesetzbuch (s. Codex Euricianus), das für die Goten seines Reiches sowie für die Prozesse zwischen Römern und Goten bestimmt war.

Ein Bruchstück dieses Gesetzbuches sind die in einem Pariser Palimpsest erhaltenen 52 Kapitel, die man früher Rekkared I. (586-601) zuschrieb. Andere Kapitel dieses Gesetzbuchs lassen sich aus dem späteren Westgotenrecht, der Lex Burgundionum, Lex Salica, Lex Alamannorum und vor allem der Lex Baiuvariorum erschließen, bei deren Abfassung das ältere Westgotenrecht stark als Vorlage genutzt wurde.

Codex Euricianus[]

In Spanien durch die späteren Kodifikationen verdrängt, erhielt sich Eurichs Gesetzbuch lange in Südfrankreich als Recht der westgotischen Bevölkerung. Teile eines sich daran anschließenden privaten Rechtsbuches sind die von Augusto Gaudenzi entdeckten Fragmente der Holkhamer Handschrift [2], die übrigens auch Spuren des Edictum Theoderici aufweisen (s. Leges Romanae).

Das Gesetzbuch Eurichs erlebte in Spanien eine Neuredaktion durch Leovigild (568-586), dessen Werk nicht mehr in der ursprünglichen Fassung erhalten ist; doch sind zahlreiche Kapitel desselben als Antiquae in die spätere Lex Visigothorum übernommen worden, auch wurde es im Edictus Rothari (s. Leges Langobardorum) benutzt.

Liber iudiciorum[]

Mit Leovigilds Sohn Rekkared I. (586-601), dem ersten katholischen König, begann eine neue Periode der Gesetzgebung, die den alten Gegensatz zwischen Goten und Römern überbrücken wollte und nicht mehr getrennte Gesetze für die beiden Völker, sondern einheitliche Gesetze für das ganze Reich erließ. Ihren Höhepunkt erreichte diese Gesetzgebung in dem von Chindaswinth (642-653) begonnenen, von Rekkeswinth (649-672) vollendeten, 654 publizierten Liber iudiciorum („Buch der Urteile“), der ältesten vollständig erhaltenen Lex Visigothorum.

Dem Codex Iustinianus von Justinian I. nachgebildet, übernahm das in 12 Bücher und weiterhin in Titel und aerae geteilte Werk über die Hälfte seines Bestandes aus den älteren Gesetzen, dem Gesetzbuch Leovigilds und der Lex Romana Visigothorum (s. Leges Romanae); diese älteren Konstitutionen trugen die Überschrift: „Antiqua“, einige, die abgeändert sind: „Antiqua emendata“. Die kleinere Hälfte bestand aus Konstitutionen Chindaswinths und Rekkeswinths sowie einiger ihrer Vorgänger; sie trugen den Namen des jeweiligen Gesetzgebers. Das Werk galt gleichmäßig für Goten und Römer; alle älteren Gesetzbücher wurden dadurch aufgehoben.

Vulgatafassung[]

Eine neue Redaktion und Erweiterung erfuhr die Lex durch König Ervig (680-687) im Jahr 681, die späteren Handschriften nahmen noch eine Anzahl Novellen Egicas (687-702) auf. Diese Vulgata des Westgotenrechts überdauerte den Fall des Reiches und behauptete sich auch unter der maurischen Herrschaft zum Teil als Recht der christlichen Bevölkerung. Im 13. Jhd. wurde sie glossiert und als fuero de Cordova ins Kastilianische übersetzt.

Während die Gesetze der Arianer Eurich und Leovigild von germanischen Rechtsgedanken beherrscht und knapp und scharf formuliert waren, sind die späteren Gesetze mit ihrer klerikalen und romanisierenden Tendenz, ihrer Gedankenarmut und ihrer schwülstigen, wortreichen Formulierung ein Zeichen des Verfalls des Westgotenreichs. Dagegen bewahrten die spanischen Partikularrechte, wenigstens zum Teil, zahlreiche germanische Rechtsgedanken.

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Wikipedia: Leges Visigothorum (14.08.2020)
  2. Augusto Gaudenzi. Un'antica compilazione di diritto romano e visigoto con alcuni framenti delle leggi di Eurico tratta da un manoscritto della biblioteca di Holkham. Eine alte Zusammenstellung des römischen und westgotischen Gesetzes mit einigen Fragmenten der Gesetze von Euricus aus einem Manuskript der Holkham-Bibliothek. (Bologna 1886).
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