Die Midgardschlange Jormungand (anord. Miðgarðsormr, Jörmungandr) ist in der germanischen Mythologie die große Schlange, die die Welt umschlingt. Als Kind von Loki mit der Riesin Angrboda ist sie zusammen mit Hel und dem Wolf Fenris einer der großen Feinde der Asen und Menschen. [1]
Beschreibung[]
Bis in die Neuzeit lebte bei den am Meer wohnenden Germanen der Glaube, dass im Meere ein mächtiges Ungetüm in Gestalt einer Schlange hause, das sich von Zeit zu Zeit sehen lasse. Aus dieser Vorstellung und anderen Schlangensagen (vgl. Schlangenverehrung) entstand die Legende, dass im Weltmeer eine mächtige Schlange um die bewohnte Erde, um Midgard, liege. Daher heißt sie in der Völuspa (50) Midgardsormr oder Jörmungandr - 'das mächtige Ungetüm'.
Herkunft[]
Als Tochter von Loki und Angrboda war die Gefahr, die von Jormungand ausging, augenscheinlich. Daher schleuderten die Asen sie in das Weltmeer. Darin wuchs dann sie zu so ungeheurer Größe, dass sie mit ihrem Leib schließlich die ganze Erde umspannte, indem sie sich in den Schwanz biss (s.u. Motiv der Weltenschlange). Jormungand gehört zum Geschlecht der Riesen, und wenn das Meer tost, ist sie in Riesenzorn geraten und peitscht die Wellen mit ihrem Schwanz. Wenn sie trinkt, entsteht Ebbe, und wenn sie das Wasser wieder von sich gibt, die Flut.
Ragnarök[]
Wie Thor der Gegner aller Riesen ist, so ist er auch der des Midgardsorms. Dieser Kampf gab wiederholt Stoff zur Dichtung, und wurde von Skalden wie Bragi, Ulfr Uggason oder Eysteinn, dem Dichter der Hymiskvida behandelt. In den Sagen fuhr Thor hinaus aufs Meer, um die Schlange zu angeln und seinen Hammer nach ihr zu werfen; durch das Intrigenspiel anderer Riesen aber entging ihm der Fang. Auch bei Utgardloki sollte er das Ungetüm, das hier als Katze erschien, in die Höhe heben, vermochte aber nur das eine Bein vom Boden zu lüften.
Beim Weltuntergang Ragnarök aber stieg Jormungand aus dem Abgrund des Meeres hervor, trieb das Meer aus seinen Ufern, und löste so das verhängnissvolle Schiff Nagelfar von seiner Kette. So kämpfte die Schlange gegen die Götter und Luft und Meer verpestete ihre Ausdünstung.
So wurde die Midgardsschlange nun Thors Gegnerin beim letzten großen Kampf der Götter mit den dämonischen Mächten. Thor, der schon früher einen Kampf mit ihr bestand, als er sie in Hymirs Boot mit dem Angelhaken emporgezogen hatte, erschlug sie zwar mit seinem Hammer Mjöllnir, doch prallte selbst neun Schritte [2] zurück und ertrank in den Giftströmen, die das Untier ausspie. [3]
Motiv der Weltenschlange[]
„Ha, mit dem Gedanken beißt sich in den Schweif die Weltenschlange, sich zur Null des Nichts zu runden! Weltgeschick, vollende dich!“
– Robert Hamerling: Homunculus[4]
Das Motiv der großen Weltenschlange, die sich selbst in den Schwanz beisst und eine wichtige Rolle im Schöpfungs- oder Untergangsmythos spielt bzw. den ewigen Kreislauf symbolisiert, kommt bei mehreren Kulturen des Altertums vor und ist nicht einzigartig für die nordische Mythologie. So erscheint:
- Ananden (die Unendliche) in der indischen Mythologie, auch Ananta, Atyseschen, Adisseschen oder Wassugy bzw. Vasuki. Die große Schlange mit eintausend Köpfen, die die Erde und das ganze Weltall trägt und um den Berg Mandar gewickelt wurde.
- Lakschmana und Bala-Rama in der indischen Mythologie als Verkörperung der Ewigkeitsschlange Addisseschen.
- Apophis in der altägyptischen Mythologie.
- Kukulkan und Quetzalcoatl bei den Maya.
- Die Regenbogenschlange bei den Aborigines.
- Satan, der in der Bibel auch als große Weltschlange, welche durch das Werk der Erlösung in tausendjährige Fesseln geschlagen wurde, bezeichnet wird.
Quellen[]
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 1. Auflage, 4 Bände. Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. III, S. 221 f.
- Wörterbuch der Mythologie (auf Zeno.Org). Wilhelm Vollmer. Stuttgart, 1874. S. 279 (Jormungand).
Einzelnachweise[]
- ↑ Wikipedia: Midgardschlange
- ↑ Anmerkung: Die 9 Schritte im Sinne von drei mal drei Schritten ist wahrscheinlich zahlenmagisch zu deuten.
- ↑ Meyers Großes Konversations-Lexikon (auf Zeno.Org). 6. Auflage. Leipzig, 1905–1909. Bd. 10, S. 309 (Jormungand).
- ↑ Hamerling, Robert: Homunculus (Internet Archive). Modernes Epos in 10 Gesängen, 5. Auflage, Hamburg 1889.