Als Mittelmauerschäfte (engl. mid-wall shafts) bzw. Mittelmauer-Säulenschaft bezeichnet man in der Architektur kleine Säulchen, die die Mitte der Dicke einer Mauer stützen. Besondere Verbreitung erfuhren diese Bauelemente in Austrasien, breiteten sich aber bis auf die angelsächsischen Bauwerke auf den Britischen Inseln aus.
Angelsächsische Kirchenbaukunst[]
Die Mittelmauerschäfte sind ein besonderes Merkmal in der dritten Periode (10. bis 11. Jh.) der Angelsächsischen Kirchenbaukunst. Dort sind sie mit einer Einrichtung für Öffnungen verbunden, die in verschiedene Unterabteilungen zerfallen und die man hauptsächlich in den Glockenstühlen der Türme findet. Die Öffnungen in sächsischen Glockentürmen sind nicht mit einer Mauervertiefung versehen, wie in normannischen Bauwerken, sondern gehen gerade durch die ganze Dicke der Mauer hindurch.
Wenn sie von beträchtlicher Breite sind, so sind solche Öffnungen gewöhnlich zweigeteilt, und die Art und Weise dieser Teilung ist besonders markant. Jede Hälfte der Öffnung wird mit einem kleinen, runden Bogen bedeckt, und zwischen diesen beiden Bögen würde ein Stückchen Mauer in der Luft schweben, wenn es unten nicht von einer flachen Steinplatte gehalten würde, die ihrerseits von einer einzigen, mittig darunter stehenden Stütze in Form einer kleinen Steinsäule getragen wird.
Auch die Form des Säulchens und die des Säulenknopfes, der ersteres mitunter überragt, ist bemerkenswert. Die Säulchen sind mitunter mit Verzierungen versehene "Geländersäulchen", dann haben sie weder Kapitäle noch Basen (Abb. 40), mitunter schlichte Zwergsäulen mit Kapitälen, auch hier und da mit Basen (Abb. 44).
Geländersäulchen[]
Diese "Geländersäulchen" sind ein Kriterium für die vergleichende Datierungen innerhalb der dritten Periode (10./11. Jh.) der angelsächsischen Kirchenbaukunst, die sich über die Zeit von etwa 950 bis zur Normannischen Eroberung im Jahre 1066 erstreckt. Das Geländersäulchen ist eine frühe Erscheinung, und es kommt nicht in Bauwerken vor, von denen man weiß, daß sie aus der Zeit nahe der Normannischen Eroberung entstanden. Daher stammen Bauwerke der dritten Periode (10./11. Jh.), in denen Geländersäulchen erscheinen, vermutlich aus dem frühen Abschnitt dieser Periode.
Andererseits sind Säulchen mit Säulenknöpfen und Basen in Öffnungen mit Unterteilungen bei Gebäuden, die aus der Zeit nahe der Normannischen Eroberung stammen, so häufig, daß die Verwendung von Säulchen mit Kapitälen für verzierte Geländersäulchen eine chronologische Bedeutung hat.
Charakteristika[]
Die nicht mit einer Mauervertiefung versehene Öffnung, die flache Steinplatte (der Kämpfer), in England "through-stone" (durchgehender Stein) genannt, und das Säulchen, das wegen seiner Stellung "mid-wall shaft" (Mittelmauerschaft) heißt, sind folglich charakteristische Merkmale späterer sächsischer Architektur.
Ihre Herkunft von dem romanischen Stil Deutschlands wird durch die Tatsache sichergestellt, daß sie in England in Verbindung mit anderen deutschen Merkmalen erscheinen, wie z. B. den doppelt ausgeschrägten Fenstern und den Lisenen. Das muß nachdrücklich betont werden, da frühere Forscher angenommen haben, dieser Typus wäre direkt aus Italien entlehnt.
Italien ist die Heimat des Glockenturms, und in frühen italienischen Campaniles, wie in Rom und Ravenna, sind solche Öffnungen mit Unterteilungen sehr gewöhnlich. Die Eigentümlichkeit wurde von den späteren karolingischen Baumeistern aus Italien entlehnt, und ein wenig später von Austrasien in das angelsächsische England weitergegeben.
Galerie[]
Quellen[]
- The growth of the manor (Internet Archive). Sir Paul Vinogradoff. London, Sonnenschein, 1905.
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. I, S. 572 ff. Art. Englische Baukunst, §. 19 f.