Als Neuplatonismus bzw. Neoplatonismus bezeichnet man eine spätantike Richtung der griechischen Philosophie, die eine Verschmelzung hellenischer und orientalischer Weltanschauung darstellt und ebensoviel Religion wie Philosophie ist.
Beschreibung[]
Vorbereitet wurde der Neuplatonismus durch Philo und Numenius von Apamea. Im 3. Jh. versuchten dann Plotin und andere Vertreter dieser Strömung für die antike Philosophie ein System der Metaphysik aufzustellen. Die Eigentümlichkeit dieser philosophischen Anschauung lag dabei weniger in der Anlehnung an Platon als darin, dass er:
- 1.) der geschichtliche Ausdruck der Sehnsucht und des Ringens der zerfallenden antiken Welt nach absoluter Wahrheit wurde;
- 2.) als das “heidnische” Gegenbild des Christentums nicht nur für absolut wahre Philosophie, sondern für universelle Religion gelten wollte,
- 3.) aber auf einen pantheistischen Mystizismus hinauslief, in dem alles Denken und die antike Philosophie überhaupt ihr Grab fand.
Von Rom und Alexandrien kam der Neuplatonismus im 4. Jh. nach Athen und setzte sich hier in der Akademie fest; schon die Stifter waren mystische Schwärmer, welche sich durch ekstatische Zustände in ein Absolutes oder Ur-Eines hinein dachten, von dem sie selber sagten, es sei nicht nur unaussprechbar, sondern überhaupt undenkbar, die Vernunft und Weltseele seine Emanationen, die einzelnen Seelen Amphibien zwischen der Vernunft und Sinnenwelt, die Sinnenwelt aber nur Abbild des wahren Seins. [1]
Anschauung[]
Der Neuplatonismus schloss sich zunächst der durch Aristoteles ergänzten Ideenlehre Platons an, verband aber damit die orientalische Emanationslehre, laut welcher das Niedere durch Ausströmung aus dem Höhern hervorgegangen sein sollte, und die Ekstase, in der das Göttliche nicht sowohl mit der Vernunft erkannt, als mit dem Gefühl und mit einem übervernünftigen Organ unmittelbar angeschaut und gleichsam erfasst wurde. Höchster Urgrund ist die Gottheit, aus der als oberste Ausströmung der Logos, Sitz und Träger der Ideen, aus diesem, insofern er in Tätigkeit übergeht, die Weltseele und durch deren den Stoff nach den in den Ideen gegebenen Musterbildern gestaltende Wirksamkeit die Welt der sog. Wirklichkeit oder der Sinnendinge hervorgeht.
Die Götter der polytheistischen Religionen wurden für die persönlichen Kräfte des göttlichen Weltlebens erklärt, und die Mythen erhielten eine allegorische Auslegung. Der den Neuplatonismus charakterisierende ekstatische Enthusiasmus war eine Frucht der in jener Zeit weitverbreiteten Sehnsucht, bis zu dem Punkt vorzudringen, wo nach pantheistischer Auffassungsweise das Selbstbewußtsein eins wird mit dem Gottesbewußtsein und das Zeitliche in dem Ewigen ausgeht. Dieser phantastischen Richtung entsprach die Gutheißung der Mantik und Magie, die man aus dem notwendigen Zusammenhang aller Erscheinungen kraft der Einheit des Weltprinzips herzuleiten suchte.
Entwicklung[]
Begründer des Neuplatonismus, als dessen Vorläufer der jüdisch-hellenistische Philosoph Philon von Alexandria und Numenios von Apameia anzusehen sind, war Ammonios Sakkas (175–2421), der im 3. Jh. in Alexandria lehrte, dessen Schüler Plotinos, Erennius, Origenes, Olympios und Longinos waren. Des Plotinos bedeutendste Schüler waren Amelios, Theodoros von Asine, vor allen aber Porphyrios von Tyros (233–305).
Letzterer bildete den Übergang zu der zweiten Schule, der syrischen, des Jamblichos, die das orientalische Element der Theurgie und Dämonenlehre zu einer das griechische überwuchernden Herrschaft gelangen ließ. Zahlreiche Schüler verbreiteten die Lehre des Jamblichos besonders über den Orient, so Ädesios und Eustathios aus Kappadokien, Dexippos u.a. Eine neue Hoffnung ging dem Neuplatonismus auf unter dem Kaiser Julianus, um den sich namhafte Philosophen scharten, mit dessen Tod aber die Hoffnungen des Neuplatonismus wieder, und zwar auf immer, schwanden.
Die dritte und letzte Schule, die athenische, wurde von Plutarchos aus Athen und don Syrianos aus Alexandria gegründet und ging von diesem auf Proklos (412–485) über, den größten Dialektiker der neuplatonischen Schule. Proklos' Nachfolger war sein Schüler Marinos von Neapolis in Palästina, dem Zenodotos und Isidoros von Alexandria folgten. Das letzte Haupt des Platonismus in Athen war der scharfsinnige Damaskios von Damaskus. 529 wurde durch Kaiser Justinian dem Platonismus ein Ende gemacht; die Schule in Athen wurde geschlossen, die Vorträge über Philosophie wurden verboten.
In Alexandria scheint indes noch längere Zeit platonische Philosophie gelehrt worden zu sein. Noch einmal erwachte der Platonismus in der Umbildung, die er durch die Neuplatoniker erhalten hatte, am Ende des 15. Jh. Der größte Geist in dieser neuen italisch-platonischen Philosophie war Marsilio Ficino (1433-1499). [2]
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Quellen[]
- ↑ Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 325.
- ↑ Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 570-571.