Der niedersächsische Raum war eine Verkehrsdurchgangslandschaft. Auch wenn die exakte Lage mittelalterlicher Verkehrswege nur noch schwer zu rekonstruieren ist, lassen sich aufgrund schriftlicher Quellen der Städte die Transportwege bestimmter Handelsgüter z. T. sehr genau nachvollziehen.
Beschreibung[]
Der seit der Ostexpansion ständig zunehmende West-Ost-Handel wurde überwiegend entlang der Nord- und Ostseeküste abgewickelt, auf dem Landweg aber hauptsächlich durch die Börden am Nordrand des Berg- und Hügellandes (Helweg). Der Nord-Süd-Verkehr konzentrierte sich auf Ostniedersachsen und das Leinetal; am Ausgang des Mittelalters gewann der Weserhandel an Bedeutung.
Wurden im Früh- und Hochmittelalter Höhenwege auf Gebirgsrücken, Talschultern oder Terrassenrändern bevorzugt, konzentrierten im Spätmittelalter die Städte den Verkehr auf die Fläche. Die meisten mittelalterlichen Landverbindungen waren unbefestigte Erdwege, die bestenfalls in den Städten und ihrer nächsten Umgebung gepflastert waren.
Hochmittelalter[]
Im Hochmittelalter gediehen Städte vor allem dort, wo an wichtigen Handelsrouten der Verkehr unterbrochen werden musste, also z.B. ein Umladen notwendig war. Handel und Herrschaft bedingten einander, und so waren z.B. Verkehrsknotenpunkte wie Bremen, Osnabrück, Verden oder Hildesheim Bischofssitze, während Lüneburg und Braunschweig den Welfen als Hauptorte dienten.
Die wichtigsten Handelsrouten kreuzten sich zwischen Göttingen, Hameln, Hannover und Braunschweig. Durch den Erwerb von Pfandschlössern oder wichtigen Zöllen gelang es Städten wie Lüneburg oder Braunschweig, große Verkehrskontrollräume zu schaffen. Ostfriesland war nur über die Weser mit Zentralniedersachsen verbunden, durch die Ems jedoch mit Westfalen und dem Rheinland.
Größere Bedeutung besaß der Seeverkehr nach Flandern, England und den norddeutschen Küstenstädten. Die Städte importierten vor allem Getreide und exportierten Leinwand oder Bier. Allerdings übernahmen die größeren niedersächsischen Städte gegenüber den externen Zentren Vermittler-Positionen. Immer häufiger schlossen Fernhandel-orientierte Städte untereinander Verträge über Handelserleichterungen.
12. Jahrhundert[]
Mit dem Florieren des hochmittelalterlichen europäischen Fernhandels ging eine Ausweitung der Geldwirtschaft sowie der Wechsel- und Kreditgeschäfte einher. Die Lokalinteressen verhinderten einen überregional einheitlichen Münzfuß, doch setzten sich seit dem 12. Jhd. die aus einer Lübischen oder Kölner Silbermark gemünzten Pfennige im nordwestdeutschen Raum durch.
13. Jahrhundert[]
Im Laufe des hohen und späten Mittelalters erwarben viele Städte zumindest das Recht auf Nutzung der Münze. Für ein differenziertes Kreditwesen bestand noch kein Bedarf. Die wichtigste wahrgenommene Kreditquelle des Handels lieferte der an Immobilien oder feste Einkünfte gebundene städtische Rentenmarkt.
Spätmittelalter[]
Als im Spätmittelalter durch eine Agrarkrise bedingt die Nahrungsmittel billig waren und sich nach den Pestumzügen viel Kapital in wenigen Händen ballte, erreichte der Handel seine Hochblüte (siehe: Handelswesen des Spätmittelalters).
Am Ausgang des Mittelalters gewann der Weserhandel an Bedeutung. Zu dieser Zeit waren an der Küste ehrlicher Handel und Piraterie noch nicht eindeutig voneinander getrennt. Da Straßenraub ein weit verbreitetes Übel war, entwickelten die Städte im Binnenland ein eigenes Geleitswesen, das oft besseren Schutz bot als das landesherrliche oder adlige.
Geleit und Wegeunterhaltung bildeten die Rechtsgrundlage für die Erhebung von Zöllen, die im spätmittelalterlichen Leinebergland schließlich ca. alle 10 km erhoben wurden. Zölle wuchsen zu einer allgemeinen Handelsbelastung an, die nur vereinzelt durch Zollfreiheiten überwunden wurde.
14. Jahrhundert[]
Vergleichsweise spät engagierten sich die niedersächsischen Städte in der Hanse, doch immerhin 27 von ihnen, Bremen eingeschlossen, agierten zumindest zeitweise im hansischen Verbund. Der bedeutendste niedersächsische Handelsort war Braunschweig, gefolgt von Lüneburg und Bremen. Auch Goslar exportierte nicht nur Metalle, sondern trieb regen Handel mit anderen Gütern. Hildesheim verfügte über weiterreichende Handelsverbindungen als Hannover.
Im südniedersächsischen Raum kooperierten Göttingen, Northeim, Münden und das seit Mitte des 14. Jhds. als „Bierstadt“ bekannte Einbeck miteinander. Stades Bedeutung sank in dem Maße, wie Hamburg wuchs. Osnabrück behauptete seine Vermittlerposition zwischen Westfalen und Norddeutschland. Am Ausgang des Mittelalters allerdings überragte Hamburg alle anderen Städte des Küstenbereichs.
15. Jahrhundert[]
Auf den Landwegen dominierten zunächst Ochsengespanne, welche dann bis ins 15. Jhd. durch zweirädrige pferdebespannte Wagen und Saumtiere abgelöst wurden. Schließlich setzten sich mehrspännige Frachtwagen durch, die allerdings selbst auf den Haupthandelswegen über eine Transportleistung von 30 km pro Tag nicht hinauskamen. Massentransporte, vor allem von Getreide, wurden möglichst auf den Flüssen oder küstenparallel durchgeführt.
Den Handel auf den unbegradigten Binnenflüssen erschwerten zahlreiche Hindernisse, darunter auch Mühlen, Zoll- und Stapelplätze. Für die Entfaltung des hansischen Küstenhandels spielte die hochbordige, einmastige Kogge eine herausragende Bedeutung. Sie wurde im 15. Jhd. von den größeren Hulks und diese wiederum von den geräumigeren Dreimastern der immer stärker werdenden niederländischen Konkurrenz verdrängt.
Seit Mitte des 15. Jhds. verlangsamte die Konkurrenz der Niederländer und der Territorialfürsten die Handelsexpansion. Die Hanse verlor rasch an Handelskapazität gegenüber den Holländern, während Nürnberg, Köln, Hamburg und Leipzig den Handel aus den norddeutschen Städten zunehmend abzogen. Die Handelskraft Antwerpens, die Frachtkapazitäten der Niederländer und das Silber Böhmens schufen am Ausgang des Mittelalters neue wirtschaftliche Verhältnisse, denen sich die niedersächsischen Handelsstädte fortan stellen mussten.
Quellen[]
- Hauptmeyer, Carl-Hans: Niedersachsen - Landesgeschichte und historische Regionalentwicklung im Überblick (Land Niedersachsen). . Portal Niedersachsen. Isensee Verlag Oldenburg. Hrsg. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung. Hannover, 2004. S. 47 ff.