Mittelalter Wiki
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Der Handel nach Russland hatte große Bedeutung für den nordischen Handel der Wikingerzeit (ca. 800-1030).

Beschreibung[]

Die Begründung des Russischen Reiches in der zweiten Hälfte des 9. Jhs. durch schwedische Waräger öffnete den Nordgermanen ganz Osteuropa und brachte sie in Handelsbeziehungen zu Arabern und Griechen. Zwei Verkehrswege führten ins innere Russland:

  • der eine führte die Düna hinauf nach Polozk und Witebsk und ferner über Land nach Smolensk und den Dnjepr hinab;
  • der andere und wichtigere Weg führte die Newa hinauf und über den Ladogasee nach Aldagen (anord. Aldeigjuborg) und der Mündung der Wolchow (in hanseatischen Urkunden Wolcoweminne genannt, aus anord. minni - 'Flußmündung'), wo Kaufleute und Waren das Schiff verlassen mussten, um von den russischen Vorschkerle (an. forskarlar) über die Stromschnellen gerudert zu werden.

Die Haltestellen an der Wolchow trugen noch im 13. Jh. nordische Namen, z. B. Gestevelt (aschwed. Gæstafiælder) und Dhrelleborch (anord. þrælaborg).

Nowgorod[]

Nowgorod behielt lange ein nordisches Gepräge und wurde noch von Nestor von Kiew im 11. Jh. eine „warägische" Stadt genannt. Sie war jedoch schon im 10. Jh. ein Mittelpunkt des russischen Handels. Kaufleute aus allen nordischen Ländern, hauptsächlich Gotländer und Schweden, aber auch Norweger und Dänen, ja sogar Normannen aus Irland fanden sich hier zahlreich ein.

Sie kauften vorrangig russisches Pelzwerk und Wachs, Seide, goldgewirkte Tücher und andere orientalische Waren zu und versendete diese weiter nach Westeuropa weiter. Nordische Kaufleute besaßen wahrscheinlich schon 1015 in Nowgorod ihren eigenen Hof, den Vorgänger des späteren „Gotenhofes", der den Einwohnern Gotlands gehörte.

Kiew[]

Von Nowgorod ging „die Warägerstraße" nach Kiew und Südrussland. Man folgte dem Lovatfluss bis zu dessen Quelle, von wo aus die Schiffe über Land zur Düna gezogen wurden. Nachdem man diesem Fluss eine Strecke gefolgt war, wurden die Schiffe in den Dnjepr hinübergezogen (über die „Woloks" - 'Schiffsschleppstellen' an der Wasserscheide zwischen dem Baltischen und dem Schwarzen Meer).

Darauf ruderte man diesen Fluß hinab nach Kiew, der Hauptstadt und (im 10. Jh.) der größten Handelsstadt Russlands, wo des Verkehrs wegen 8 Märkte eingerichtet waren. Von Kiew ruderte man den Fluß hinab bis an die 7 Stromschnellen, wo die Schiffe aufs neue über Land gezogen werden mussten. In einem Werk des Kaisers Konstantin Porphyrogennetos (De administrando imperio c. 9) werden sowohl die slawischen wie die nordischen Namen dieser Stromschnellen genannt (ca. 950).

Von der Dnjeprmündung segelte man zur Balkanhalbinsel hinüber. Schon 944 wurde zwischen dem russischen Großfürsten und dem byzantinischen Kaiser ein Handelsvertrag abgeschlossen, der von einem hochentwickelten Verkehrsleben zeugt und den russischen Kaufleuten in Konstantinopel bestimmte Rechte gab.

Die Waren, die die Russen nach Konstantinopel brachten, waren hauptsächlich Pelzwerk, Wachs, Honig und Kriegsgefangene; sie kauften vor allem Seide, Südfrüchte und Wein. Die in dem Vertrag von 944 erwähnten 25 Kaufleute tragen alle nordische Namen; sie bildeten, wie es scheint, eine eigene Organisation und standen unter dem Schutz des Großfürsten.

Östlicher Verkehrsweg[]

Der östliche Verkehrsweg ging die Wolga hinab nach Bulgar, der Hauptstadt der Wolgabulgaren, wo ein aus ganz Osteuropa besuchter Markt gehalten wurde, und weiter nach Itil (beim heutigen Astrachan) an der Wolgamündung, der Hauptstadt der Khazaren. An beiden Orten trafen sich russische (nordische) und arabische Kaufleute. Die Russen brachten Sklaven, Pelzwaren und Bernstein zum Verkauf.

Die Araber bezahlten mit „weißen, runden Dirhems" [1]. Viele dieser arabischen Münzen wurden überall in Nordeuropa gefunden (in Nordeuropa mehr als 36.000); sie gelangten bis nach Island und Lappland. Dass jedoch der arabisch-nordische Verkehr auch für den Warenhandel von Bedeutung war, ersieht man aus ags. seolc ('Seide'), das dem anord. silki entlehnt ist. Silki selbst ist dem kirchenslav. sélkú entlehnt, das mit dem mongolischen sirgek in Zusammenhang steht.

Doch dieser Verkehrsweg wurde schon im Anfang des 11. Jhs. verschlossen, nachdem das Reich der Sasaniden zugrunde gegangen war und die Bulgaren etwas später das Christentum annahmen. Der Weg nach Konstantinopel behielt noch bis zum Ende des Jahrhunderts seine Bedeutung. Fahrten zur Balkanhalbinsel und dem ägäischen Meer werden in schwedischen und gotländischen Runeninschriften aus dieser Zeit erwähnt.

Die warägischen Russen trieben ebenfalls nach den andern Häfen der Ostsee eine lebhafte Schifffahrt. Die Griechen, die Meister Adam in Jumne erwähnt, waren wahrscheinlich Russen. Im Hafen Schleswigs wurde eine russische Handelsflotte 1156 von König Swen Grathe vernichtet. Kaiser Friedrich I. gewährte 1188 den Russen und den andern Völkern des Nordens freie Zu- und Abfahrt bei Lübeck (1227 wiederholt).

In Visby gab es eine russische Kirche. Noch in einem Vertrag von 1229 wird vorausgesetzt, dass russische Kaufleute Riga und das gotische Ufer besuchen. Allmählich wurden jedoch die nordischen Waräger in Russland slawisiert und die Seefahrt stagnierte. Die russischen Seefahrer mussten den Gotländern und später den Deutschen weichen.

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. vgl. die Berichte des Ibn Foszlan und anderer Araber über die Russen, hg. v. Frätin, 7 ff.