Mittelalter Wiki
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Die Nornen (Nornier, Nornir nord. „Raunende”) sind die germanischen Schicksalsgöttinnen und Geburtshelferinnen, die den Schicksalsfaden der Menschen und Götter spinnen. Man kann sie mit den römischen "Parzen" gleichsetzen. Sie sind drei Schwestern, die das Schicksal der Welt, der Götter und der Menschen bestimmen und voraussagen.

Ihre Namen sind
  • Urd: Norne der Vergangenheit. Ihr Name bedeutet soviel wie "Schicksal" bzw. "Gewordene". Sie ist eine alte Frau, die ständig über ihre Schulter in die längst vergangene Zeit zurückblickt.
  • Verdandi: Norne der Gegenwart. Ihr Name bedeutet soviel wie "Gegenwart" bzw. "Seiende". Sie hat die Gestalt einer jugendlichen Frau, deren Blick immer nach vorne gerichtet ist.
  • Skuld: Norne der Zukunft. Ihr Name bedeutet soviel wie "Zunkunft" bzw. "Werdende". Sie ist, im Gegensatz zu "Urd" und "Verdandi", als unberechenbare Macht, die keine Liebe zu den Menschen und Göttern hegte, angesehn und hat ein sehr hitziges Temperament. Sie trägt einen Schleier und in jeder Hand ein ungeöffnetes Buch oder eine zusammengerollte Schriftrolle. Ihr Blick ist stets in die entgegengesetzte Richtung von "Urds" Blick gerichtet.

Beschreibung[]

Als Nornen werden in der nordischen Mythologie jene höheren Wesen bezeichnet, die das Schicksal der Götter und Menschen bestimmen. Ihrem Spruch kann niemand entgehen. Da nun das Schicksal des Menschen gut und schlimm sein konnte, so unterschied der nordische Volksglaube zwischen guten und bösen Nornen. Sind es drei, so ist die dritte in der Regel die böse Norne, die daher auch die 'schwarze Norne' heißt.

Etymologie[]

Eine befriedigende Erklärung des Namens 'Norne' gibt es nicht. Die gemeingermanische Bezeichnung für diese des Schicksals waltenden Wesen ist ahd. wurt, ags. wyrd, as. wurd, anord. urðr. Im Heliand-Epos hat wurd meist die Bedeutung 'Todesgöttin', doch ist das Wort auf dem Wege zum abstrakten 'Tod', während in wurdigiskapu, wurdigiskeftí - 'Fügung des Schicksals' noch die allgemeine Bedeutung steckt. Im Beowulf-Epos und anderen angelsächsischen Quellen ist überwiegend von der webenden Tätigkeit der Schicksalsgöttin die Rede.

In der nordischen Dichtung begegnet das Wort auch im Plural und aus dem einen Schicksalswesen sind mehrere geworden, die nun allgemein die Bezeichnung nornir haben und in ihrer Gesamtheit des Menschen Schicksal bestimmen. Außer den Namen norn und ahd. wurt begegnen für die Schicksalsgöttinnen noch andere Bezeichnungen. Im Heliand waltet metod - 'das zumessende Wesen' des Schicksals, und auch Hans Vintler spricht noch zu Beginn des 15. Jhs. in seinem Lehrbuch Blumen der Tugend [1] von den gachschepfen, die den Menschen das Leben geben und sie regieren.

Wirken[]

Im Helgakvidha Hundingsbana fyrri erscheinen Nornen bei der Geburt des jungen Helgi und schaffen ihm sein Geschick. Im Reginsmál bestimmt dem Andvari eine Norne, im Wasser als Hecht zu leben, und im Fafnismal soll Sigurd nach dem Spruch der Nornen die Sigrdrifa aus ihrem Schlaf erwecken, böse Nornen schufen in der Sigurðarkviða hin skamma der Brynhild die Ehe mit Gunnar und waren im Hamdhismal die Ursache, dass Hamdir seinen Bruder Erp erschlug.

Nach altdeutschem Volksglauben walteten die Schicksalsgöttinnen auch, wenn sich jemand in einen Werwolf verwandeln konnte. Diese Schicksalsmächte lebten lange noch in christlicher Zeit im Volksglauben fort, und berichtet auch Burchard von Worms im 11. Jh. darüber, dass man ihnen Speise und Trank vorsetzte, um sie dadurch günstig zu stimmen, ein Brauch, der sich bis in die Neuzeit erhielt.

Unter ihrem alten Namen leben die Nornen besonders im færöischen Volksglauben fort. Man stellt sich unter ihnen kleine unterirdische Wesen vor. Weiße Flecken auf den Fingernägeln, die dem Menschen Glück bringen sollen, nennt man nornaspor - „Nornenspur", und die erste Mahlzeit, die eine Frau nach der Geburt eines Kindes einnimmt, heisst nornagreytur - „Nornengrütze", da an ihr die Nornen teilnehmen sollen, die dem Kinde das Geschick bereiten.

Bei der Geburt eines Kindes[]

Saxo Grammaticus berichtet, dass der Dänenkönig Fridleif bei der Geburt seines Sohnes Olaf den Nornen opferte. Dabei schenkten die beiden ersten dem Kinde treffliche Eigenschaften des Körpers und der Seele, während aber die dritte ihm das Laster des Geizes bestimmte.

Gemäß der Nornagest-Saga bescherten die guten Nornen bei der Geburt des Nornagest dem Kinde Glück und Ruhm, während die jüngste bestimmte, er solle nur so lange leben, als die Kerze an seiner Wiege brenne. Da nahm die älteste Schwester das Licht, löschte es aus, gab es der Mutter zur Verwahrung und schob dadurch den Spruch der bösen Schwester hinaus, bis sich der Held selbst den Tod wünschte.

Beim Tode[]

Vor allem walten die Nornen über den Tod des Menschen. So berichtet die Egils saga (24, 4) davon, wie der alte Kveldulfr seinen Sohn Thorolf verloren hatte und er die Norne anklagte, die ihm diesen entrissen hatten. Und das Hamdhismal erzählt, dass als Hamdir dem Tode nahe war, er sich damit tröstete, dass niemand den Abend erlebte, wenn der Spruch der Nornen erging. Gemäß der Heimskringla tötete Torf-Einarr seinen Gegner Halfdan aufgrund der Nornen Rat, und in der Sigurdarkvidha kündet die zum Tode bereite Brynhild ihren Frauen, dass auch sie einst die Norne denselben Weg führen werde.

Die Drei Nornen[]

Besonders häufig erscheinen die Nornen als Schicksalswesen in der Dreizahl. Auf deutschen Volksglauben weist der Eifer des Bischofs Burchard von Worms gegen die drei Schwestern hin, denen man allen Gewinn zuschrieb, und der englische Volksglaube kannt noch zu Shakespeares Zeit (1564-1616) die drei weirdsisters. Aus Nordeuropa berichten die Edda und auch Saxo Grammaticus von drei Schwestern (Urðr, Verðandi und Skuld) als Nornen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

The Three Fates by Paul Thumann

Die drei Schicksalsgöttinnen (Paul Thumann)

Davon kommen Frauen, vielwissende,
Drei aus dem See dort unterm Wipfel.
Urd heißt die eine, die andre Verdandi:
Sie schnitten Stäbe; Skuld hieß die dritte.
Sie legten Lose, das Leben bestimmten sie
Den Geschlechtern der Menschen, das Schicksal verkündend.
(Völuspa, v. 20 [2])

Allerdings ist die Stelle in der Völuspa (20), in der die drei Namen begegnen, eine späte Interpolation und hat nur geringen mythologischen Wert. Aber die Dreizahl steht nach demselben Gedicht, nach dem auch das Schicksal der Götter in den Händen dieser drei Riesen-entsprossenen Mädchen liegt, für die eddische Dichtung fest, und noch weiter geht das Fafnismal, welches von drei Klassen von Nornen spricht, von denen die eine von den Asen, die andre von den Elfen und die dritte von den Zwergen stammt.

Mythologische Verwandschaften[]

Die drei Nornen als Schicksalsgöttinnen haben ihre Verwandschaften auch in anderen Mythologien des Alterums, wie z.B. die drei Moiren [3] der griechischen Mythologie und die drei Parzen der römischen Mythologie.

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Blumen der Tugend (im Handschriftencensus). Hans Vintler. 1411. Wien, Österr. Nationalbibl., Cod. 13567 (Bl. 2r-177v), v. 78. 94.
  2. Die Edda (Simrock 1876): Ältere Edda / Völuspâ. Volltext auf Wikisource
  3. Artikel im Griechische Mythologie-Wikia
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